Das Straßenfest ist ein lohnender Kraftakt für Vereine
Für Vereine, die einen Stand auf dem Backnanger Straßenfest betreiben, bedeuten die vier Tage Ende Juni jede Menge Arbeit und Organisationsaufwand. Der wirtschaftliche Nutzen überwiegt jedoch und nicht wenige Helfer verbinden ihre Schichten mit Spaß.
Von Kai Wieland
Backnang. Es ist Samstagabend, von der Electro-Bühne hämmern die Bässe bis in den Graben, die Straßen werden immer voller, die Schlangen an den Tresen der Stände länger. Durchatmen ist für die Helferinnen und Helfer jetzt oftmals kaum mehr möglich, von allen Seiten werden Bestellungen gerufen und Aufmerksamkeit gefordert. Für erprobte Barkeeper ist das Alltag, für ehrenamtliche Standdienste kann es hingegen schnell in Stress ausarten.
Stundenlanges Würstebraten, Bier um Bier zapfen und über den Tresen schieben, Bänke schleppen... Vier Tage Festbetrieb können sehr lang sein. „Über das ganze Straßenfest-Wochenende müssen über 50 Arbeitsschichten besetzt werden, bestehend aus Aufbau, Abbau, Ausschank und Nachtwache“, erklärt Matti Burkhardt von den Backnang Wolverines, die im Biegel einen großen Getränkestand betreiben. „Wenn man bedenkt, dass wir nur etwa 130 Mitglieder haben, ist das schon ein Mammutprojekt. Jeder Spieler der aktiven Mannschaft wird an dem Wochenende in irgendeiner Form im Einsatz sein. Der Vorstand arbeitet teilweise von Donnerstag bis Dienstag durch mit drei bis vier Stunden Schlaf pro Nacht, wenn überhaupt.“
Das Straßenfest ist für Vereine zweifellos ein Kraftakt. Es ist andererseits aber kein Zwang, sondern vor allem eine ausgezeichnete Gelegenheit, um die Kasse aufzubessern, und nicht wenigen bereitet der Dienst am Stand auch Freude. „Das Straßenfest hat für uns eine ganz besondere Bedeutung“, ergänzt Matti Burkhardt. „Wir sind seit vielen Jahren mit einem Stand dabei und es ist jedes Jahr eine tolle Party. Der Spaß lässt einen die Anstrengungen zumindest teilweise vergessen.“
Ein Sharing-Modell existiert, hat aber seine Schwächen
„Grundsätzlich ziehen die Vereine mit ihren Ständen am liebsten die ganzen vier Tage durch“, bestätigt Sanoj Abraham, Leiter des Festivalbüros, in Folge eins unseres Straßenfest-Podcasts „Koi Zeit“ mit Blick auf die Vereinskassen. „Die Schwierigkeit ist einfach, für vier Tage Personal zu finden, und zwar nicht nur für den Verkauf, sondern auch für den Auf- und Abbau.“ Schon im vergangenen Jahr habe man daher ein Sharing-Modell angeboten, mit dem sich Vereine einen Stand teilen können. Allerdings habe dieses seine Schwächen, räumt Abraham ein. „Wenn man nur einen oder zwei Tage verkauft, hat man dennoch einen großen Aufwand in der Organisation für weniger Umsatz. Außerdem sind Freitag und Samstag natürlich umsatzstärkere Tage als Sonntag und Montag, es ist also schwierig, das fair zu gestalten.“ Im vergangenen Jahr wurde das Sharing-Modell daher auch nur zweimal in Anspruch genommen, im laufenden Jahr offenbar nur einmal.
Auch der Backnanger Karnevals-Club (BKC) ist in diesem Jahr, wie überhaupt fast seit Anbeginn des Straßenfests, wieder mit von der Partie. „Es ist positiv, dass wir seit vergangenem Jahr schon am Mittwoch aufbauen dürfen und damit zwei Tage haben, das entzerrt die Sache“, lobt Vereinspräsidentin Gabi Kallfaß. „Wir haben 100 Leute im Einsatz, sodass wir die Abende in zwei Schichten teilen können. Man braucht dann zwar mehr Helfer, für die ist es aber etwas entspannter.“ Insgesamt nimmt man beim BKC die Mühen aber gerne auf sich. „Das Straßenfest ist letzten Endes die Einnahmequelle schlechthin“, sagt Kallfaß. „Wir kommen mit den Rahmenbedingungen gut zurecht und hatten immer ein tolles Verhältnis sowohl zu Jürgen Häfner als auch jetzt zu Sanoj Abraham und Violeta Zobel.“
Für manche Vereine steht der Spaß am Schankdienst im Vordergrund
Während das Straßenfest für viele Vereine vor allem eine wichtige finanzielle Stütze bedeutet, war ein Stand auf der Veranstaltung für andere wie Team Deluxe Auenwald oder Hopfen&Schall mehr oder minder der Gründungsanlass. „Wir haben den Verein 2019 ja zu diesem Zweck ins Leben gerufen, und nicht, um Geld zu verdienen“, erklärt Marcus Maurer von Hopfen&Schall. „Auslöser war, dass unsere Generation keinen richtigen Anlaufpunkt hatte. Wir sind mit dem Juze aufgewachsen, für die Jugendmeile aber doch irgendwie schon zu alt.“ Mit etwa 20 Leuten organisieren sie deshalb ihren eigenen Stand in der Grabenstraße, wobei ein harter Kern von sieben bis acht Personen einen Großteil der Schichten übernimmt. Die zu füllen sei für sie dennoch kein Problem gewesen, erklärt Maurer. „Wir sind sowieso hier und ob wir jetzt an einem anderen Stand herumstehen oder an unserem eigenen Bier verkaufen, ist auch egal.“
Dass sich Standdienst und Spaß nicht ausschließen müssen, zeigt sich am Straßenfest-Wochenende überhaupt immer wieder. Fabian Lenz, aktiver Spieler der Backnang Wolverines auf der Position des Kickers, unterstützt zum Beispiel am Samstagnachmittag seine Kollegen, dabei ist er gar nicht zum Arbeiten eingeteilt. „Ich war gestern Abend schon im Einsatz, da war wirklich viel los. Heute Nachmittag ist es entspannt, ich bin einfach zum Spaß da.“
Eine solche Einstellung erkennt Jörg Blaetter von der TSG Backnang Basketball auch beim Großteil seiner Mitglieder. 60 Helferinnen und Helfer sind beim Stand an der Ecke Volksbank während des Straßenfests im Einsatz. „Wir haben einen Monat vorher angefangen, die Schichtpläne zu füllen. Das hat naturgemäß etwas gedauert, in Summe aber gut geklappt. Wir haben einen starken Zusammenhalt.“ Das Straßenfest habe für die Basketballer der TSG einen hohen Stellenwert, betont Blaetter. „Wir fühlen eine starke Verbindung zur Stadt und zu ihren Bürgerinnen und Bürgern, deswegen haben wir auch den Stadtturm auf unserem Logo.“ Natürlich spiele der finanzielle Aspekt ebenfalls eine wichtige Rolle. „Man darf nicht vergessen, dass wir die finanziellen Einnahmen benötigen, um gute Trainer an den Verein zu binden und so unsere Jugendspieler top auszubilden.“ Wer sich am Freitag- oder Samstagabend durch die Schillerstraße zwängt, hegt keinen Zweifel am Erfolg des Unterfangens. Zwischen dem DJ-Areal am Merlin-Stand, dem Karnevals-Club und der TSG Basketball stauen sich die Massen regelrecht.
„Gestern Abend war super“, bestätigt Stephanie Mayer, die am Sonntagmittag am Stand des BKC arbeitet. „Aber Freitag war wirklich ein Rekord.“ Sie teilt sich mit ihren Kollegen eine der längeren, aber entspannteren Schichten. „Der Sonntag ist meistens ruhiger, dann sind auch viele Familien unterwegs.“ Die Schichteinteilung des Vereins scheint aufzugehen, die ganze Standbelegschaft ist erstmals im Einsatz und wirkt dementsprechend erholt. Der Karnevals-Club kann ein positives Fazit ziehen und wird sicherlich auch bei zukünften Straßenfesten wieder seinen Teil zum Gelingen beitragen, ebenso wie viele weitere Vereine. „Für uns ist das schon lange eine große Tradition“, sagt Gabi Kallfaß.
Podcast In der ersten Folge unseres Straßenfest-Podcasts „Koi Zeit“ spricht Sanoj Abraham, Leiter des Festivalbüros, unter anderem über die Vereine und die Standbelegung. Der Podcast ist unter www.bkz.de/podcast zu finden: Einfach Start klicken und schon gehts los.