Europa im Ausnahmezustand

Das ist die aktuelle Hochwasserlage

Starker Regen setzt ganze Landstriche in Tschechien, Polen und Österreich unter Wasser. Mehrere Menschen sterben. Und auch im Osten Deutschlands lassen steigende Wasserstände Anwohner bangen.

Bohumín (Oderberg): Fahrzeuge stehen auf der gesperrten Autobahn D1, die zum Teil unter Wasser steht. Ganze Regionen in Tschechien leiden unter einem Jahrhunderthochwasser.

© Sznapka Petr/CTK/dpa

Bohumín (Oderberg): Fahrzeuge stehen auf der gesperrten Autobahn D1, die zum Teil unter Wasser steht. Ganze Regionen in Tschechien leiden unter einem Jahrhunderthochwasser.

Von Markus Brauer/dpa

Polen und Tschechien stemmen sich gegen die Folgen eines Jahrhunderthochwassers und auch in Niederösterreich ist die Lage nach starken Regenfällen kritisch. Ein Überblick über die aktuelle Hochwasserlage:

In mehreren EU-Ländern kamen Menschen wegen der Überschwemmungen ums Leben: Ein Feuerwehrmann starb in Österreich, ein Mann in Polen, sechs Menschen kamen in Rumänien um.

Deutschland

 

 

  • Dresden: An der Elbe in Sachsen steigen die Pegelstände weiter an. Nach Daten des Landeshochwasserzentrums lag der Wert in Dresden am Montagmorgen (16. September) bei 5,54 Metern. Demnach wird noch im Tagesverlauf mit einem Überschreiten der Sechs-Meter-Markierung gerechnet. Ab diesem Wert gilt die zweithöchste Alarmstufe drei. Dabei sind Überschwemmungen auch von bebauten Gebieten möglich. Zum Vergleich: Der Normalstand der Elbe beträgt am Dresdner Pegel rund 2 Meter, beim Jahrhunderthochwasser 2002 waren es am Höhepunkt 9,40 Meter.

 

 

  • Schöna: Am Pegel in Schöna an der Elbe nahe der tschechischen Grenze ist diese Stufe bereits erreicht, dort lag der Pegelstand bei 6,09 Metern.
  • Görlitz: Auch an der Lausitzer Neiße bei Görlitz an der Grenze zu Polen gilt Alarmstufe drei. Das Wasser stand dort bei 5,56 Metern und damit nur wenige Zentimeter von der höchsten Alarmstufe vier entfernt. Ein Abschnitt der Bundesstraße 99 sei in Görlitz aus Sicherheitsgründen gesperrt worden, teilte ein Sprecher der Polizei mit Der Richtwert für Warnstufe 3 liegt hier bei 4,80 Metern.
  • Passau: In Passau geht das Hochwasser von Donau und Inn bisher nur leicht zurück. Der Pegel Passau der Donau zeigte am Morgen einen Wert von 7,24 Meter an. Das sind etwa 20 Zentimeter weniger als am Sonntagnachmittag, wie aus Angaben des Hochwassernachrichtendienstes Bayern hervorgeht. Zum Vergleich: Vor den Unwettern und dem Dauerregen am Wochenende im Süden und Südosten des Freistaates waren es am Donnerstagabend (12. September) noch knapp unter 5 Meter.

 

 

Österreich

 

 

  • Wien: Das Bundesland um Wien ist vom Hochwasser so stark getroffen wie nie zuvor und komplett zum Katastrophengebiet erklärt worden. In der Hauptstadt Wien wurde der Wienfluss von einem Rinnsal zu einem reißenden Strom. Dort ist das Hochwasser so hoch, wie es statistisch nur einmal alle 100 Jahre erwartet wird. Neuer Regen am Montag dürfte den Wienfluss weiter anschwellen lassen, weil er viele Zuflüsse aus anderen Hochwassergebieten hat.
  • Ottenstein: Am Stausee Ottenstein wird durch die Hochwasserklappen kontrolliert Wasser abgelassen. Das soll plötzliche Flutwellen verhindern, verschärft aber zunächst flussabwärts am Lauf des bereits angeschwollenen Flusses Kamp die dramatische Hochwasserlage. Anwohner und Tausende Freiwillige versuchten, ihre Häuser mit Sandsack-Wällen zu schützen.
  • Niederösterreich: Im von Hochwasser betroffenen Gebieten steht ein weiterer Tag mit teils großen Regenmengen bevor. Das berichtete der Wetterdienst des Senders ORF. Bis Dienstag (17. September) werden in Niederösterreich bis zu 60 weitere Liter Regen pro Quadratmeter erwartet. Laut den Wetterfachleuten des Senders ORF sind von Tirol bis ins östliche Österreich an manchen Orten auch noch größere Mengen möglich.
  • St. Pölten: In St. Pölten brach ein Damm und setzte einige Dutzend Häuser unter Wasser. Bis zu 150 Menschen sind betroffen. Die Gemeinde richtete Notunterkünfte ein.

 

 

Polen

  • Breslau: Nach schweren Unwettern und Überschwemmungen im Südwesten Polens bereitet sich die Stadt Breslau (Wroclaw) in Niederschlesien auf eine Flutwelle vor. Bürgermeister Jacek Sutryk rief Hochwasseralarm für die Stadt an der Oder aus. Voraussichtlich wird die Flutwelle Breslau am Mittwoch (18. September) erreichen. Die bisherigen Prognosen, wonach Breslau nicht so stark betroffen seien werde, seien korrigiert worden, so Sutryk.

Die Lage in Polen wird immer dramatischer. Riesige #Fluten durch den gebrochenen #Staudamm strömen in die #Flüsse, die sowieso schon #Hochwasser haben! In #Deutschland sollte alle Flusspegel die aus Polen zulaufen, genau beobachtet werden und Updates geben! ⚠️⛔️ https://t.co/yPXLGLtQtipic.twitter.com/IPawwBR4Ym — Sturmwetter (@sturmwetter1703) September 15, 2024

  • Klodzko: Nach dem Bruch eines Staudamms im Schneegebirge an Polens Grenze zu Tschechien verschärft sich die Situation in der polnischen Kleinstadt Klodzko weiter. Eine neue Flutwelle habe den Ort erreicht, berichtete Bürgermeister Michal Piszko. Die Glatzer Neiße, ein Nebenfluss der Oder, habe nun bei Klodzko einen Pegelstand von 6,84 Meter. Üblich ist ein durchschnittlicher Wasserstand von etwa einem Meter, wie ein Sprecher der Feuerwehr berichtete.

 

 

  • Krosnovice: Im Dorf Krosnovice unweit von Klodzko kam nach Polizeiangaben ein Mann ums Leben. Die Einsatzkräfte konnten ihn zunächst nicht bergen, da der Ort überflutet war.
  • Stronie Slaskie: Zuvor war im niederschlesischen Stronie Slaskie ein Staudamm gebrochen. Das Wasser fließt nun von dort über den Fluss Biala Ladecka in die Glatzer Neiße.
  • Nysa: In der Nacht zum Montag war die Kleinstadt Nysa in der Region Oppeln betroffen. Das Wasser aus der Glatzer Neiße drang in die Notaufnahmestation des örtlichen Kreiskrankenhauses eine. Insgesamt 33 Patienten wurden von dort mit Schlauchbooten in Sicherheit gebracht, darunter auch Kinder und Schwangere.

Tschechien

 

 

  • Krnov: In ganz Tschechien wird am Montag mit weiterem Regen gerechnet, der im Süden auch intensiv ausfallen kann. Besonders dramatisch ist die Situation in der tschechischen Stadt Krnov, die am Sonntag fast komplett überflutet wurde. Der stellvertretende Bürgermeister Miroslav Binar teilte mit, die Lage sei schlimmer als bei der Flutkatastrophe von 1997. In der Kleinstadt, die 23 000 Einwohner hat und rund 240 Kilometer östlich von Prag liegt, vereinen sich die Flüsse Opava und Opavice.
  • Opava/Ostrava: Kritisch war die Lage auch an vielen anderen Orten im Osten des Landes, etwa in den Städten Opava und Ostrava.

 

 

  • Litovel: Auch in den übrigen Hochwasser- und Überschwemmungsgebieten in Tschechien ist noch keine Entspannung in Sicht. Die Flutwelle an der March (Morava) erreichte Litovel, knapp 200 Kilometer östlich von Prag. Dort standen ganze Straßenzüge unter Wasser.

 

 

  • Frydlant: Auch an vielen anderen Orten stiegen die Pegelstände noch an. Für die Gegend um die Stadt Frydlant in Nordböhmen wurde eine Gefahrenlage ausgerufen.
  • Hradec Kralove: In Hradec Kralove (Königgrätz) an der Elbe galt nun die höchste Hochwasser-Alarmstufe.
  • Usti nad Labem: In Usti nad Labem (Aussig an der Elbe) nahe der Grenze zu Sachsen sollten im Laufe des Tages weitere Hochwasser-Schutzwände errichtet werden, die das Zentrum und den Stadtteil Strekov (Schreckenstein) schützen sollen. Der Scheitelpunkt der Elbe wurde dort erst am Mittwoch bei rund 7,65 Metern über dem Pegel-Nullpunkt erwartet.
  • Jesenik/Krnov: Bei den schwersten Unwettern seit Jahren flossen am Wochenende (14./15. September) Wassermassen durch ganze Städte wie Jesenik im Altvatergebirge und Krnov an der Grenze zu Polen. In Jesenik mussten die Einsatzkräfte Hunderte Menschen mit Booten und Hubschraubern aus den Fluten retten. Nach dem Abfluss der Wassermassen drohten vielerorts Erdrutsche.

Wegen der Erderwärmung gibt es in vielen Regionen häufiger und öfter extremes Wetter. Zu den Folgen gehören auch Überflutungen. 

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Erstellt:
16. September 2024, 09:02 Uhr

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