Besuch bei der Kartenlegerin: ein Blick ins Jahr 2023?

Von Melanie Maier und Lorena Greppo

Backnang. Csilla Fekete empfängt uns in ihrer Wohnung. Auf dem Esszimmertisch brennt eine weiße Glitzerkerze, ein Laptop ist aufgeklappt. Außerdem steht eine runde Schachtel auf dem Tisch, in der sich verschiedene Kartensets und das Pendel der Backnanger Astrologin und Kartenlegerin befinden, wie wir später noch herausfinden werden. Wir, zwei BKZ-Redakteurinnen, sind bei Fekete, um herauszufinden, was das Jahr 2023 für uns bereithält – mit einem Horoskop und einer Kartenlegung. Bierernst nehmen wir das Thema zwar nicht, doch für den Artikel möchten wir uns vorurteilsfrei auf den Blick in die Zukunft mit Hilfe von Horoskop und Karten einlassen.

Aus den genauen Geburtsdaten erstellt Csilla Fekete die Horoskope

Csilla Feketes Website finden wir online. Nach einer kurzer Überlegung (mit der Unterstützung ihrer Karten) stimmt sie einem Treffen zu. Wir schicken ihr unsere genauen Geburtsdaten: Tag, Uhrzeit und Ort. Aus diesen Eckpunkten erstellt Fekete unsere Horoskope. Sie geben ihr zufolge Auskunft darüber, wie sich die Planeten und Sterne auf unsere Leben auswirken. Der Lebensweg sei jedoch nicht in Stein gemeißelt, man könne ihn durchaus beeinflussen, sagt sie. Eine beruhigende Nachricht zu Beginn unseres Besuchs.

Wir nehmen auf der Eckbank in ihrem Wohn-/Esszimmer Platz. Fekete setzt sich auf einen Stuhl und erweckt ihren Laptop mit einem Mausklick zum Leben. Auf dem Bildschirm ist ein Kreis vor grauem Hintergrund zu sehen, über den sich rote, blaue und grüne Linien spannen. „Das hier ist das Horoskop von Lorena“, erklärt Fekete. Weil wir zu zweit sind, habe sie nur eine kleine Analyse erstellt, sagt sie, und schlägt einen Notizblock auf. Die große würde insgesamt 14 computergeschriebene Seiten umfassen.

Doch auch die kleine Analyse ist bereits sehr zeitintensiv: Fast eineinhalb Stunden dauern das Lesen des Horoskops und das anschließende Kartenlegen. Dafür nutzt Csilla Fekete das Lenormand-Kartendeck. Tarotkarten, sagt sie, würde sie nur für kurzfristige Anlässe und auch nur für sich selbst und die Familie verwenden – so habe sie etwa ihrem Sohn während seiner Abiturprüfungen regelmäßig Tarotkarten gelegt.

Das Lenormand-Kartendeck gehe auf Marie Anne Lenormand zurück, berichtet Fekete, eine französische Kartenlegerin und Wahrsagerin, die zu Zeiten Napoleons lebte und sogar für Russlands Zar Alexander I. die Karten legte. Wobei sie die Bezeichnung Wahrsagerin nicht möge, sagt Fekete. Auch Zeitschriftenhoroskope lehnt sie ab, „davon krieg’ ich die Krise“. Das Horoskop jeder Person sei so komplex, dass man keine allgemeingültige Prognose für alle Schützen, alle Zwillinge et cetera treffen könne.

Sie deutet auf ihren Laptop: „Das Horoskop ist das Buch meines Lebens. Es ist ein Paket, das ich mitnehme.“ Die Planetenstellungen zum Geburtszeitpunkt würden gewisse Energien mit sich bringen. Zusammen mit der Erziehung und der Bildung würden sie die Persönlichkeit beeinflussen. Was sie aus diesem Paket mache, sei jeder Person selbst überlassen. „Ich vergleiche das oft mit einem Messer: Du kannst damit dein Mittagessen zubereiten oder aber deinen Nachbarn erstechen“, sagt Fekete. Die Karten wiederum seien wie ein Foto, das die Themen zeige, die momentan im eigenen Leben wichtig sind.

Ihre Horoskope erstellt Fekete mit drei verschiedenen Programmen. Sie deutet auf den Laptop: Nicht nur das Sternzeichen und der Aszendent würden sich auf das Horoskop auswirken, sondern auch die sogenannten zwölf Häuser, die jeweils für Lebensbereiche wie Familie oder Finanzen stehen.

Einige Stammkunden lassen sich seit zehn, elf Jahren die Karten legen

Wir fragen Fekete, wer die Menschen sind, die ihre Dienste in Anspruch nehmen. Ihr Klientel bestehe vor allem aus Frauen, antwortet sie. Sämtliche Berufsgruppen seien vertreten, „sogar Ärztinnen kommen zu mir“. Einige Stammkundinnen ließen sich seit zehn, elf Jahren die Karten legen. „Bei manchen Klienten fließen Tränen“, erzählt sie. Nach einer Analyse könne es sein, dass sich die Person ziemlich nackt vorkomme, weil sich so viel aus dem Horoskop herauslesen lasse – zum Beispiel über die Kindheit oder die Beziehungen in der Familie.

Sehr schlechte Nachrichten würde sie „in einen goldenen Faden wickeln“, also nett verpacken. Verheimlichen tue sie diese aber nicht. Manchmal sorge das sogar für Unstimmigkeiten, sagt sie. Einer jungen Frau habe sie mal mitgeteilt, dass ein Jobwechsel bevorstehe. Sie habe sehr ungehalten darauf reagiert, erinnert sich die Kartenlegerin, immerhin habe sie eine Festanstellung. Ein halbes Jahr später habe die Firma Insolvenz angemeldet, alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seien entlassen worden. Ihre Arbeit könne jedoch auch Schönes bewirken: Ein Klient habe sich von seiner Partnerin getrennt, da die Beziehung den Karten zufolge nirgends hinführte. „Jetzt ist er mit seiner großen Liebe verheiratet, die beiden haben eine Tochter“, sagt Fekete.

Unsere Horoskopanalysen sind teils überraschend zutreffend. Lorena Greppo – Sternzeichen Schütze, Aszendent Stier – beschreibt Fekete als gerechtigkeitsliebende Person, die Tiere liebt und der Geld nicht so wichtig ist. „Die Familie und das Ausland spielen eine wichtige Rolle.“ Ein großes Thema sei auch die Außenwelt – weshalb ihr Beruf sehr gut zu ihr passen würde. Sie sei ein richtiger Karrieremensch, was auch die Karten später zu bestätigen scheinen. Die 36 Karten, die Csilla Fekete in einem bestimmten Muster vor sich auslegt, handeln fast nur von Beruflichem. Im Frühjahr und Sommer erwarten Greppo demzufolge herausfordernde Projekte. „Sie sind wie die zweite Geige in Ihrer Kompanie“, sagt Fekete zu ihr. Zeit für Privates bleibe da aber kaum. Die Früchte für den vielen Stress könne sie im Herbst ernten. Zudem stehe eine Veränderung im Zuhause an – vielleicht eine Renovierung, aber kein Umzug.

Melanie Maier – Sternzeichen Zwillinge, Aszendent Steinbock – konstatiert Fekete eine enge Beziehung zu ihrer Schwester, ein starkes Interesse an Literatur und häufige Stellenwechsel. Journalismus sei aber der richtige Beruf für sie. „Sie könnten Buchrezensionen schreiben“, schlägt Fekete vor – was gut passt, zumal sich Maier mit ihrer Kollegin Ingrid Knack um die Kulturthemen in der Redaktion kümmert. Ihre 36 Karten haben mehr mit Privatem als mit Beruflichem zu tun – große Veränderungen stehen 2023 aber in beiden Bereichen nicht an. Im Herbst könnten Magen-Darm-Probleme und Atemwegsbeschwerden auftauchen.

Draußen ist es dunkel, als wir uns von Fekete verabschieden. Der Nachmittag war amüsant. Das intensive Auseinandersetzen mit der eigenen Persönlichkeit und den Lebensumständen bringt uns noch ein paar Tage später zum Nachdenken – und zum Schmunzeln. Zugleich fragen wir uns, wie viel von dem, was Fekete uns erzählt hat, nicht doch eine simple Internetrecherche zutage gebracht hat. Dass Lorena Greppo stellvertretende Redaktionsleiterin der BKZ ist – die „zweite Geige in Ihrer Kompanie“ – lässt sich zum Beispiel dem Impressum der BKZ-Website entnehmen. Und ihr Nachname lässt leicht darauf schließen, dass das Ausland wichtig für sie ist. Ob die Kartenlegerin ihre Analysen durch Online-Infos unterstützt hat, wissen wir natürlich nicht. Es bleibt abzuwarten, ob 2023 wirklich das bringt, was die Karten vorhersagen.