Deponien rüsten klimatechnisch weiter auf

In der Deponie Steinbach in Backnang soll die Gasverwertungsanlage auf Vordermann gebracht werden, für deren Förderung erst einmal eine fachliche Studie erstellt werden muss. In Neuschöntal will die AWRM nun auch noch das Restgas der Biovergärungsanlage einfangen und gewinnbringend nutzen.

Das Luftbild der Biovergärungsanlage Neuschöntal entstand beim Bau des dritten Flüssigdüngerspeichers (rechts mit Rundkuppel).  Foto: AWRM

Das Luftbild der Biovergärungsanlage Neuschöntal entstand beim Bau des dritten Flüssigdüngerspeichers (rechts mit Rundkuppel). Foto: AWRM

Von Bernhard Romanowski

BACKNANG. Auf der Backnanger Deponie in Steinbach muss nachgerüstet werden. Dort soll eine sogenannte Schwachgasverwertung errichtet werden, wie dem jüngsten Bericht des Vorstands der Abfallverwertung Rems-Murr (AWRM) zu entnehmen ist.

In Steinbach wurde bis zum Jahr 2005 unbehandelter Rohmüll abgelagert. Bis heute werden die organischen Müllbestandteile im Deponiekörper biologisch umgesetzt. Dabei entsteht methanhaltiges Deponiegas, das über Gaserfassungselemente abgesaugt und einer Gasverwertung zugeführt wird. Derzeit werden rund 60 Kubikmeter pro Stunde an Deponiegas erfasst. Das Gas wird in einem Gasmotor verbrannt und der dabei erzeugte Strom in das Stromnetz eingespeist und gemäß dem Erneuerbare-Energien-Gesetz vergütet. Der Gasmotor wurde im Jahr 2009 errichtet.

Der in Steinbach erzeugte Strom soll künftig die Reinigungsanlage für Sickerwasser antreiben.

Zwischenzeitlich sind die Gasmengen aufgrund des fortgeschrittenen Abbaus der organischen Bestandteile stark zurückgegangen. Der bestehende Motor ist auf die geringen Gasmengen nicht ausgelegt. Außerdem steigen die Instandhaltungskosten des bereits abgeschriebenen Motors. Die AWRM beabsichtigt daher, die Gasverwertung auf der Deponie Steinbach zeitnah zu ersetzen. Wie der Vorstand dem AWRM-Verwaltungsrat jüngst berichtete, ist vorgesehen, eine neue Schwachgasverwertung zu errichten, die an geringe Deponiegasmengen und rückläufige Methangehalte angepasst ist. Dadurch lassen sich die Absaugmengen erhöhen und damit die Emissionen des klimawirksamen Deponiegases weiter reduzieren. Zudem ist vorgesehen, den in Steinbach erzeugten Strom zukünftig selbst zu nutzen, und zwar für den Betrieb der Sickerwasserreinigungsanlage. Die Wärme will die AWRM dann für die bisher elektrisch beheizten Betriebsgebäude verwenden. „Der Klimanutzen des Vorhabens beruht damit nicht nur auf der Einsparung von Methanemissionen, sondern auch auf der Bereitstellung von Energie für den Deponiebetrieb“, erklärt der AWRM-Vorstand.

Das Kreisunternehmen strebt an, für den Bau der neuen Gasverwertung Fördermittel im Rahmen der Kommunalrichtlinie zu beantragen, berichtet der Vorstand weiter. Um für den Bau einer neuen Gasverwertung Fördermittel zu beantragen, muss allerdings erst eine Potenzialstudie angefertigt werden. Darin muss das beabsichtigte Vorhaben erläutert werden, und es muss deutlich werden, wie hoch die Treibhausgaseinsparungen sein werden, die mit der neuen Anlage erreicht werden sollen. Auch die Wirtschaftlichkeit der Maßnahme wird in der Potenzialstudie beurteilt, also die Frage, ob sich das alles rechnet und am Ende bezahlt macht. Die Potenzialstudie ist selber auch förderfähig. Der Antrag dazu wurde bereits gestellt.

Wird die Förderung der Potenzialstudie gewährt, wird diese auch erstellt. Im Anschluss wird dann der Antrag auf die Förderung der eigentlichen Investition, also den Bau der Anlage, eingereicht. Die Kosten für die Potenzialstudie werden sich auf rund 25000 Euro belaufen, so die Schätzung des AWRM-Vorstands. Der Bau einer neuen Gasverwertung wird nach vorläufigen Schätzungen mit Kosten in Höhe von rund 400000 bis 600000 Euro zu Buche schlagen. „Die derzeitige Förderquote sowohl für die Potenzialstudie als auch für die Förderung für den Bau der neuen Gasverwertung liegt bei 60 Prozent der förderfähigen Kosten“, so die AWRM.

Auf der Biovergärungsanlage in Backnang-Neuschöntal wird aus dem Bioabfall des gesamten Rems-Murr-Kreises Strom erzeugt. Über die Vergärung wird aus dem organischen Material wie Küchen- und Gartenabfällen Biogas produziert, das in Motoren zu Strom und Wärme umgewandelt wird. Aus den Resten der Vergärung wird zum einen Kompost und zum anderen ein flüssiger Dünger für die Landwirtschaft hergestellt. „In einem für Biovergärungsanlagen bisher einzigartigen Projekt“, so die AWRM, habe sich das Kreisunternehmen zum Ziel gesetzt, die bisher ungenutzten Emissionen, die nach der Vergärung aus dem Flüssigdünger während der Lagerung emittieren, einzufangen und energetisch zu verwerten.

Dieses Restgas entwich bisher aus den Speicherbecken. Mit einem neuen Verfahren werden diese Gärrestemissionen nun abgesaugt und in den Biogasmotoren mitverbrannt. Die im Verbrennungsprozess gewonnene Energie substituiert – also ersetzt – fossile Energieträger in Höhe von 59 Tonnen CO2 pro Jahr. Die entsprechende Einsparung ist in der Energie- und CO2-Bilanz eines Instituts der Esslinger Hochschule für den Rems-Murr-Kreis enthalten, die kürzlich den Kreispolitikern vorgestellt wurde (wir berichteten). Außerdem gelangt praktisch kein Methan mehr in die Umwelt, wodurch 1940 Tonnen CO2-Äquivalente zusätzlich pro Jahr eingespart werden.

Strom, Dünger und Kompost

Seit 2011 ist die Biovergärungsanlage der AWRM in Neuschöntal in Betrieb. Abfallwirtschaft und Klimaschutz gehen hier Hand in Hand.

Bei der Verarbeitung des Bioabfalls entsteht aber nicht nur Energie. Die festen und flüssigen Reste aus dem Vergärungsprozess stellen einen wertvollen Dünger dar.

Die in den flüssigen Gärresten enthaltenen Nährstoffe finden über die Landwirtschaft den Weg zurück in die Lebensmittelproduktion.

Der Kreislauf schließt sich aber auch wieder direkt zu den Bürgern: Der aus den festen Gärresten erzeugte Kompost wird auch an die Privatgärtner abgegeben.

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Erstellt:
15. April 2021, 06:00 Uhr

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