Backnanger Murr-Regatta: Bootsbautipps vom Experten

BKZ an Bord (2) Die Juze-Murr-Regatta rückt immer näher, so langsam wird es für die Teilnehmer Zeit, sich ein paar Gedanken zum Bau ihres Boots zu machen. Da auch die Redaktion in diesem Jahr zum ersten Mal teilnehmen möchte, haben wir uns Tipps von Sven Richter geholt, der 2015 ein Buch rund ums Spaßbootbauen geschrieben hat.

Sven Richter spricht in der BKZ-Redaktion über Vor- und Nachteile bestimmter Materialien beim Bootsbau. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Sven Richter spricht in der BKZ-Redaktion über Vor- und Nachteile bestimmter Materialien beim Bootsbau. Foto: Alexander Becher

Von Kristin Doberer

Backnang. Wie baut man eigentlich ein Boot? Das fragen sich vermutlich nicht allzu viele Menschen in ihrem Alltag. In Backnang dagegen dürfte diese Frage wohl deutlich öfter aufkommen – zumindest einmal im Jahr, wenn es an die ersten Vorbereitungen zur Juze-Murr-Regatta geht, die am 8. Juli stattfindet. Da die Redaktion unserer Zeitung in diesem Jahr endlich mit einem eigenen Boot mitmachen möchte, haben auch wir uns gefragt: Wie baut man ein Boot? Welche Materialien eignen sich? Und welche funktionieren nicht? Worauf muss man beim Bau achten, damit man am Ende auch tatsächlich ins Ziel kommt? Um diese und viele weitere Fragen zu beantworten, haben wir uns einen Bootsbauexperten eingeladen.

Sven Richter hat nicht nur selbst schon unzählige Male bei der Murr-Regatta mitgemacht, er hat auch ein Buch rund um den Bau von Spaßbooten geschrieben. Das Bootsbaubüchle ist 2015 zur 30. Murr-Regatta entstanden und geht nicht nur auf die oben genannten Fragen ein, sondern hat auch viele Beispielbilder und sogar Baupläne zu bieten. „Ich war jahrelang im Juze aktiv und habe oft den Start der Murr-Regatta begleitet. Da kommt man mit den Bootsbauern ins Gespräch“, erzählt Richter. Auch habe er beim Ablassen der Boote ins Wasser direkt mitbekommen, welche Konstruktionen super schwimmen und welche gleich zu Beginn zu kentern drohen.

Wann sollte man loslegen? Einen optimalen Zeitplan konnte Richter nicht empfehlen. „Dabei kommt es immer darauf an, wie viel Geld man investieren möchte“, sagt er. So habe er seine Materialien eigentlich nie gekauft, sondern immer irgendwo kostenlos zusammengesucht. Mal waren es leere Kanister, deren Inhalt im Freibad zur Wasserbehandlung eingesetzt wurde, mal waren es alte Lkw-Reifenschläuche von einer Werkstatt. „Für solche Anfragen muss man mehr Zeit einplanen. Und es kann auch sein, dass man nicht so schnell genug Material findet.“ Hat man dagegen vor, die benötigten Materialien zu kaufen und nicht allzu viel Aufwand in die Gestaltung des Boots zu stecken, brauche man deutlich weniger Zeit. Für den Bau schätzt er, dass zwei bis drei Abende à zwei Stunden ausreichen. „Viele bauen ihr Boot auch erst vor Ort zusammen“, weiß der Experte. „Aber wenn jemand kreativ werden möchte, ist es kein Fehler, jetzt schon anzufangen.“

Welche Materialien eignen sich? Zum Bootsbau könne man grundsätzlich alle festen Materialien verwenden, die schwimmen. „Wichtig ist die Frage: Welchen Tiefgang möchte man haben?“ Denn die Murr ist nicht allzu tief, besonders wenn es sich um einen trockenen Sommer handelt. An der Einstiegsstelle hat die Murr zum Beispiel nur eine Wasserhöhe von etwa 30 Zentimetern. Je mehr Tiefgang ein Boot hat, desto häufiger müsse man aussteigen und das Boot tragen. Gut eignen sich laut Richter deshalb Surfbretter, die „haben nur sehr wenig Tiefgang und man kann gut etwas drumherum bauen“. Auf diese könne man zum Beispiel schnell und einfach Gartenstühle ohne Füße montieren und schon habe man einen bequemen Sitz auf dem Boot. Auch zu bedenken sei deshalb das Gewicht des Boots, sowohl bei den Materialien als auch bei den Matrosen. „Der Standard sind so drei bis vier Personen auf dem Boot“, sagt Richter. Werden es mehr Personen, müsse auch das Boot größer und dementsprechend schwerer werden. Kanister und Tonnen seien recht stabil und haben viel Auftrieb, wären also für ein größeres Boot geeignet. „Aber sie sind auch schwerer und haben viel Tiefgang.“

Auch empfiehlt Richter Schläuche von Lkw-Reifen. „Die sind recht stabil, man kann sie mit Spanngurten zusammenbinden. Und mit einem Rahmen und einer Holzplatte drüber hat man recht einfach ein gutes Boot.“ Als Unterbau gut geeignet seien außerdem auch Kanister oder Wasserrohre. Letztere haben ihn besonders bei den Wehren immer wieder beeindruckt, da sie wenig Tiefgang haben, sich leicht tragen lassen und trotzdem stabil sind.

Styropor dagegen sieht der gelernte Umweltschutztechniker skeptisch. Selbst wenn man dieses verpackt, wie es von den Veranstaltern bereits gefordert wird, könne eine Folie schnell reißen, wenn diese über den Boden schrammt. Dann schwimmen die Styroporteile in der Murr. Auch Badewannen kann er nicht empfehlen. „In der Wanne ist es sehr eng und sie hat viel Tiefgang“, sagt Richter. Boote aus aufgeschnittenen Tanks aus glasfaserverstärktem Kunststoff, Fässern oder Ähnlichem seien schnell gebaut, man müsse diese nur gut reinigen. Der Nachteil sei aber, dass diese häufig sehr schwer sind und das Ein- und Aussteigen im Wasser eine Herausforderung sein kann. „Und das Material ist sehr spröde. Wenn man viel am Boden entlangschrammt, hat man schnell Risse im Boot“, gibt Sven Richter zu bedenken.

Welches Werkzeug braucht man? Was man an Werkzeug letztlich zum Bauen braucht, das hänge stark davon ab, welche Materialien man zusammenbekommen hat. „Grundsätzlich braucht man nichts Besonderes: Hammer, Bohrer und Stichsäge zum Beispiel.“ Man müsse aber auch improvisieren können, gerade wenn man die Materialien nicht kaufen, sondern sie zusammensuchen will.

Was muss mit aufs Boot? Für den Tag der Murr-Regatta empfiehlt Sven Richter Kleidung, die nass und dreckig werden und eventuell sogar kaputtgehen kann. „Gut ist Kleidung, die schnell trocknet.“ Außerdem könne Panzertape nicht schaden, falls die selbst gebaute Konstruktion unterwegs auseinanderfällt, sowie ein kleiner Handbohrer, falls zu viel Wasser ins Boot schwappt. Und natürlich müsse man bedenken, dass man mehrere Stunden unterwegs sein kann, und dementsprechend genug Proviant der bevorzugten Art mitnehmen.

Was sollte man nicht vergessen? Ganz wichtig sei, dass das Boot – egal in welcher Form oder aus welchen Materialien es gebaut wird – Griffe zum Tragen hat. „Man muss sich unbedingt vorher überlegen, wie man die Wehre nehmen kann. Und auch im flachen Wasser kann es sein, dass man das Boot viel tragen muss“, sagt Richter. Und wer einen Preis absahnen will, der sollte tatsächlich einen Blick auf die Zeit haben. Denn laut Richter werden nur die Boote auch bewertet, die es rechtzeitig ins Ziel schaffen. Auch zu bedenken: Das Boot muss zum Start transportiert werden. Bei Überlegungen zum Bau sollte man die Transportmöglichkeiten im Blick behalten.

Trotz all der Erfahrung ist aber auch Sven Richter mit seinen Booten schon mal gekentert. „Ich bin nicht immer im Ziel angekommen“, gibt er zu. Mal habe er einen Rechenfehler beim Auftrieb gemacht, mal sei zu viel Wasser ins Boot gelaufen. Auf Schnelligkeit hat er bei seinen Booten deshalb auch nie Wert gelegt. „Ich war froh, wenn wir gut angekommen sind.“

Backnanger Murr-Regatta: Bootsbautipps vom Experten
Das Bootsbaubüchle

Inhalt Im Bootsbaubüchle werden Grundlagen des Bootsbaus wie zum Beispiel Auftrieb, Material und Stabilität erklärt. Auch gibt es viele Bilder, Anregungen und Baupläne von der Murr-Regatta aus den vergangenen Jahren sowie Wissenswertes zur Geschichte der Murr-Regatta.

Erhältlich Das Buch wurde 2015 zum Jubiläum der Murr-Regatta in kleiner Auflage gedruckt, einige Exemplare sind aber noch erhältlich. Interessierte können sich per E-Mail melden unter bootsbaubuechle@sevet.de.

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Erstellt:
10. Mai 2023, 06:00 Uhr

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