Blumenbrücken für Insekten: „Jeder Blumentopf zählt“
Blühende Wiesen bieten Insekten und Bienen Lebensraum und Nahrung. Der Kreisjugendring Backnang hat nun gemeinsam mit Schulen, Kommunen und Vereinen eine neun Kilometer lange Blumenbrücke angelegt.
Von Carolin Aichholz
Rems-Murr. Der Erhalt und die Pflege von bunt blühenden Wiesen wird in Zeiten, in denen das Bienen- und Insektensterben zum ernsthaften Problem wird, immer wichtiger. Die Bedeutung dieser Tierchen für das Bestäuben der Pflanzen ist auch für den Lebensmittelanbau enorm.
Darum sind die beiden Koordinatorinnen des Projekts Blumenbrücke sehr stolz auf ihre bisherigen Erfolge. Angelika Roth und Melanie Rautscher vom Kreisjugendring stecken seit Januar viel Zeit und Energie in die Planung und Errichtung einer sogenannten Blumenbrücke. Die erstreckt sich über einen neun Kilometer langen Weg von Sechselberg bis nach Allmersbach im Tal. Auf Wiesen an dieser Strecke blühen im Abstand von höchstens 300 Metern Feldblumen als Nahrungsquelle für die Insekten.
„Das alles wäre nicht möglich ohne unsere Finanzierungspartner“, sagt Angelika Roth. Das Projekt wurde im Rahmen des Förderprogramms „Nachhaltigkeit lernen – Kinder gestalten Zukunft“ der Baden-Württemberg Stiftung und Heidehof Stiftung ins Leben gerufen. „Damit haben wir die Möglichkeit bekommen, uns kreativ auszuleben. Und uns kompetente Kooperationspartner gesucht, die uns bei der Umsetzung helfen.“
Vereine, Schulen und Kommunen unterstützen die Blumenbrücke
Diese Suche verlief erfolgreich: Der Verein Naturpark Schwäbisch-Fränkischer Wald war als kompetenter Partner unverzichtbar, als es im Frühjahr ums Bepflanzen der ausgewählten Flächen ging. Unterstützt wurde das Blumenbrückenprojekt dabei auch von der Vorbereitungsklasse des Bildungszentrums Weissacher Tal. Kinder aus elf Nationen haben dabei tatkräftig mitgeholfen. „Beim Bize haben wir auch am grünen Klassenzimmer eine Wiese neu ausgesät.“ Der zweite Verein Bienformatik kommt aus Fellbach und ist landesweit aktiv, um die modernen technischen Möglichkeiten zu nutzen, der Umwelt etwas Gutes zu tun. Sie haben eine digitale Karte, die Bienenroute, entwickelt, in der Gemeinden, aber auch Privatleute ihre kleinen Biotope wie Gärten oder bepflanzte Balkone eintragen können.
Das Projekt beruht im Wesentlichen auf zwei Bausteinen. „Es gibt diesen ökologischen Aspekt, die Natur zu schützen und zu bewahren, aber es geht auch um Wertethemen, die dabei vermittelt werden sollen“, erklärt Melanie Rautscher. „Wir versuchen, Menschen aus unterschiedlichen Herkunftsländern über viele Meinungsverschiedenheiten hinweg zusammenzuführen und Diskussionen quasi zu überbrücken. Darum passt der Begriff der Blumenbrücke im doppelten Sinne besonders gut.“
Viele Akteure profitieren von dem Projekt
Dabei profitieren alle Akteure von einander. „Jeder fügt mit seiner Expertise ein anderes Puzzleteil hinzu, damit das Projekt gelingen kann“, sagt Melanie Rautscher.
Der Weg beginnt an der Grundschule in Sechselberg. „Dort haben die Schüler Blumenkübel bepflanzt und ein Sandarium gebaut“, schwärmt Angelika Roth. Dann geht die Strecke am Bildungszentrum vorbei nach Allmersbach. Dort wurden nicht überall Blühflächen gepflanzt. Auch Sträucher oder Streuobstwiesen sind nützlich.
Kinder wurden von Anfang an in das Projekt eingebunden. „Wir wollen ihnen zeigen, dass das, was sie tun, auch nachhaltig etwas bewirken kann“, sagt Melanie Rautscher. Beim Ferienprogramm haben die Teilnehmer Insektenhotels gebaut, die nun entlang der Strecke angebracht wurden.
Die Kinder werden auch Erklärtafeln gestalten, die ebenfalls noch aufgestellt werden. Jede Blühfläche soll auf eins der Wertethemen wie Frieden, Familie, Freundschaft, Vielfalt, Inklusion und Toleranz aufmerksam machen. „Das passt total gut zu den vielfältigen Gruppen, die das Projekt mitgestaltet haben“, sagt Angelika Roth.
Wie sich die Wiesen weiterentwickeln, ist auch für die Projektkoordinatorinnen spannend. „Wir haben viel geplant und versucht, aber die Natur und das Wetter sind schwer einzuschätzen“, sagt Angelika Roth. „Eine Fläche, die wir in Lippoldsweiler bepflanzt haben, ist trotz aller Versuche hoffnungslos, da wird nie was wachsen. Dafür ist die Wiese bei der Aussegnungshalle in Sechselberg unsere größte Überraschung.“
Aus Sorgenkindern werden blühende Insektenparadiese
Melanie Rautscher ergänzt: „Als ich diese Wiese zum ersten Mal blühen gesehen habe, wusste ich, dass sich die Arbeit absolut gelohnt hat.“ Diese Fläche war ohnehin ein Sorgenkind der Gemeinde Althütte.
Und es gibt auch für den Winter weitere Pläne. „Wir wollen ein Spiel entwickeln, das das Thema für Kinder spielerisch aufgreift. Dafür würden wir gerne mit interessierten Grundschulen zusammenarbeiten, etwa um das Spiel zu testen.“
Im nächsten Jahr soll dann eine zweite Blumenbrücke entstehen. „Das Gebiet ist noch nicht festgelegt, interessierte Kooperationspartner und Gemeinden können sich gerne bei uns melden“, sagt Melanie Rautscher und lacht. Die zweite Brücke soll etwas kürzer werden, neun Kilometer waren doch eine sehr große Herausforderung. „Beim zweiten Mal wirds einfacher, jetzt wissen wir, worauf wir achten müssen.“
Offene Infoveranstaltung und Pflanzentauschbörse morgen Abend
Näheres über das Projekt Blumenbrücken können interessierte Gäste am Dienstagabend erfahren: Es ist eine offene Informationsveranstaltung mit einer Börse geplant, bei der alle möglichen Pflanzenableger verschenkt oder getauscht werden können. „Das Motto lautet: ‚Im Herbst schon ans Frühjahr denken‘“, erklärt Angelika Roth. „Wir wussten auch nicht, dass viele Samen und Zwiebeln schon im Herbst gesetzt werden müssen, damit sie im Frühjahr blühen.“
Das Informationsangebot ist vielfältig und die offen gehaltene Veranstaltung lädt dazu ein, dass jeder schauen kann, was ihn persönlich in seinem Balkon oder Garten weiterbringt. Naturparkführerin Petra Thiel und ein Vertreter des Vereins Bienformatik informieren über ihre Arbeit und ihre Projekte und sind gern bereit für Gespräche.
Der Abend findet am Bildungszentrum Weissacher Tal rund um das Grüne Klassenzimmer statt. „Als Naturparkschule passt das Bize natürlich super zum Projekt. Und die Schülerfirma unterstützt uns mit dem Catering“, sagt Angelika Roth. Das Angebot ist bewusst niederschwellig gehalten, eine Anmeldung ist nicht notwendig. Um 18.30 Uhr geht es am Dienstag los.
„Wir haben schon das Gefühl, dass wir mit dem Thema am Puls der Zeit sind“, sagt Melanie Rautscher. „Wir alle sind Teil dieser Welt und dieser Ökologie und jeder kann auch auf der kleinsten Fläche, die er bewirtschaftet, einen Beitrag dazu leisten.“
Weiterführende Informationen Den Flyer zum Projekt Blumenbrücke und zur Informationsveranstaltung findet man unter .www.wir-für-vielfalt.de und nähere Informationen zum Projekt des Vereins Bienformatik gibt es unter www.bienenroute.de.