Backnanger wegen Besitz von Rauschgift verurteilt
Der 21-jährige Angeklagte wurde in Steinbach mit Marihuanatütchen, Kokain und einer Feinwaage in seinem Rucksack erwischt.
Von Christoph Zender
Backnang. Ein Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung lautet das Urteil für einen 21-jährigen Backnanger, der im Mai dieses Jahres von einer Polizeistreife mit einer größeren Menge Marihuana und Kokain festgenommen wurde. In der Zeugenvernehmung schildert ein beteiligter Polizeibeamter, wie es zu der Verhaftung des Angeklagten gekommen war: Bei einer nächtlichen Streifenfahrt fiel den Beamten am Sportplatz in Backnang-Steinbach ein junger Mann mit Rucksack auf. Als sie sich der Person näherten, ergriff diese sofort die Flucht. Nach einer kurzen Verfolgung konnte er auf dem Sportplatz gestellt werden.
14 eingeschweißte Plastikbeutelchen
Die Überprüfung des Rucksacks brachte insgesamt 14 eingeschweißte Plastikbeutelchen mit Marihuana, eine kleine Menge Kokain sowie eine Feinwaage zum Vorschein. Ob das Rauschgift zum Eigenverbrauch bestimmt war, wie der Angeklagte behauptete, oder zum Weiterverkauf, soll in der Verhandlung vor dem Backnanger Amtsgericht geklärt werden. Bei dem jungen Mann handelt es sich um kein unbeschriebenes Blatt. Der erste von mehreren Einträgen im Bundeszentralregister datiert bereits aus dem Jahr 2018: Neben Diebstählen gehen noch ein Verkehrsdelikt sowie der Besitz von Betäubungsmitteln auf sein Konto. Insofern hegt der Staatsanwalt starke Zweifel an der Version des Angeklagten, dass er eine größere Rauschgiftmenge für sich in Stuttgart gekauft habe, um nicht zu oft dorthin fahren zu müssen. Er fordert für das „Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge“ eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten ohne Bewährung.
Für den Pflichtverteidiger fehlen jedoch die konkreten Anhaltspunkte, die für einen Handel sprechen: Es wurde bei dem Angeklagten kein Bargeld gefunden. Die sichergestellte Menge von 44,5 Gramm Marihuana bewegt sich an der Untergrenze dessen, wo man zwingend von einem Handel ausgehen müsse. Auch die aufgefundene Feinwaage ist kein stichhaltiges Indiz. Es ist bei Rauschgiftkäufen wohl durchaus üblich, dass der Käufer die angebotene Menge nachwiegt. Für den Rechtsanwalt ist somit der Vorwurf des Handels widerlegt. Für seinen Mandanten beantragt er eine deutlich reduzierte Strafe von sechs Monaten auf Bewährung für lediglich den „Besitz von Betäubungsmitteln in einem minderschweren Fall“.
Für den Richter ist das ein Grenzfall
Das sind zwei deutlich unterschiedliche Sichtweisen sowie Strafanträge von Staatsanwaltschaft und Verteidigung, über die der Vorsitzende Richter und die beiden Schöffen zu entscheiden haben. „Die Einlassungen des Rechtsanwalts sind nicht von der Hand zu weisen. Wir haben es hier in der Tat mit einem Grenzfall zu tun“, begründet der Richter sein Urteil. Dieses bringt dem Angeklagten eine Freiheitsstrafe von zwölf Monaten ein, die für zweieinhalb Jahre zur Bewährung ausgesetzt wird. Zudem muss er im nächsten halben Jahr 60 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten und zur Suchtberatung gehen. Hierüber wird ein Bewährungshelfer wachen.
„Sie müssen Ihr Leben jetzt endlich in den Griff kriegen“, so der Richter. Dazu zählt auch, dass er seine berufliche Chance nutzt, die ihm seine Ausbildung zum Karosseriebauer eröffnet, welche im kommenden Jahr beginnt. „Sie gehen heute nicht straffrei nach Hause. Über ihnen hängt das Damoklesschwert der Bewährungsauflagen. Ein Fehltritt, und sei es nur die Schwarzfahrt mit öffentlich Verkehrsmitteln, bedeutet für Sie Gefängnis“, appelliert der Richter an die Vernunft des jungen Verurteilten und schließt damit die Sitzung.