Zukunftswerkstatt Rückenwind bezieht neue Räume

Zahlreiche Projekte für benachteiligte Kinder und Jugendliche sowie deren Familien laufen aktuell bei der Zukunftswerkstatt Rückenwind. Doch auch Beratungen, Austausch und Hilfe bei Problemen bietet der Backnanger Verein an. Kein Wunder, dass nun die Räumlichkeiten ausgeweitet werden mussten. 140 Quadratmeter mehr stehen jetzt zur Verfügung.

Viel Platz zum Spielen: Das ZWR-Team um Hannah Nothstein (rechts) ist begeistert von den neuen Räumen. Foto: Tobias Sellmaier

© Tobias Sellmaier

Viel Platz zum Spielen: Das ZWR-Team um Hannah Nothstein (rechts) ist begeistert von den neuen Räumen. Foto: Tobias Sellmaier

Von Uta Rohrmann

Backnang. „Es ist toll, was die machen. Die machen net lang rum, die sehen, da ist ein Bedarf, und machen dann einfach. Die Vielfalt all der Menschen und Projekte hier ist beeindruckend“, freut sich Peter Claußnitzer über seine Mieter in der Backnanger Schillerstraße 9, erster Stock. Seit 2020 ist hier der Verein Zukunftswerkstatt Rückenwind (ZWR) zu Hause, der 2003 seine Arbeit als Lobbyist für benachteiligte Kinder und Jugendliche gestartet hat, damals vor allem mit Freizeiten, unter dem Motto „Der Jugend eine Chance geben“.

Die Räume wurden in den vergangenen Jahren zu klein für die vielen Projekte

80 Quadratmeter Räumlichkeiten für Begegnung, Veranstaltungen und Verwaltungsarbeiten waren schon lange viel zu wenig. Denn die Angebote wurden immer mehr ausgeweitet und der Bedarf an Unterstützung für benachteiligte junge Menschen und ihre Familien, vor allem von geflüchteten, ist enorm. 15 Projekte hat das Team um Hannah Nothstein im vergangenen Jahr gestemmt. 15 Mitarbeiter sind hauptamtlich beteiligt, mit den jungen Menschen, die ein Freiwilliges Soziales oder Ökologisches Jahr absolvieren. Etwa 70 Ehrenamtliche schenken ihre Zeit, damit mehr Sprachtraining oder Kreativworkshops möglich werden. Etwa 100 Familien begleitet der Verein nach Angaben der Leiterin, insgesamt mindestens 300 bis 400 Personen.

Die vergangenen vier Monate im Alltag der Zukunftswerkstatt waren intensiv und chaotisch, herausfordernd und fröhlich. Im laufenden Betrieb wurde die gegenüberliegende Wohneinheit umgebaut, barrierefreie Toiletten wurden eingebaut, Wände gestrichen. Handwerkerfirmen waren fleißig, aber auch sehr viele Ehrenamtliche, darunter der Vermieter. Peter Claußnitzer sagt von sich, dass er als Maschinenbauingenieur hauptsächlich „Schreibtischtäter“ sei, als Handwerkerkind von seinem Vater aber auch praktische Fähigkeiten mitbekommen habe, die er gerne in seiner Freizeit als Ausgleich einbrachte. „Ohne ihn hätten wir das alles nicht geschafft“, sagt das Team, das eines der neuen Zimmer ihm zu Ehren „Peterle“ getauft hat. Andere Ehrenamtliche haben eine tolle Kugelbahn gebaut, die an der Wand im Foyer ihren Platz gefunden hat und vielen Kindern Freude machen wird.

Taktile Elemente regen die Experimentierfreude kleiner Besucher an

Auch der große bunte Fuchs aus Holz mit vielen taktilen Elementen regt die Experimentierfreude kleiner Besucher an. Den hat der syrische Projektassistent Bilal gestaltet, zusammen mit seinem griechischen „Vater“. Ein fröhliches Wandgemälde stammt von einer ukrainischen Frau. Eltern und Partner von Mitarbeitern haben mit angepackt. Einige haben Möbel gespendet, andere großzügig finanziell unterstützt.

140 Quadratmeter mehr stehen jetzt zur Verfügung, für Veranstaltungen und für Büroarbeiten. Zwei Räume sind für Beratungen vorgesehen: Auf Arabisch oder Deutsch, auf Russisch oder Ukrainisch, auf Englisch oder Französisch finden hier Menschen Hilfe beim Ausfüllen von Formularen, bei Fragen der Integration, Bewerbungen, persönlichen Problemen.

Weitere Themen

All das muss natürlich gefeiert werden. Nicht mit langen Reden, wie es sonst meist bei Einweihungen der Fall ist. Hannah Nothstein präsentiert stattdessen ein Quiz, mit dem die zahlreichen Gäste über die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Einrichtung kurzweilig informiert werden. Auch über das Team erfährt man mehr: Emma ist der frühe Vogel, immer als Erste im Büro, Caro das Grafikgenie, Olesja die Gewissenhaftigkeit in Person, Dani das Sprachgenie, Jana laut Abstimmung unter den Jugendlichen die Coolste.

In diesem Jahr, so ist zum Thema Zukunft zu erfahren, hat die ZWR vieles vor, Zeit in Personalsuche müssen sie zum Glück nicht investieren. Denn die Arbeit dort ist begehrt. Beispielsweise fragen immer wieder ehemalige Praktikanten an, ob sie nach Abschluss ihres Studiums hier wieder anfangen könnten, so Nothstein.

Auf der ehemaligen Osiander-Fläche soll ein Ort für Begegnung entstehen

Und dann ist da diese große Vision: der Share-Ort. Ein Ort für alle. Ein Ort, der nur auf Begegnung setzt, mit unterschiedlichen Angeboten. Ohne Konsumzwang. Die unteren Räumlichkeiten, aus denen die Buchhandlung Osiander ausgezogen ist, bieten nun die einmalige Chance dazu. Schon jetzt, zur Einweihung, trifft man sich hier, weil die jetzigen Räumlichkeiten der ZWR dafür bei Weitem nicht ausreichen würden. Mitarbeiter schenken hausgemachte Limonaden aus, ein reichhaltiges Buffet wartet mit einheimischen und internationalen Köstlichkeiten auf. Und vor allem: viele Begegnungen und Gespräche ergeben sich.

Die Idee hat schon ziemlich konkrete Formen angenommen. Laut Hannah Nothstein laufen bereits erste Gespräche mit Stiftungen und Sponsoren. Ziel sei es, diesen Ort gelebter Begegnung dauerhaft in die Stadt zu integrieren. Da sich diese Gelegenheit relativ kurzfristig ergeben habe und Projektanträge bis zu zwei Jahre Vorlauf bräuchten, werden etwa 150000 Euro Spenden benötigt – für den Umbau der unteren Räumlichkeiten und den Betrieb für die ersten beiden Jahre. 15000 Euro wurden bereits gespendet.

Zum Artikel

Erstellt:
18. März 2024, 06:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen