Behörden kontrollieren Shisha-Bars

Ordnungsamt überprüft beide Backnanger Wasserpfeifen-Lokale – Ministerium fordert per Erlass geeignete Belüftungsanlagen

Shisha-Bars sind in jüngster Zeit wie Pilze aus dem Boden geschossen. Nun werden Stimmen laut, die vor Langzeitschäden warnen. Nicht wegen des Tabakrauchs, sondern wegen des Kohlenmonoxids, das beim Verbrennen der Kohle entsteht. Das Wirtschaftsministerium hat mit einem Erlass reagiert, wonach die Behörden die Bars überprüfen sollen. In Backnang gibt es zwei Shisha-Bars, beide wurden inzwischen kontrolliert. Und es wurde eine Allgemeinverfügung zum Umgang mit den Wasserpfeifen erlassen.

Das beim Zubereiten und Rauchen von Shishas entstehende Kohlenmonoxid birgt Gefahren für die Gesundheit. Symbolfoto: Fotolia/alexeg84

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Das beim Zubereiten und Rauchen von Shishas entstehende Kohlenmonoxid birgt Gefahren für die Gesundheit. Symbolfoto: Fotolia/alexeg84

Von Matthias Nothstein

BACKNANG. In den vergangenen Monaten hat das Backnanger Rechts- und Ordnungsamt auch in den beiden Backnanger Bars nach dem Rechten geschaut und Beanstandungen aufgelistet. In der Alaturka Shisha Café Bar in der Stuttgarter Straße laufen bereits zwei Lüftungsanlagen. Das ist aber laut den Anforderungen noch nicht genug, weshalb Gastwirt Osman Baykal eine Anlage noch verlängern und ausbauen wird. „Nächste Woche kommen die Handwerker“, kündigt Baykal an. Die Bar betreibt der 45-Jährige seit sieben Jahren ohne Zwischenfälle. Zwar ist es in seinem Lokal rauchig, vor allem am Wochenende, wenn bis zu 40 Gäste gleichzeitig die Shishas nutzen, aber die bisherige Lüftung sorgt Baykals Ansicht nach heute schon für ausreichend Zu- und Abluft. Kräftig investieren musste auch Caner Bakir. Der 26-Jährige Backnanger betreibt seit fünf Jahren die Déjà-vu-Bar in der Sulzbacher Straße. Im Sommer hat er seine Lüftungsanlage aufgrund der gesetzlichen Vorschriften erneuern lassen. „Das hat mich 30000 Euro gekostet.“

Nicht zuletzt aufgrund des Erlasses des Ministeriums hat die vereinbarte Verwaltungsgemeinschaft Backnang nun eine Allgemeinverfügung erlassen, in der alle technischen Anforderungen und Auflagen geregelt sind. Zu der Verwaltungsgemeinschaft gehören auch die Kommunen Aspach, Allmersbach im Tal, Althütte, Auenwald, Burgstetten, Kirchberg an der Murr, Oppenweiler und Weissach im Tal. Im Zuständigkeitsbereich dieser Gemeinschaft liegen derzeit sechs Anfragen vor, wonach Betreiber eine Shisha-Bar eröffnen möchten.

Das Thema ist also derzeit in aller Munde. Deshalb kündigt Gisela Blumer, die Leiterin des Rechts- und Ordnungsamts Backnang, auch an: „Wir bleiben dran.“ Am 17. November wurde die Allgemeinverfügung veröffentlicht. Sie ist damit bereits in Kraft getreten. Danach ist der Gebrauch von Shishas, die mit Kohle oder anderen organischen Stoffen befeuert werden, grundsätzlich in allen Gaststätten verboten. Dann werden die Ausnahmen definiert. Sie gelten für jene Bars, in denen fachgerecht installierte Be- und Entlüftungsanlagen ihre Arbeit verrichten. Die Anlagen sollen sicherstellen, dass in den Gasträumen eine Kohlenstoffmonoxid-Konzentration von 30 pars per million (ppm) nicht überschritten wird. Die ausreichende Leistungsfähigkeit muss eine Fachfirma bestätigen. Jede eingesetzte Anlage muss so dimensioniert sein, dass diese pro brennender Shisha 130 Kubikmeter Luft pro Stunde nach außen befördert. Zudem müssen die Betreiber zur Überwachung der Kohlenstoffmonoxid-Konzentration CO-Warnmelder installieren. Gefordert sind hier ein Melder pro 25 Quadratmeter Fläche.

Mögliche Langzeitschäden durch Shisha-Rauchen werden unterschätzt, heißt es aus dem Druckkammer-Zentrum in Ludwigsburg. Dort wurden schon schwere Vergiftungsfälle aus dem Rems-Murr-Kreis behandelt. Der Geschäftsführer des Zentrums, Ralf Schäfer, bestätigt die regelmäßige Behandlung von Kohlenstoffmonoxid-Vergiftungen. „Wir behandeln lediglich sehr schwere Fälle und müssen leider alle anderen ablehnen“, so Schäfer, weil in Baden-Württemberg kein Kostenersatz für die sogenannte „Hyperbare Sauerstofftherapie“ gewährt werde. Pro Jahr fielen 20 bis 25 Fälle von Vergiftungen durchs Shisha-Rauchen an, ungefähr 30 Fälle müsse das Zentrum ablehnen. An einige wenige schwere Fälle könne er sich erinnern, in denen die Vergifteten aus dem Rems-Murr-Kreis kamen. Klassischerweise häufen sich solche Fälle immer an den Wochenenden. „Das liegt im Freizeitverhalten begründet“, so Schäfer. Die wenigsten der Shisha-Raucher wüssten offenbar, welchen Gefahren sie sich aussetzen: Das gehe bis zu einem akut lebensbedrohlichen Stadium und auch zu möglichen irreparablen Spätfolgen am Herzmuskel.

Auch im restlichen Kreisgebiet haben die Ämter die Bars kontrolliert, ob ausreichend dimensionierte Lüftungsanlagen und Warnmelder installiert sind. Die Vorgaben des Erlasses werden demnach bei allen Shisha-Bars in Waiblingen (sieben), Winnenden (bald zwei) und Schorndorf (eine) bereits jetzt eingehalten.

Große Gefahr, weil: Man merkt zunächst nichts Info „Beim Verglühen von Shisha-Kohle entsteht hochgiftiges Kohlenmonoxid (CO). Das farb- und geruchlose Gas vermischt sich mit der Raumluft und wird unbemerkt mit der Atmung aufgenommen. Über die Lunge gelangt das Kohlenstoffmonoxid ins Blut. Dort verhindert es den Sauerstofftransport und kann zu schwerwiegenden gesundheitlichen Schäden führen, im schlimmsten Fall sogar zum Tod“, schreibt das Landeswirtschaftsministerium als Begründung für den Erlass vom 26. Oktober. Da der menschliche Körper das Kohlenstoffmonoxid erst zirka sechs Monate nach der Aufnahme wieder ausscheiden kann, kommt es bei regelmäßigem Einatmen entsprechend belasteter Luft zu einer Anreicherung des Stoffs im Blut. Aus diesem Grund können die gravierenden Folgen im Einzelfall selbst dann eintreten, wenn die betroffene Person nicht akut einer hohen CO-Konzentration in der Atemluft ausgesetzt ist.

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Erstellt:
28. November 2018, 06:00 Uhr

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