Winfried Kretschmann gefällt’s im Rems-Murr-Kreis
Winfried Kretschmann besucht gestern drei Stationen im Rems-Murr-Kreis. Das grüne Klassenzimmer in Allmersbach im Tal stößt beim Landesvater auf großen Gefallen, ebenso die Aktivitäten des Beruflichen Schulzentrums Backnang im Bereich Wasserstofftechnologien.

© Alexander Becher
Im Allmersbacher Freiluftklassenzimmer tritt klar hervor, dass Winfried Kretschmann einstens selbst Lehrer war.Fotos: Alexander Becher
Von Matthias Nothstein
und Nils Graefe
Backnang/Allmersbach im Tal. Ministerpräsident Winfried Kretschmann schwärmt bei seinem gestrigen Besuch im Rems-Murr-Kreis von der schönen Natur- und Kulturlandschaften wie den Wäldern und Weinbergen und von der Hightech und der Tradition der Raumschaft. „Hier gibt es einfallsreiche mittelständische Betriebe, Weltmarktführer, starke Kommunen und eine engagierte Bürgerschaft.“ Am Ende des Tages gibt es in Backnang, Allmersbach im Tal und Winterbach drei Goldene Bücher, in denen ganz frisch der Namenszug des 75-Jährigen prangt. Und viel glückliche Lokalprominenz.
Winterbach „Gut. Passt. So muss man es machen“, war Winfried Kretschmanns kurzes und launiges Resümee, nach der geführten Tour entlang des renaturierten Rems-Abschnittes in Winterbach. Auch die von dort zu sehenden Goldboden-Windräder und entlang des Flussufers verlaufenden Radwege fanden sein Gefallen. Die Menschentraube aus lokaler Politprominenz, Landtagsabgeordneten, Landrat Richard Sigel und Bürgermeister Sven Müller, sowie Ministerpräsidenten-Entourage bewegte entlang des Flusses zur Begutachtung der Renaturierung, die dort 2019 zur Landesgartenschau umgesetzt worden war.
Seither hat sich jedoch erneut viel getan, die Natur den Fluss- und Uferverlauf erneut selbst umgestaltet. Die Artenvielfalt hat als Folge zugenommen, erläuterte Projektleitern Uta Felsen vom Regierungspräsidium. „Das war auch das Ziel des Projekts, eigendynamische Entwicklungen anzustoßen, damit sich Tiere und Pflanzen hier ansiedeln können.“ Das Flussbett habe Verzweigungen und Windungen bekommen, mit unterschiedlichen Wassertiefen und Strömungsgeschwindigkeiten. „Es gibt Kiesbänke und flache Ruhezonen zum Laichen. An manchen Stellen hat der Fluss nun eine Breite von bis zu 100 Metern.“
Allmersbach im Tal Das grüne Klassenzimmer, das von der Grundschule Im Wacholder und zwei Kindergärten genutzt wird, liegt wunderschön inmitten der Streuobstwiesen und direkt am Äpple-Wanderweg. Obwohl es vom Parkplatz beim Schützenhaus Heutensbach einige Minuten zu Fuß ist, trifft die Vorhut um Landrat Sigel, Murrhardts Bürgermeister Armin Mößner oder den Abgeordneten Ralf Nentwich fast pünktlich ein, der Ministerpräsident hingegen lässt 20 Minuten auf sich warten. Der Termin in Winterbach muss sehr spannend gewesen sein, wird gemunkelt. Ein Dutzend Kinder der Kernzeitbetreuung der zertifizierten Naturparkschule wird solange noch instruiert: „Wisst ihr, wer das ist, auf den wir hier warten?“ lautet die Frage. Die Mädchen und Buben auf den gelb-weiß karierten Picknickdecken im Zentrum des Open-Air-Klassenzimmers raten. Der dritte Versuch sitzt. „Sie werden sehnsüchtig erwartet“, begrüßt Sigel kurz darauf den Landesvater. Allmersbachs Bürgermeisterin Patrizia Rall nennt das grüne Klassenzimmer „ein ganz besonderes Fleckchen“. 2020 wurde die Streuobstwiese umgestaltet und der Sitzkreis angelegt. Rall: „Hier erleben bereits die Kleinsten unserer Gesellschaft den Lebensraum Streuobstwiese, aber auch was es für die Pflege und die Erhaltung dieses Lebensraums bedarf.“ Ziel ist die Sensibilisierung der Kinder für die Natur und die Tiere, damit sie auch später achtsam damit umgehen. Kretschmanns Lob hat besonderes Gewicht, schließlich war er einstens selbst Pädagoge: „Es ist gut, wenn der Unterricht nicht nur im Haus, sondern auch draußen stattfindet.“

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Schulleiterin Isolde Fleuchaus betont an mehreren Stationen im Beruflichen Schulzentrum die Bedeutung der Wasserstofftechnologie und das Engagement der Schule auf diesem Gebiet.
Der Vorstandsvorsitzende der Kreissparkasse Waiblingen Uwe Burkert hält sich kurz: „Wir engagieren uns sehr bei dem Thema Naturschutz erlebbar machen.“ In der Tat hatte die Sparkasse die Streuobstbox großzügig gefördert. In dieser können Materialien vor Ort gelagert werden. Wie Unterricht im Freien aussieht, demonstrierte Naturparkführer Manfred Krautter mit einem Spiel, bei dem Kinder Tiere erraten sollten. „Wir wollen den Kindern Lust auf Natur vermitteln, aber nicht mit dem erhobenen Zeigefinger.“
Meike Höfliger, die Inhaberin der Imkerei am Turm, vermittelte in kindgerechter Weise viel Wissenswertes über die Welt der Bienen. Ganz besonders gut kam bei den Kindern jedoch der mitgebrachte Hefezopf mit Honig an. Nachdem Kretschmann mit seinem Hinweis, dass Bienen mit Tänzen kommunizieren, die Lehrstunde komplettiert hat, zieht der Tross weiter.
Backnang Die dritte Station ist gestern das Berufliche Schulzentrum Backnang. Dort steht eine Präsentation der Lernwerkstatt Zukunftstechnologie Wasserstoff und Brennstoffzelle im Mittelpunkt. Vor der Schule empfängt Oberbürgermeister Maximilian Friedrich den prominenten Gast. „Wir freuen uns sehr, dass Sie schon wieder die Murrmetropole besuchen.“ Friedrich zielt darauf ab, dass der Landesvater ziemlich genau vor sechs Jahren aus Anlass des 950-jährigen Bestehens der Stadt in Backnang war. Trotz aller Kürze und trotz des freudigen Anlasses kann sich Friedrich nicht verkneifen, daran zu erinnern, dass die Freude über die Kreisfusion vor 50 Jahren verhalten war. Und an Regierungspräsidentin Susanne Bay gerichtet sagt er: „Ich hoffe, dass es mit dem B-14-Ausbau jetzt in großen Schritten weitergeht.“
Schulleiterin Isolde Fleuchaus bezeichnet die Lernwerkstatt an der Gewerblichen Schule als eine wichtige Säule der Wasserstoffstrategie und spricht die veränderten Verhaltensweisen der Bevölkerung an. Wasserstoff ist ihrer Ansicht nach eine der Lösungsmöglichkeiten der Zukunft. Damit die Schüler praxisnah lernen können, benötigt sie dringend die Zusammenarbeit mit den örtlichen Partnern wie etwa dem Autohaus Mulfinger. Dessen Geschäftsführer Markus Mulfinger kümmert sich darum, dass 20 BMW-Wasserstoff-Automodelle für den Unterricht zur Verfügung stehen. So lernen die Schüler am realen Fahrzeug die Technik kennen, und das ständig auf dem neuesten Stand. Und auch Fleuchaus unterstreicht: „Eine Gaswerkstatt sieht anders aus als eine Verbrennerwerkstatt.“ Mehrere Lehrer schilderten an verschiedenen Station Kretschmann ihre jeweilige Tätigkeit, mit der sie die immens wichtige Technologie den Schülern schmackhaft zu machen versuchen. So stellte „Mr. Wasserstoff“ Heribert Gantner den Energiewalk vor. Dennis Löblich hingegen war 20 Jahre lang in der Automobilindustrie tätig, bevor er vor drei Jahren Lehrer wurde. Er vereint damit das Wissen aus der Industrie und den Kontakt zu den Schülern in Perfektion.
Am 24. Januar 2024 wird der Wasserstoff-Showroom an der Schule eingeweiht. Federführend für dessen Konzept ist Sonja Niemann von der Hamburger Agentur Skope. Sie erklärte: „Der Showroom wendet sich vor allem an die junge Zielgruppe und hat den Schwerpunkt Wasserstoff. Wir müssen wegen des Klimawandels handeln. Wir wollen die Fachkräfte von morgen für die Technologie von morgen begeistern.“