Besseres Essen für Backnangs Schulen
Backnang wurde als eine von vier Kommunen Baden-Württembergs für das Modellprojekt „Gutes Schulessen mit kommunalem Konzept“ ausgewählt. Das Ziel: Schulessen soll regionaler werden und mehr Bioanteil enthalten – und natürlich den Schülern schmecken.
Von Kristin Doberer
Backnang. Gesund, regional angebaut und deutlich mehr Bioanteil. Das soll das Schulessen an Backnanger Kitas und Schulen zukünftig auszeichnen – zunächst nur an ausgewählten Mensen, später im besten Fall an allen Schulen und Kitas. Als eine von nur vier Kommunen in Baden-Württemberg erhält die Stadt Backnang den Zuschlag für das Modellprojekt „Gutes Schulessen mit kommunalem Konzept – nachhaltig und biozertifiziert“. Ziel des Projekts ist es, gesundes und nachhaltiges, aber auch genussvolles Essen über ein kommunales Verpflegungskonzept für Kinder und Jugendliche anzubieten. „Es soll ein ganzheitlicher Ansatz sein“, sagt Grünen-Landtagsabgeordneter Ralf Nentwich, der bei dem Projekt auch auf den Klimaschutzaspekt hinweist. Regionale Strukturen, kurze Wege und möglichst wenig Verschwendung sollen angestrebt werden. „Wir haben früher versucht, den Schulmensen aus dem Weg zu gehen“, erinnert sich Backnangs Oberbürgermeister Maximilian Friedrich an seine eigene Schulzeit. Das sei zwar nicht mehr überall so, aber es gebe auch heute noch Ausbaupotenzial an Backnangs Mensen. „Wir erhoffen uns über die Beratung und Förderung eine gute Unterstützung dabei“, sagt Friedrich.
In dem ersten Schritt werden sich drei Backnanger Einrichtungen an dem Projekt beteiligen: die Mörike-Gemeinschaftsschule, die Plaisirschule und später auch die Sportkita. Bewusst habe man sich nicht nur für unterschiedliche Schultypen entschieden, sondern auch eine Kindertagesstätte mit in das Projekt einbezogen. „In einem zweiten Schritt wollen wir das Konzept nämlich an alle Backnanger Schulen und Kitas bringen“, sagt Regina Wüllenweber, die Leitern des Amts für Familie, Jugend und Bildung. Sie hofft, durch das Projekt auch noch weitere Schulen für gutes Essen begeistern zu können. „Das wird sicher auch eine Strahlkraft über Backnang hinaus haben“, ist sich auch Nentwich sicher.
Großes Potenzial in Backnangs Mensen
Für Nentwich steht fest: Dass Backnang diese Förderung bekommt, hängt auch damit zusammen, dass man in der Verwaltung schon viel Herzblut in das Thema – und auch in die Bewerbung – gesteckt hat. Bereits vor einigen Jahren habe sich das städtische Amt für Familie, Jugend und Bildung auf den Weg gemacht und sich der Frage angenommen, wie man gutes Essen an die Schulen bekommen kann. „Und Backnang hat hier ein enormes Potenzial“, sagt der Landtagsabgeordnete. Dadurch, dass man im ländlichen Raum ist, gebe es nämlich viele regionale Erzeuger, die in das Projekt eingebunden werden können. Klar ist: Wenn der Anspruch auf Ganztagsunterricht kommt, werden die Schüler noch länger im Schulhaus sein, als es bisher schon der Fall ist. Und dann wird das Essen in der Schule eine noch wichtigere Rolle spielen.
Das Essen soll aber nicht nur gesund und regional sein, sondern natürlich auch den Schülern und Kindergartenkindern schmecken. „Wenn das Essen nicht gut ist, geht keiner hin“, weiß Karin Moll, Schulleiterin der Mörike-Gemeinschaftsschule, aus Erfahrung. Zu schnell sei man in der Stadt und habe viele andere – auch weniger gesunde – Möglichkeiten. Deshalb werde auch der jeweilige Caterer der Schulen ein wichtiger Projektpartner werden. In der Schicken Möhre sei man schon auf einem sehr guten Weg. Das Essen werde von den Schülern gut angenommen, der Bioanteil liege aktuell bei etwa zehn Prozent. Die Schulleiterin erhofft sich von dem Projekt, dass das Essen noch regionaler und noch mehr Bioanteil enthalten wird.
Dabei geht es nicht nur darum, gesundes Essen anzubieten, sondern den Schülerinnen und Schülern auch langfristig etwas mitzugeben. Schließlich steht bewusste Ernährung im Bildungsplan, auch im Unterricht wird das Thema an der Mörikeschule immer wieder aufgegriffen. Zum Beispiel sei es ein fester Bestandteil, dass Schüler für einen niedrigeren Jahrgang kochen. „So richtig schick mit Servietten, Tischdekoration und allem drum und dran“, erzählt Moll. So könne man immer wieder ein besonderes Erlebnis schaffen. „Wir wollen, dass Essen nicht nur die stumpfe Nahrungsaufnahme ist“, sagt auch Wüllenweber. „Wir wollen den Schülern auch eine gewisse Esskultur und einen den Genuss beim Essen nahebringen.“ Zum einen gebe es auch jetzt schon Eltern, die zu Hause ebenfalls sehr bewusst essen und diesen Anspruch auch an die Mensa ihrer Kinder haben. Zum anderen gebe es aber auch Familien, in denen die Ernährung vergleichsweise einseitig ist. „Wir wollen die Kinder auf den Geschmack bringen, sie sollen neue Gerichte und ein größeres Spektrum an – vor allem gesunden – Lebensmitteln kennenlernen.“ Dabei ist es den Verantwortlichen auch wichtig zu zeigen, dass bio nicht zwangsläufig auch teurer sein muss. Denn die Schulnahrung muss auch weiterhin für alle Eltern bezahlbar bleiben, auch wenn der Bioanteil steigt. „Hier brauchen wir auf jeden Fall die Unterstützung und den Input von außen“, sagt Wüllenweber.
Weniger Essen verschwenden
Ein weiterer Aspekt sei es, weniger Nahrungsmittel zu verschwenden. So versuche man in der Schicken Möhre zum Beispiel schon länger, dass sich die Schüler zunächst eine kleine Portion holen und dann bei Bedarf noch mal Nachschlag bekommen. „Wenn sie das in der Schule nicht lernen, wo denn sonst?“, fragt Moll. „Wir wollen nicht die übervollen Teller sehen, die für den All-inclusive-Urlaub typisch sind.“ Erste Ideen haben die Amtsleiterin und die Schulleiterin also schon. Weitere Impulse und fachlichen Input sollen sie im Laufe des Projekts bekommen. Der Austausch soll bei runden Tischen entstehen. Das Projekt hat eine Laufzeit von etwa 14 Monaten, in dieser Zeit werden zwischen drei und fünf Coachinggespräche stattfinden. Auch soll es vier Informationsveranstaltungen zu unterschiedlichen Schwerpunkten sowie ein Netzwerktreffen für alle beteiligten Kommunen geben. Die Kosten für Coaching und Zertifizierungen übernimmt das Landeszentrum für Ernährung Baden-Württemberg. Weitere Modellkommunen sind Freiburg, Heidenheim und Heilbronn. Auftakt des Projekts wird eine Online-Veranstaltung am 18. Januar sein, bei der sich alle Teilnehmer kennenlernen und die nächsten Schritte vorgestellt werden.
Erhöhung des Bioanteils im Essen auf 30 bis 60 Prozent und Erreichen der Biozertifizierung.
Umsetzung der Standards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) sowie eventuell eine DGE-Zertifizierung.
Mehr regional produzierte Lebensmittel in den Mensen verarbeiten.
Entwicklung eines Verpflegungskonzepts auf Trägerebene, abgestimmt auf die jeweiligen Schulen und die Strukturen der Kommune.
Nudging-Maßnahmen anstoßen, das heißt, Verhalten nicht mit Verboten oder Zwang ändern, sondern durch auf die jeweilige Einrichtung angepasste Anstöße.
Lebensmittelabfälle reduzieren.
Vernetzung der Schulverpflegung mit Kooperationspartnern vor Ort sowie Erzeugern von Bio- und regionalen Lebensmitteln.
Etablierung eines runden Tischs mit kommunalen Vertretern, Schulleitungen, Verpflegungsverantwortlichen, Schülern und Caterern.