Busfahren in Backnang wird attraktiver
Bei verschiedenen Buslinien im Stadtgebiet können aufgrund mehrerer Änderungen ein 15-Minuten-Takt sowie eine bessere Anbindung an den Bahnhof, die Schulen und das Gesundheitszentrum erreicht werden. Die Verbesserungen greifen jedoch erst ab 2025.
Von Matthias Nothstein
Backnang. Damit die Akzeptanz beim ÖPNV steigt, versuchen die Verantwortlichen ständig, Verbesserungen zu erreichen. Das Busfahren zum Beispiel muss attraktiver werden: häufigere Anschlüsse, kürzere Wartezeiten, sichere Anbindungen an Bahn und S-Bahn. Bei der jüngsten Fortschreibung des Nahverkehrsplans, der all dies regelt, wurden auf diesem Gebiet für die Jahre ab 2025 einige Erfolge erzielt. Backnangs Oberbürgermeister Maximilian Friedrich betonte in der jüngsten Sitzung des Verwaltungs- und Finanzausschusses: „Diese Verbesserungen sind wichtig, um die Mobilitätswende weiter voranzutreiben.“ Als ein typisches Beispiel nannte er die Änderungen im Bereich Berliner Ring sowie bei Buslinien in den südlichen Stadtteilen: „Dort wird eine 15-Minuten-Taktung erreicht und das Angebot so ungemein verbessert.“
Jochen Biesinger, der Teamleiter Vergabeverfahren beim Verkehrsverbund Stuttgart (VVS), erläuterte den Ausschussmitgliedern die wesentlichen Neuigkeiten und Verbesserungen im städtischen Busverkehr. Ermöglicht wurden sie unter anderem durch die Erhöhung des kreisweiten Basisangebots. Das ist jener Teil des Busverkehrs, der komplett von Landkreis Rems-Murr bezahlt wird. Möchte die Stadt darüber hinaus mehr Verbindungen, so müssen diese vom Kreistag genehmigt und von der Stadt zur Hälfte bezahlt werden.
Im Stadtgebiet gibt es gleich mehrere solcher Zusatzwünsche, mit denen die Verlässlichkeit der Anbindung zu den S-Bahnen verbessert wird. Konkret gelingt dies mit der Überlagerung von mehreren Buslinien, wodurch eine kürzere Taktung erreicht werden kann. Einige der sogenannten Halbmesserlinien, die zum Beispiel nur von den Stadtteilen zum Bahnhof führen, werden künftig zu Durchmesserlinien erweitert und binden so viele Entwicklungsflächen besser ans Netz an.
Bei folgenden Linien kommt es zu strukturellen Änderungen:
Buslinien 361 und 369 Indirekt hat eine dieser Änderung gar Einfluss auf die Hauptlinie 361, die kreisweit die viertstärkste Buslinie mit täglich 4000 Fahrgästen ist. Sie verbindet Heiningen einmal quer durchs Stadtgebiet mit Steinbach. Nun wird ab 2025 die Linie 369, die bisher im Kuchengrund endet, über Heiningen und Waldrems nach Maubach verlängert. Das heißt: Waldrems und Heiningen haben dann zwei Buslinien, die, weil zeitlich versetzt, künftig einen 15-Minuten-Takt zur S-Bahn ermöglichen. Gleichzeitig können die Bewohner der südlichen Stadtteile dank der Verlängerung der Linie 369 komfortabler die Weissacher Straße, das Gesundheitszentrum und das Berufsschulzentrum erreichen.
Buslinien 360 und 362 Einen ähnlichen Effekt gibt es bei den Linien 360 und 362. Beide verbinden Sachsenweiler mit der Innenstadt. Während die Linie 360 über die Sulzbacher Straße und das Wasserturmgebiet weiterführt, bringt die Linie 362 die Fahrgäste über die Gartenstraße ins Plattenwaldgebiet. Durch die Überlagerung beider Linien entsteht so künftig zwischen Biegel und Sachsenweiler tagsüber von montags bis freitags ein 30-Minuten-Takt.
Buslinien 363 und 370 Zu einer Durchmesserlinie werden auch die Linien 363 und 370 fusionieren. Die Linie 363 führt dann künftig von den Schöntalen über den ZOB bis in die Murrbäder, sodass dann im Bereich ZOB bis zur Haltestelle Eintracht zusammen mit der Linie 362 ebenfalls werktags ein 30-Minuten-Takt entsteht.
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Buslinien 368 und 359 Die zweite Durchmesserlinie, die Biesinger bilden möchte, verknüpft die Linien 368 und 359. „Wir verbinden den Ast von den Lerchenäckern zum Bahnhof mit der Linie zum Staigacker.“ Da zudem in Strümpfelbach weitere Haltestellen angefahren werden, führt dies auch zu einer Entspannung beim Schulbusverkehr. Biesinger deutet damit die Probleme bei der Schülerbeförderung in Strümpfelbach an: „Wir bringen hier perspektivisch Ruhe rein.“
Verlässlichkeit ist für Kunden ebenso wichtig wie die Kosten
Der VVS-Experte nutzte die Gelegenheit, um vor den Stadträten generell Stellung zur aktuellen Situation beim ÖPNV und zum Ärger über die Bahn zu beziehen. Er betonte, dass das 49-Euro-Ticket allein nicht die Bürger zu ÖPNV-Kunden macht, sondern dass das Thema Verlässlichkeit genauso wichtig sei. Nun habe aber diese aufgrund von Baustellen und Personalmangel sehr gelitten. Der VVS stehe jedoch zwischen den Parteien, also zwischen den Betreibern und den Aufgabenträgern. Biesinger würde den Verantwortlichen gerne sagen: „So, wie ihr gerade mit der Situation umgeht: Das geht nicht!“ Er räumte ein: „Uns ist bewusst, dass der Raum Backnang in den jüngsten Wochen und Monaten über Gebühr von sehr kurzfristigen und außerplanmäßigen Ausfällen betroffen war. Und dafür möchte ich persönlich im Namen des VVS bei den Betroffenen um Entschuldigung bitten. Wir als VVS versuchen, auf die handelnden Personen einzuwirken, dass die Bedürfnisse der ÖPNV-Nutzer berücksichtigt werden. Aber wir werden bei diesem schwierigen Unterfangen nur gehört und nicht erhört. Wir sehen die prekäre Situation auf der Schiene und wir sehen die Not der Nutzer und dass einiges sehr unglücklich gelöst wird. Wir möchten als Anwalt der Kunden gegenüber Bahn und dem Verband Region Stuttgart auftreten.“
Siglinde Lohrmann (SPD) dankte Biesinger für die Entschuldigung und lobte ihn, dass er sich sehr für die Verbesserungen eingesetzt habe, ganz konkret im Raum Strümpfelbach. Sie kritisierte die Landesregierung heftig, die sich zwar auf die Fahnen geschrieben habe, den ÖPNV zu verbessern, „die uns jetzt aber auf dem Trockenen sitzen lässt“. Ihr Fraktionskollege Heinz Franke erinnerte ebenso daran, dass es ein erklärtes Ziel sei, von Individualverkehr wegzukommen. „Das schaffen wir aber nur, wenn es uns gelingt, den ÖPNV attraktiver zu machen.“ Auch Ute Ulfert (CDU) lobte die erfreuliche Entwicklung im Bereich Buslinien, „aber es wäre alles noch erfreulicher, wenn der Anschluss an die Bahn gelingen würde“. Willy Härtner (Grüne) verwies darauf, dass die Stadt früher für den BK-Bus mit 470000 Euro pro Jahr mehr bezahlt habe als derzeit. Deshalb hielt er an der Forderung fest, auch die Erweiterung der Buslinien in Richtung Rudersberg nicht aus den Augen zu verlieren. Mit einer solchen Verbindung könnten auch Schüler der Berufsschule Schorndorf den ÖPNV nutzen.
Besonderheiten Im neuen Vergabezeitraum für das Linienbündel 9 für die Jahre 2025 bis 2033 gibt es mehrere Besonderheiten. Der Zeitraum beginnt mit dem sogenannten Rumpfjahr 2025, in dem Stuttgart 21 in Betrieb gehen sollte. Nach der Inbetriebnahme wird es auch im ÖPNV gravierende Änderungen geben. Zudem gibt es temporäre Anpassungen aufgrund von Sperrzeiten und Baumaßnahmen wie etwa des Ausbaus der B14 und des Neubaus der Bahnbrücken 2027. Auch städtebaulich passiert vieles, was sich auf den ÖPNV auswirken wird. Exemplarisch genannt wird der Bau des neuen zentralen Omnibusbahnhofs (ZOB) und die Entwicklung des Quartiers Backnang-West im Rahmen der IBA 27.
Kosten Das Basisangebot für den Busverkehr wird vom VVS bezahlt. Die Kosten für Wunschverbindungen, die darüber hinaus gehen, werden von der Stadt Backnang zur Hälfte getragen. Schon 2022 hat das Gremium Verbesserungen fürs Rumpfjahr 2025 beschlossen. Für die Mehrleistungen hat die Stadt einen Eigenanteil von 183000 Euro im Etat veranschlagt. Ab 2026 beträgt der Eigenanteil jährlich 356000 Euro. Der Ausschuss hat sich jetzt einstimmig für diese zusätzlichen Leistungen ausgesprochen.