Zähneknirschen bei Söder-Anhängern aus der Südwest-CDU
dpa/lsw Stuttgart/Berlin. Der Machtkampf in der Union ist entschieden. Nun gilt es, den Riss zu kitten, der auch durch die Südwest-CDU verläuft. In einem Punkt ist man sich einig: Das nächste Mal muss das ganz anders laufen.

Marc Biadacz (CDU) spricht im Bundestag. Foto: Christoph Soeder/dpa/Archivbild
Nach dem tagelangen Machtkampf in der Union pochen CDU-Politiker aus dem Südwesten auf geordnetere Verfahren in der Zukunft. „Es war höchste Zeit, dass die Entscheidung fiel. Es drohte ein Schaden für die gesamte Union“, sagte etwa CDU-Fraktionschef Wolfgang Reinhart am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. „Ich hätte mir eine geräuschlosere Entscheidung gewünscht.“ Die Union müsse darüber nachdenken, wie das Prozedere in solchen Fällen verbessert werden könne. „So, wie es jetzt gelaufen ist, sollte es künftig jedenfalls nicht mehr laufen.“
Einige Unionspolitiker aus dem Südwesten hatten sich in dem Kampf um die Kandidatur offen hinter Söder gestellt - und damit gegen Laschet. Sie nahmen die Entscheidung vom Dienstag mit Bedauern und Zähneknirschen hin. „Ich bedauere, dass wir als Union sein Angebot nicht angenommen haben“, sagte der Reutlinger Bundestagsabgeordnete Michael Donth zu Söders Bereitschaft zur Kandidatur. „Wir haben gesehen, welche Zugkraft von ihm ausgegangen ist.“ Laschet müsse die Union nun zusammenführen. Donth sprach von einer „gewissen Enttäuschung“. „Aber nicht so, dass ich drei Wochen den Kopf in den Sand stecke und in Depression verfalle.“
„Markus Söder wäre ein starkes Zugpferd gewesen im Südwesten“, sagte der CDU-Wahlkreiskandidat Yannick Bury (Emmendingen-Lahr). „Wir werden für künftige Fragen dieser Art ein geordneteres Verfahren brauchen - und damit verbunden würde ich mir wünschen, über die Gremien hinaus die Breite der Partei stärker abzubilden.“ Der Abgeordnete Alexander Throm aus Heilbronn sagte: „Ich hatte eine andere Präferenz. Jetzt ist es entschieden und wir kämpfen gemeinsam.“
Auch der Böblinger CDU-Bundestagsabgeordnete Marc Biadacz forderte ein ordentlicheres Verfahren für die Zukunft. Das sei sicherlich kein guter Start für den Bundestagswahlkampf gewesen, sagte Biadacz. Die Grünen hätten da ein besseres „Drehbuch“ gehabt. Ähnlich äußerte sich der CDU-Bundestagsabgeordnete Markus Grübel aus Esslingen. In der Zukunft müsse die Basis besser eingebunden werden.
Eine Gruppe von sieben CDU-Politikern, darunter Biadacz, Throm, Donth, Bury und Grübel, hatten in dem Machtkampf in einem öffentlichen Brief für Söder geworben. Offensiv hatte auch der Vorsitzende des Parlamentskreis Mittelstand der Unionsfraktion im Bundestag und CDU-Abgeordnete aus Schwäbisch Hall/Hohenlohe, Christian von Stetten, für Söder getrommelt. Von Stetten hatte am Dienstagabend noch den CDU-Bundesvorstand aufgerufen, bei der Entscheidung die Stimmung in der Unionsfraktion zu berücksichtigen. „Alles andere wäre politischer Selbstmord“, sagte von Stetten. In der Bundestagsfraktion hatte Söder einigen Zuspruch erfahren.
Der CDU-Landeschef und Bundes-Vizevorsitzende Thomas Strobl hatte hingegen für NRW-Ministerpräsident Laschet als Kanzlerkandidat plädiert. In der entscheidenden Sondersitzung des CDU-Bundesvorstands am Dienstagabend bekam Laschet Unterstützung von Strobl. „Eine der großen Stärken von Armin Laschet ist: Er kann integrieren, zusammenführen“, teilte Strobl dann nach der Entscheidung am Dienstag mit. „Seine Ausdauer in den letzten Tagen nötigt mir Respekt ab. Er ist aus Kanzlerholz geschnitzt.“ Er habe für Armin Laschet gestimmt, sagte Strobl - „und ich traue Armin Laschet zu, jetzt innerhalb der CDU und auch zwischen den beiden Unionsparteien Brücken zu bauen.“
„Der Findungsprozess in der Kandidatenfrage wurde deutlich härter geführt, als ich es mir anfänglich vorstellen konnte“, sagte der stellvertretende Vorsitzende der Unionsbundestagsfraktion, Thorsten Frei, der auch stellvertretender Landesvorsitzender im Südwesten ist. „Nun müssen die ohne Frage aufgerissenen Gräben schnell zugeschüttet werden und alle Beteiligten müssen aufeinander zugehen.“ CDU und CSU würden nur gemeinsam erfolgreich sein. „Jetzt gilt es, Armin Laschet als unseren Frontmann mit aller Kraft zu unterstützen.“
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Wolfgang Reinhart (CDU) auf dem Weg zu einem Termin. Foto: Marijan Murat/dpa/Archivbild