Behaglichkeit mit persönlicher Note
Das Wirtshaus bleibt im Dorf (8 a): Das Waldhorn in Däfern ist bekannt für gute saisonal-regionale und internationale Küche
Warum eine Gaststätte funktioniert oder warum nicht, ist gar nicht so einfach zu sagen. Mal ist es die Kombination aus Herzlichkeit der Gastleute und ehrlicher Küche, die dazu führt, dass den Wirtsleuten die Bude eingerannt wird. Mal scheint alles zu stimmen, und doch bleiben die Gäste eher aus – vielleicht ist der Gastraum doch zu unpersönlich gestaltet, der Pächter einen Tuck zu bemüht, oder die versprochene trendige Küche hält nicht, was sie verspricht. Heute stellen wir zwei Lokalitäten mit komplett anderem, aber funktionierendem Konzept vor.

© Pressefotografie Alexander Beche
Der Landgasthof Waldhorn ist auch Ausbildungsbetrieb (von links): Waldhorn-Chef Alexander Munz, Sous-Chef Thomek Jasinski, die Auszubildenden Florian Wöhrle und Adrian Huber, Pâtissière Ute Munz-Wagner und Restaurantleiterin Sabine Müller-Ringelspacher. Foto: A. Becher
Von Ingrid Knack
AUENWALD. Es ist kurz bevor das Waldhorn zur Mittagszeit öffnet. Küchenmeister Alexander Munz lässt uns ein wenig hinter die Kulissen blicken. Auffallend ist sein herzliches Lachen – wer so Gäste empfängt, hat eigentlich schon gewonnen. Wenn dann noch das überzeugt, was auf den Teller kommt, weiß der Gast bereits, bevor der Nachtisch verspeist ist, dass er nicht das Letzte mal hier war.
Wer im Waldhorn essen geht, wird eher kein Zufallsgast sein. Das Waldhorn liegt im Auenwalder Ortsteil Däfern in wunderschöner Landschaft, schon die Anfahrt ist ein Genuss – rechts und links der Straße saftig-grüne Wiesen, man fühlt sich kurzzeitig wie im Urlaub. Im Restaurant trifft man dann wieder auf die Farbe Grün, der eine entspannende Wirkung zugeschrieben wird. Wie in der Natur gibt es auch im Lokal am Fuße des Schwäbischen Waldes unterschiedliche Grüntöne – der Kachelofen ist dunkler als die Speisekarten und die Polstermöbel in einem der Räume des Lokals. Selbst die T-Shirts des Personals sind grün. Bei schönem Wetter kann man die Seele im Grünen baumeln lassen, im gepflegten Waldhorn-Garten. Dabei ist nichts überladen. Dass man sich in allen Bereichen des Landgasthofs in einer grünen Oase befindet, fühlt man vielleicht eher als dass man diese Farbe bewusst wahrnimmt.
In einer Nische am Kamin steht unauffällig eine Notburga-Figur. Notburga ist die wohl wichtigste Tiroler Volksheilige, die keine echte Heilige ist, und unter anderem als Patronin der Dienstmägde und der Landwirtschaft gilt. Mit ihren Getreideähren im Arm verheißt sie Gutes.
Alexander Munz bietet eine internationale Küche mit schwäbischen Einflüssen an. Der Küchenmeister spricht auch von einer „wiedererkennbaren, nachvollziehbaren Küche mit guten Produkten auf gutem Niveau und mit einem guten Preis-Leistungsverhältnis“. Mit speziellen Themenwochen hat er weniger am Hut. „Dadurch, dass wir eh eine internationale Küche machen und Küchenstile verschmolzen sind, ist das nicht mehr ganz zeitgemäß“, findet er. Seine Erfahrungen aus seiner Arbeit im Schloss Fuschel bei Salzburg, im Hotel Central in Sölden, im Hotel Adula (Flims), auf Jersey Islands (Kanalinseln), im Hotel Les Sources des Alpes in Leukerbad (Schweiz) fließen in all das ein, was er heute macht. In dem Fünf-Sterne-Hotel in Leukerbad war Munz drei Jahre lang Küchenchef, seine Frau Ute Wagner-Munz Chef-Pâtissière. Als sie – wieder zurück in Deutschland – erfuhren, dass für das schöne Gebäude in Däfern schon länger ein Pächter gesucht wird, wagten sie 2006 den Start in die Selbstständigkeit. Drei Jahre lang war der Gasthof zuvor geschlossen, die Räume einschließlich der gut eingerichteten Küche befanden sich aber in einem hervorragenden Zustand. Optimale Startbedingungen garantieren aber noch lange nicht einen erfolgreichen Gasthof-Betrieb. Da braucht es ein gutes Händchen für das, was die Gäste wollen. Längst ist das Restaurant bekannt für seine feine Küche – auch die Preise sind nicht überzogen. Momentan kostet der teuerste Hauptgang (Rinderfilet mit Kalbsbries) knapp 26 Euro. Wer weniger ausgeben möchte, bekommt aber auch einen Wurstsalat für unter 10 Euro.
Für die Flägga-Rebälla
ist das Waldhorn Vereinslokal
Immer wieder hört Alexander Munz von Gästen: „Wenn wir etwas Besonderes machen wollen, gehen wir ins Waldhorn.“ Dem stellvertretenden Vorsitzenden der Meistervereinigung Gastronom Baden-Württemberg ist es aber wichtig zu vermitteln: „Wir sind auch für das Tägliche da. Wenn jemand kurz was essen gehen möchte, das kann er bei uns auch bekommen.“ Zum Beispiel eine Flädlesuppe oder Geschnetzeltes.
Dass das Waldhorn für die Flägga-Rebälla in Däfern Vereinslokal ist, freut den 47-Jährigen ganz besonders. Das nennt man dann auch gute Nachbarschaft. Eine Herzensangelegenheit ist dem Ehepaar Munz andererseits, sich am Weihnachtsmarkt in dem Flecken zu beteiligen.
Rund 70 Plätze gibt es im Waldhorn. Dank mobiler Trennwände können Bereiche auch verkleinert werden. Und da ist die Bauernstube für zehn bis zwölf Personen, in dem schon mancher prominente Gast saß. Zum Beispiel Hannes Wader oder Justus Frantz, die beim Kulturkreis Bildungszentrum Weissacher Tal auftraten. Viele Gäste haben zudem den Raum mit der grünen Polstereckbank als ihren Lieblingsplatz auserkoren.
Zweimal im Jahr lädt Munz zu eigenen Kulturveranstaltungen mit dem Schauspieler und Schriftsteller Winfried Wagner ein. Doch er ist auch offen für Neues. Im März bereitete er zusammen mit behinderten Menschen ein viergängiges Menü zu. Die Aktion mit den Cool Chickpeas, der Backnanger Band mit jungen Menschen mit und ohne Behinderung, möchte er gerne wiederholen.
Dass man im Waldhorn ausschließlich frische Ware aufgetischt bekommt, versteht sich von selbst. Auch, dass in Däfern keine XXL-Schnitzel auf den Teller kommen. „Essen soll keine Völlerei sein“, sagt Munz, der zu seinen Speisen Weine direkt vom Winzer anbietet und dessen Lokal neben vielen anderen Auszeichnungen seit über zehn Jahren vom Guide Michelin einen Bib Gourmand verliehen bekommt. An Wettbewerben, bei denen er früher ordentlich abräumte, beteiligt sich Munz heute nicht mehr. Dafür organisiert er den Nachwuchswettbewerb „Die Besten 10“ der Meister-Vereinigung. Zum ersten Mal ging dieser heuer bei der Intergastra in Stuttgart über die Bühne.