Benimmregeln in Wald und Flur angemahnt

Die Naherholungsmöglichkeiten an frischer Luft werden von vielen Menschen gerne und in Coronazeiten ganz besonders oft genutzt. Das birgt auch ein gewisses Konfliktpotenzial. Einige Hundebesitzer sorgen bei Landwirten und Forstleuten für besonderen Unmut.

Gemeinsames Wandern – wie hier 2019 in der Abendsonne beim Hörschhof zum 40. Jubiläum des Naturparks – ist nur eine der Nutzungsformen, die der Wald den Menschen bietet. Archivfoto: A. Becher

© Pressefotografie Alexander Becher

Gemeinsames Wandern – wie hier 2019 in der Abendsonne beim Hörschhof zum 40. Jubiläum des Naturparks – ist nur eine der Nutzungsformen, die der Wald den Menschen bietet. Archivfoto: A. Becher

Von Bernhard Romanowski

Murrhardt. Dieter Seitz ist einiges gewohnt in seinem Job und dennoch als besonnener Zeitgenosse bekannt. Doch kürzlich sah man bei ihm deutlich die Zornesröte ins Gesicht steigen. „Da hatte jemand eine Waschmaschine im Wald entsorgt. Natürlich an einer Stelle, die drei Meter tief vom Waldweg unten an einer Klinge lag und so schlecht zugänglich war, dass wir das Gerät nur mit großem Aufwand herausbekamen“, berichtet der Revierförster des Kommunal- und Privatwalds im Bereich Murrhardt-Nord. Solche mehr als ärgerlichen Funde sind in seinem Metier allerdings keine Seltenheit.

„Die große Müllwelle ist zwar vorbei, wie es scheint“, bilanziert Seitz. Grüngutabfälle, Kleinmüll, Spielgeräte für Kinder und für Hunde oder auch ganze Kücheneinheiten entdecken er und seine Kollegen aber im Wochentakt im Wald. Ganz besonders schlimm sei es zu Beginn der Coronapandemie gewesen. Auch als seinerzeit die Deponie in Backnang coronabedingt geschlossen war, habe man das am Müllaufkommen im Wald ablesen können.

Derzeit ist die Lage wieder etwas entspannter. Einfacher wird sein Job dadurch aber nicht. Denn auch mit den Menschen, die den Wald als Naherholungsort und nicht selten aus dem Stuttgarter Raum kommend aufsuchen, kann es zu Spannungen kommen. Mit manchen Hundebesitzern beispielsweise sei mitunter gar nicht gut Kirschen essen, wie der Förster weiß. Seitz spricht sogar von Aggressivität, die seitens einiger Herrchen und Frauchen aufkommt, wenn er die Einhaltung der Regeln im Wald von ihnen einfordert. „Da gerät man mittlerweile dauernd in eine argumentative Verteidigungshaltung.“

Denn nicht alle wollen einsehen, dass es ein Landeswaldgesetz gibt, an das man sich zu halten hat und das den Waldnutzern eigentlich auch bekannt sein sollte, meint Seitz. „Wo soll ich meinen Hund denn sonst springen lassen?“, wird er oft gefragt. Aber wenn er sogar Fälle von Wilderei erleben muss, hört der Spaß auf. Eine deutliche Ansage in Verbindung mit einer Geldbuße helfe da manchmal. Aber: „Wir können und wollen hier nicht dauernd einen Sheriff rumfahren lassen, der sich darum kümmert.“ Und eine Videoüberwachung sei aus rechtlichen Gründen eben nicht möglich.

Der Andrang an Waldbesuchern ist in Zeiten von Corona und Homeoffice gestiegen. „Egal, wo du stehst – zu jeder Tageszeit kommen Leute vorbei“, so schildert es Seitz, der durchaus Verständnis für den Bewegungsdrang im Freien hat. „Was sollen sie auch machen?“ Leider sind darunter aber eben auch viele und immer mehr Leute, die sich gerne um forstliche Angelegenheiten kümmern, die nicht die ihren sind und von denen sie auch keine Ahnung haben. „Viele von ihnen sind von Peter Wohlleben beeinflusst“, so Seitz mit Verweis auf den Förster aus der Eifel, der mit seinem Buch „Das geheime Leben der Bäume“ 2015 einen Riesenerfolg landete und deutschlandweit bekannt wurde. Seitz kritisiert daran die Emotionalisierung und Vermenschlichung des Walds: „ Das hört sich gut an, wenn Bäume miteinander kuscheln und kommunizieren.“ Im Grunde werde damit aber viel Halbwissen über diesen ökologischen Lebensraum transportiert, so der Murrhardter Förster.

Besonders wenn forstliche Maßnahmen wie Baumfällungen anstehen, sei mit oft unnötigen Diskussionen zu rechnen. „Die Einstellung mancher Leute ist heutzutage oft: Förster machen alles falsch“, beschreibt Seitz seine Erfahrung mit Kritikern. Damit werde das forstliche Tun im Ganzen infrage gestellt, durch das aber seit Jahrhunderten der Beschnitt der Äste, die Durchgängigkeit der Wasserläufe, die Herrichtung der Waldwege und damit die Sicherheit für Spaziergänger, Wanderer und Jogger im Wald gewährleistet werde. Seitz sieht indessen dafür bei den Bewohnern des ländlichen Raums immer noch mehr Akzeptanz gegeben als bei so manchen Besuchern etwa aus Stuttgart, die dann „die Keule der Allwissenheit schwingen“, wie Seitz es formuliert. Besonders die Jagd und ihr Nutzen für den Wald werde oft negativ gesehen, weiß der Förster. Es würden zwar noch keine Hochsitze abgesägt, wie andernorts schon geschehen. Aber es tauchen immer wieder Leute auf, die bewusst für Unruhe sorgen, um die Jäger zu stören.

Feld- und Wiesenwegehaben viele Funktionen

Auch der Murrhardter Bürgermeister Armin Mößner weiß um mögliche Reibungspunkte in Feld, Wald und Flur. „Aufgrund des verstärkten touristischen Besuchs im Schwäbischen Wald kommt es häufiger zu Nutzungskonflikten. Regelmäßig wird mir über frei laufende Hunde berichtet, über das Betreten landwirtschaftlicher Flächen, Parken in landwirtschaftlichen Flächen, Zuparken von Feld- und Waldwegen und dergleichen“, erläutert Mößner. Die Stadt Murrhardt ist deshalb bereits Ende vergangenen Jahres einer Initiative beigetreten, die sich des Themas angenommen hat. Der Landesbauernverband Baden-Württemberg hat die Kampagne entwickelt unter dem Leitmotto „Für ein gutes Miteinander“ und schreibt dazu: „Feld- und Wiesenwege haben viele Funktionen. Für uns Landwirte sind sie wichtige Wirtschaftswege. Sie führen zu unseren Arbeitsplätzen – den Wiesen, Weinbergen, Obstanlagen, Äckern und Wäldern.“

Bei Begegnungen auf diesen Wegen, die von Landwirten oft gemeinsam mit Erholungssuchenden und Freizeitsportlern genutzt werden, komme es leider immer wieder zu Missverständnissen und Unmut. „Auf der einen Seite freuen wir uns über den touristischen Zulauf, aber auf der anderen Seite ist man für die touristische Aufstellung und Bewerbung unseres Angebots als Tourismusregion und Naturpark auch auf die Akzeptanz der hier lebenden und vor allem von der Landschaft lebenden Bevölkerung im Bereich Land- und Forstwirtschaft angewiesen“, so Bürgermeister Mößner mit Blick auf die Belange der Bauern und Forstleute.

Das Schild des Landesbauernverbands wirbt für Verständnis. Grafik: Landesbauernverband

Das Schild des Landesbauernverbands wirbt für Verständnis. Grafik: Landesbauernverband

Landwirte appellieren an Hundebesitzer

Hundekot Hundehaufen im Feld, im Weinberg oder auf Wiesen sind ein großes Ärgernis, betont der baden-württembergische Landesbauernverband. Auf den Äckern produzieren Bauern neben Getreide auch frische Produkte wie Salat, Obst und Gemüse, das direkt vom Feld in die Ladentheke kommt. Auf Wiesen und Äckern wird Futter für Rinder, Schafe, Pferde und Ziegen angebaut, das hygienisch einwandfrei sein muss. „Sie handeln verantwortungsbewusst und vorbildlich, wenn Sie Hundekot umgehend entfernen. Bitte den Beutel nicht in der Natur entsorgen! Plastik und Hundekot können sonst ungewollt in den Nahrungskreislauf gelangen“, appelliert der Verband.

Leine Frei laufende Hunde können Weidetiere in Panik versetzen und Wildtiere sowie Vögel aufschrecken, mahnt der Landesbauernverband: „Lassen Sie daher Ihren Hund bitte nicht einfach frei stöbern, sondern führen Sie ihn an der Leine. Bitte lassen Sie Ihren Vierbeiner nicht auf bestellten Ackerflächen oder Wiesen rennen.“

Müll Abfälle gehören nicht in die Natur, weshalb die Spaziergänger und Wanderer aufgefordert werden, keinen Müll auf Wiesen und Feldern zurückzulassen. Weggeworfene Flaschen, vergessenes Hundespielzeug, Scherben oder Dosen können sonst ins Futter
von Nutztieren gelangen und die Tiere lebensgefährlich verletzen. Zudem können diese Gegenstände teure Schäden an Maschinen verursachen. „Entsorgen Sie deshalb Abfälle in öffentlichen Mülleimern oder zu Hause“, so der Aufruf der Bauern.

Zum Artikel

Erstellt:
12. Februar 2022, 11:30 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen