d&b Audiotechnik: Mehr Platz für den Neustart nach der Krise
Während der Pandemie hatte die Backnanger Firma d&b Audiotechnik schwer zu leiden. Inzwischen ist das Unternehmen aber schon wieder auf Wachstumskurs. Diese Woche wurde eine neue Produktionshalle eingeweiht.

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Das d&b-Führungstrio Amnon Harman, Markus Strohmeier und Jens Nilsson (von links) blickt wieder optimistisch in die Zukunft. Die neue Produktionshalle soll bis Ende des Jahres in Betrieb gehen. Foto: Alexander Becher
Von Kornelius Fritz
Backnang. Optisch haben das nüchterne Auditorium der Firma d&b Audiotechnik in Backnang und die prachtvolle Kirche St. Vitale in Ravenna keine Ähnlichkeiten. Akustisch kann Ralf Zuleeg die italienische Kathedrale aber ganz einfach an die Murr verlegen. Denn den Soundtechnikern von d&b ist es gelungen, die besondere Akustik des Kirchenraums einzufangen und technisch zu simulieren. Nun reicht ein Knopfdruck von Zuleeg, um das Streichquartett auf der Bühne virtuell in der byzantinischen Kirche spielen zu lassen – oder in berühmten Konzertsälen auf der ganzen Welt. Die Illusion ist verblüffend, wie die Gäste bezeugen können, die diese Woche auf Einladung von d&b nach Backnang kamen.
Anlass war die offizielle Einweihung der neuen Produktionshalle T (siehe Infobox). Die sollte eigentlich schon längst in Betrieb sein, doch die Coronapandemie hatte d&b Audiotechnik vor zwei Jahren unsanft ausgebremst. Von einem Tag auf den anderen wurden weltweit alle Großveranstaltungen abgesagt, Beschallungssysteme brauchte plötzlich keiner mehr. Nach vielen Jahren mit zweistelligen Wachstumsraten brach der Umsatz 2020 um die Hälfte ein. Erstmals musste d&b sogar rund 80 Beschäftigten betriebsbedingt kündigen.
In der Coronakrise hat sich die Firma breiter aufgestellt
Zwei Jahre später sieht die Welt schon wieder ganz anders aus: „Wir werden voraussichtlich schon in diesem Jahr wieder den Umsatz wie vor Corona erreichen“, sagt Amnon Harman. Das wären rund 170 Millionen Euro. Eigentlich hatte der Geschäftsführer frühestens 2023 damit gerechnet. Auch die Mitarbeiterzahl wächst wieder: Alleine in diesem Jahr sollen es am Ende rund 135 Neueinstellungen sein. Darunter sind auch einige Rückkehrer, die vor zwei Jahren gehen mussten. Insgesamt beschäftigt d&b aktuell rund 720 Personen, davon etwa 450 am Stammsitz in Backnang.
d&b hat im vergangenen Jahr zwei Firmen aus England gekauft
Für die schnelle Erholung gibt es laut Harman mehrere Gründe. Zum einen gebe es Nachholeffekte: Investitionen, die Konzerthäuser und Veranstalter in der Coronazeit verschoben hatten, werden nun getätigt. Zum anderen profitiere das Backnanger Unternehmen auch davon, dass man sich in der Krise breiter aufgestellt habe. So hat d&b im vergangenen Jahr zwei Firmen aus England gekauft und in das neue Tochterunternehmen d&b Solutions integriert. „Viele wollen heute Lösungen aus einer Hand“, erklärt Harman, die könne man ihnen jetzt bieten.
d&b Solutions berät seine Kunden bereits bei der Planung von Veranstaltungshallen und Konzertsälen. Das Know-how beschränkt sich dabei nicht nur auf die Tontechnik, sondern bezieht auch Video und Licht mit ein. „So holen wir unsere Kunden schon viel früher ab“, erklärt der Geschäftsführer. Mit dem angenehmen Nebeneffekt, dass die Aufträge für die Beschallungstechnik am Ende natürlich nach Backnang gehen. Die Coronazeit hat auch einige neue Trends hervorgebracht, von denen d&b profitieren möchte. Kundenveranstaltungen und Kongresse finden inzwischen nicht nur in Präsenz statt, sondern oft in hybrider Form. Damit die Teilnehmer auch in der Ferne das Gefühl haben, live dabei zu sein, ist eine ausgezeichnete Tonwiedergabe nötig. Selbst Konzerte könnten künftig in dieser Form übertragen werden, glaubt Amnon Harman: „Für ein U2-Konzert extra nach London zu fliegen, ist schon im Hinblick auf den Klimaschutz kaum noch vertretbar.“ Mit hochwertigen Soundsystemen von d&b ließe sich die Konzertatmosphäre vielleicht auch aus der Ferne erleben.
Firma lockt Mitarbeiter mit Homeoffice und Garagenflair
Neben seiner Produktpalette versucht d&b die Kundschaft auch mit neuen Serviceangeboten zu überzeugen. Dabei geht es zum Beispiel um die Frage, wie man die nach der Pandemie finanziell noch recht klamme Veranstaltungsbranche davon überzeugen kann, in die nicht gerade günstige d&b-Technik zu investieren. Um die Hürden für den Einstieg zu senken, verkauft das Unternehmen zum Beispiel gebrauchte Soundsysteme, die in Backnang aufbereitet und technisch auf den neuesten Stand gebracht werden. Auch Miet- und Leasingmodelle bietet d&b neuerdings an.
„Die Krise hat wie ein Katalysator gewirkt, um manche Projekte, die wir schon länger in der Pipeline hatten, anzugehen“, sagt Geschäftsführer Harman. Er ist zuversichtlich, dass d&b wieder an den Wachstumskurs aus der Vor-Corona-Zeit anknüpfen kann. Deshalb ist er auch froh, dass der Bau der neuen Halle vor zwei Jahren nicht gestoppt wurde, obwohl zwei Monate nach dem Spatenstich die Pandemie begann.
In Russland macht man mittlerweile keine Geschäfte mehr
Heute gibt es andere Probleme: In Russland mache man mittlerweile keine Geschäfte mehr, versichert Amnon Harman. d&b Audiotechnik kann es verschmerzen, denn der Umsatzanteil lag dort nur bei etwa zwei Prozent. Das Holz für die Boxen kam dagegen größtenteils aus Russland. Hier seien die Lieferanten nun auf der Suche nach neuen Bezugsquellen, sagt Harman und ist froh, dass das Holzlager momentan noch gut gefüllt ist.
Auch die Suche nach qualifiziertem Personal wird für d&b immer schwieriger. „Wir stehen im Wettbewerb mit vielen anderen Unternehmen aus der Region“, sagt Harman. So seien etwa Softwareingenieure auf dem Arbeitsmarkt kaum zu finden. Beim Wettbieten um das höchste Gehalt möchte sich d&b aber nicht beteiligen. Stattdessen setzt man auf die besondere Atmosphäre, die laut Harman „noch immer ein bisschen wie in der Garage ist“.
Außerdem lockt d&b mit flexiblen Arbeitszeitmodellen und Homeoffice: Wer nicht gerade in der Produktion tätig ist, kann immer montags und freitags von zu Hause arbeiten. Einige Mitarbeiter sind sogar fast ausschließlich im Homeoffice. Das ermöglicht es d&b, Fachkräfte einzustellen, die nicht aus dem Raum Backnang kommen und auch nicht umziehen wollen.
Das Unternehmen selbst bekennt sich hingegen klar zu der Stadt, in der es seit 1989 seinen Sitz hat. Die aktuellen Investitionen am Standort unterstreichen das. Sehr zur Freude von Oberbürgermeister Maximilian Friedrich, der auch zu den Gästen bei der Eröffnungsfeier zählte. Dabei sicherte der OB d&b weiterhin seine Unterstützung zu: „Ich denke, beide Seiten wissen, was sie aneinander haben.“
Investitionen Die neue Produktionshalle ist eines von drei Teilprojekten, die die d&b-Produktion für das zukünftige Wachstum fit machen sollen. Das Gebäude wurde von der Dibag Industriebau errichtet und langfristig an d&b vermietet. Zusätzlich investiert auch das Unternehmen selbst rund zehn Millionen Euro am Standort Backnang.
Oberflächenzentrum In der neuen Halle werden voraussichtlich ab Ende des Jahres Gehäuse für Lautsprecherboxen produziert. Auf einer Fläche von 3000 Quadratmetern entsteht ein sogenanntes Oberflächenzentrum. Dort werden Holzteile bearbeitet, lackiert und anschließend zu Boxen montiert. Eine Energiezentrale im Untergeschoss mit zwei Blockheizkraftwerken versorgt die neue Halle mit Strom und Wärme.