Chef des Landesarchivs schließt Bezahlschranke aus

dpa/lsw Stuttgart. Archive sind nach Ansicht des Präsidenten des Landesarchivs Baden-Württemberg, Gerald Maier, ein kostenloses Angebot und müssen es weiter bleiben. „Es darf für die Nutzung von Archivgut keine Bezahlschranke geben“, sagte Maier den „Stuttgarter Nachrichten“ (Mittwoch). „Wir legen im Sinne des Open-Access-Gedankens großen Wert auf eine kostenlose Einsicht in das Material in unseren Lesesälen und im Netz.“ Ein Archiv gänzlich als Cloud-Lösung organisiert, sei keine Option.

Sammelstellen müssten aber sorgsam auswählen. „Wir suchen schon heute aus der Masse des entstehenden Materials das "Archivwürdige’ heraus“, sagte Maier. Es würden nur fünf Prozent aller Unterlagen archiviert, gesichert und für die Nutzung aufbereitet. „Wenn hier weiter reduziert würde - aus welchen Gründen auch immer, entständen Lücken in der Erinnerung, "schwarze Löcher der Geschichte", zu denen uns und künftigen Generationen wichtige Informationen fehlen würden.“ Allerdings werde der Zeitraum der Geschichte mit jedem erlebten Tag auch länger. „Archive mit ihrem Auftrag der Dokumentation der Geschichte müssen notwendigerweise immer weiter wachsen.“

Eine lückenlose Digitalisierung des Materials sei auf diesem Weg kaum umzusetzen, sagte Maier. „Eine Komplettdigitalisierung aller Unterlagen des Landesarchivs mit über 320 Regalkilometern Pergament und Papier ist wohl auf lange Zeit nicht finanzierbar.“ Es gehe um über eine Milliarde Digitalisate. „Selbst bei einer Volldigitalisierung mit einer automatischen Texterkennung für handschriftliches Material - die es derzeit ohnehin nur für einen ganz kleinen Bruchteil der Unterlagen gibt - würden sich wie bei Internetrecherchen ellenlange Trefferlisten ergeben, in denen das Gesuchte untergeht“.

Er hält eine „Digitization on Demand“, eine Sicherung der Originale mit einer ausgewählten Digitalisierung, für möglich. Außerdem schätze der Besucher das Original: „Wenn die Menschen ins Museum gehen, wollen sie auch die Aura der Originale spüren, sei es ein keltisches Schmuckstück oder ein berühmtes Bild wie die Mona Lisa - und genauso ist es auch mit Archivgut.“

© dpa-infocom, dpa:210310-99-759350/2

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Erstellt:
10. März 2021, 07:54 Uhr

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