Bürgerbus sorgt für mehr Mobilität
Pro Tour nutzen vier bis fünf Fahrgäste das kostenlose Angebot – Kritik wegen fehlenden Rollstuhlzugangs
Der Bürgerbus der Gemeinde Althütte ist seit fast acht Wochen in Betrieb und wird gut angenommen. Dreimal wöchentlich transportiert er seine Fahrgäste in eine der Nachbargemeinden zum Wocheneinkauf oder zum Arzt. Neben der Freude über das kostenlose Angebot gibt es auch Kritik. Ines Vorberg mahnt einen Zugang für Rollstuhlfahrer an.
Von Annette Hohnerlein
ALTHÜTTE. Gerd Rombold bringt den schwarzen Citroën-Transporter an der Bushaltestelle am Rathaus Althütte zum Stehen. Er hat über seinen Sohn Markus, der für die Freie Wählervereinigung im Gemeinderat sitzt, von dem Projekt erfahren und sich gleich als Fahrer gemeldet. „Das ist eine gute, unterstützenswerte Sache“, findet der 71-jährige Lutzenberger.
Martin Kwappik steigt als Erster ein. Er war früher Kunde beim Nah-und-gut-Markt in der Schulstraße, seit dessen Schließung Mitte Januar fährt er mit dem Bürgerbus zum Wocheneinkauf nach Rudersberg. „Das ist für mich sehr praktisch“, sagt er. Er besitzt selbst kein Auto, ist aber einer der 13 Bürgerbus-Fahrer. Auch Wolfgang Göttlicher hat früher im Althütter Lebensmittelmarkt eingekauft, jetzt nutzt er einmal in der Woche den Bürgerbus. Besonders schätzt er an dem neuen Angebot, dass es unkompliziert und flexibel ist. „Das ist Service, es könnte nicht besser sein“, findet er.
Gerd Rombold hat bei seinen Fahrten festgestellt, dass der Bürgerbus nicht nur praktisch ist, sondern auch eine soziale Komponente hat. „Das ist ein Stück weit ein Highlight für die älteren Leute, dass sie mal rauskommen und Unterhaltung haben.“ Daniela Binder, die Bürgerbus-Organisatorin in der Gemeinde, macht ähnliche Erfahrungen, wenn sie einmal im Monat selbst die Tour fährt, um sich nach den Wünschen und Verbesserungsvorschlägen der Fahrgäste zu erkundigen: „Hier ist manchmal eine richtig gute Stimmung im Bus.“ Manche Nutzer würden sich im Vorfeld abstimmen und dann in einer Gruppe gemeinsam auf Einkaufstour gehen.
Derzeit verläuft die Route von Sechselberg über Waldenweiler nach Althütte und dann weiter nach Rudersberg, wo verschiedene Einkaufsmöglichkeiten bestehen. Wenn ein Fahrgast möchte, kann ihn der Bus – nach vorheriger Anmeldung – auch zu Hause abholen, egal in welchem Ortsteil er wohnt. Und auch beim angesteuerten Ziel können die Nutzer mitbestimmen. Wenn sie zum Beispiel lieber nach Weissach im Tal oder Backnang möchten, fährt der Bürgerbus auch dorthin. In jedem Fall werden die Passagiere nach der Rückkehr vor ihrer Haustür abgesetzt. Und das Angebot ist noch flexibler. Wenn jemand außerhalb der geplanten Zeiten etwas zu erledigen hat, kann er sich im Rathaus melden. Daniela Binder versucht dann, einen Fahrer zu finden, der in der gewünschten Zeit verfügbar ist.
„Wenn die Leute ihre Angst überwunden haben, fahren sie mit“
Noch ist das Projekt Bürgerbus in der Testphase. Gerd Rombold hat festgestellt: „Wenn die Leute ihre Schwellenangst überwunden haben, fahren sie gerne mit. Es wird immer mehr werden.“ Auch Daniela Binder ist zufrieden mit der Resonanz. In den nächsten Monaten werde sich herausstellen, wer von den Fahrern auf Dauer bei der Stange bleibt. Und ob noch mehr Althütter das Angebot nutzen, das die Gemeinde nach der Schließung des Nah-und-gut-Markts eingerichtet hat, um die Folgen für die Bürger abzumildern. Dabei soll der Bürgerbus kein Ersatz, sondern eine Ergänzung zum öffentlichen Nahverkehr sein.
Aber es gibt nicht nur positive Stimmen. Ines Vorberg, die auf einen Rollstuhl angewiesen ist, erklärt: „Ich bin entsetzt darüber, dass nur eine bestimmte Menschengruppe, die mobil eingeschränkt ist, berücksichtigt wird.“ Für Rollstuhlfahrer sei der Bürgerbus derzeit gar nicht nutzbar, und auch für andere Gehbehinderte, zum Beispiel mit Rollator, sei es schwierig, in den Transporter einzusteigen. Vorberg, die sich in verschiedenen Organisationen für die Interessen von Menschen mit Behinderung einsetzt, schlägt eine Hebebühne oder eine ausklappbare Rampe am Heck des Fahrzeugs vor.
Das Thema Barrierefreiheit beim Bürgerbus war auch von Gemeinderätin Petra Tänzer in der Sitzung am 10. Dezember angesprochen worden, worauf Bürgermeister Reinhold Sczuka auf die Leistungen von Pflegediensten verwiesen hatte. Dies sei keine Alternative, so Ines Vorberg, denn hauswirtschaftliche Tätigkeiten wie Einkaufen würden von den Pflegediensten nicht abgedeckt. Dabei betont sie: „Die Grundidee eines Bürgerbusses finde ich super. Aber derzeit ist er eben nur für einen bestimmten Personenkreis geeignet.“
Zunächst hatte die Gemeinde alle Haltestationen und die jeweiligen Abfahrtszeiten veröffentlicht. Dieses Angebot habe allerdings den Charakter einer Buslinie, und dafür habe die Gemeinde keine Konzession, so der Einwand des Landratsamts. Der Bürgerbus würde dadurch in Konkurrenz zum ÖPNV stehen. Wie Sczuka weiter mitteilt, war man im Landratsamt aber damit einverstanden, dass während des ersten Monats die Fahrzeiten und Haltestellen veröffentlicht werden, um das Angebot bekannt zu machen. Danach wurden die Angaben auf der Homepage geändert. Damit falle diese Konstruktion nicht unter das Personenbeförderungsgesetz, so der Bürgermeister weiter. Wegen der fehlenden Konzession dürfe von den Passagieren kein Fahrpreis verlangt werden.
Wie das Landratsamt mitteilt, wurde der Bürgerbus Althütte von der Gemeinde bewusst nicht als Linienverkehr konzipiert. „Einen Fahrplan und feste Haltestellen hat es lediglich zur Einführung im Januar gegeben, um auf das Angebot aufmerksam zu machen. Gegen die Veröffentlichung des Fahrplans im Januar hatte das Landratsamt nichts einzuwenden.“ Mittlerweile fahre der Bürgerbus aber bedarfsorientiert. Insbesondere mobilitätseingeschränkte Menschen könnten sich direkt von zu Hause abholen lassen, alternativ könne der Bürgerbus auch an bestimmte andere Orte bestellt werden.
Der Bürgerbus in der Gemeinde Althütte fährt montags um 10.30 Uhr, mittwochs um 14 Uhr und freitags um 9 Uhr. Zustiegsmöglichkeiten bestehen in Sechselberg, Waldenweiler und Althütte oder – nach Anmeldung – in anderen Teilorten.
Für Personen mit eingeschränkter Mobilität besteht die Möglichkeit, von zu Hause abgeholt zu werden. Dafür kann man sich im Rathaus telefonisch unter der Nummer 07183/95959-15 bei Daniela Binder oder unter 07183/95959-0 bei Lisa Strieter anmelden.
Alle Fahrgäste werden nach dem Einkaufen nach Hause gefahren. Das Angebot in Althütte ist kostenlos.
In der Gemeinde Burgstetten startet das sogenannte Einkaufsbussle heute zur ersten Einkaufsfahrt. Die Gemeindeverwaltung und der DRK-Ortsverein arbeiten dabei Hand in Hand. Wer mitfahren möchte, wird abgeholt und auch wieder nach Hause gebracht. Jeden Donnerstag startet der Bus künftig um 10 Uhr zur Fahrt zum Rewe-Markt in Nellmersbach. Spätestens am Vortag sollte man sich bei Horst Heinrich unter der Telefonnummer 07191/69414 anmelden. Das Einkaufsbussle verfügt über acht Sitzplätze.