Der Backnanger Plattenwald wird klimafit gemacht
Mitte Januar beginnen Fällarbeiten im Plattenwald in Backnang im Bereich des Waldfriedhofs. Bei einer Bürgerinformationsveranstaltung mit Waldbegehung klären die Verantwortlichen auf, was dahintersteckt und warum das nötig ist.
Von Lorena Greppo
Backnang. Wann muss ein Baum gefällt werden? Im ersten Moment denkt man da wohl vor allem an Sturm- und Trockenschäden oder Käferbefall. Dass es aber so einfach nicht ist, zeigte Revierförster Paul Bek den Gästen einer Bürgerinformationsveranstaltung in der Nähe des Waldfriedhofs im Backnanger Plattenwald anschaulich. Er ließ sie nämlich selbst bestimmen, was zu tun ist. Als Beispiel hatte er zwei Eichen herausgesucht, stattliche Exemplare, jeweils deutlich über 150 Jahre alt. Beide sollen erhalten werden, dafür ist aber ein Eingriff nötig. Worauf zu achten ist, erklärte Bek den Anwesenden. „Man sieht, hier ist eine Hainbuche in die Eichenkrone gewachsen. Teile der Eiche sind deshalb schon abgestorben.“ Tatsächlich, zwei Äste sind dunkel verfärbt und weisen keine Zweige mehr auf. Es ist kein Einzelfall. Insgesamt markiert die Gruppe an der einen Eiche fünf nahe stehende Bäume zur Fällung – darunter auch eine Fichte, die von Borkenkäfern befallen ist. Paul Bek ist zufrieden: „So hätte ich es auch eingeschätzt.“
Der Förster zeigt mit dieser kleinen Übung auf: Nicht immer ist auf den ersten Blick ersichtlich, warum ein Baum entnommen wird. Weil die Fällmaßnahmen im Plattenwald in der Vergangenheit immer wieder auf Unverständnis getroffen sind, wolle man im Vorfeld informieren und die Gründe der geplanten, größeren Hiebmaßnahme Mitte Januar erläutern, führen Gerd Holzwarth, Forstdezernent im Landratsamt, und der stellvertretende Kreisforstamtsleiter Ulrich Häußermann aus. Die Fällarbeiten dauern voraussichtlich zwei Wochen an. Dabei kommt es auch zu Wegsperrungen im Bereich des Waldfriedhofs.
Eichen trotzen den Auswirkungen des Klimawandels bisher recht gut
Im Mittelpunkt der Maßnahme stehe das Ziel, den Wald möglichst fit für die Herausforderungen des Klimawandels zu machen. Die Eiche sei dem aktuell noch gewachsen, so Häußermann. Sie gelte es zu fördern. „Um genügend Platz für diese klimatoleranten Bäume zu schaffen, werden daher Bäume gefällt, die das Wachstum und die Entwicklung dieser ‚Zukunftsbäume‘ beeinträchtigen“, heißt es vonseiten des Kreisforstamts. Damit soll an dieser Stelle ein standortgerechter Eichenwald geschaffen werden, der klimaresilient ist.
Keine Zukunft hat im Plattenwald hingegen die Fichte. Eine kleine Ansammlung der Nadelbäume nahe der beiden Eichen aus Paul Beks Übung werde daher gleich in ihrer Gänze entnommen. „So können wir manche Stämme noch gut verwerten“, so Bek. In ein paar Jahren wären sie sonst wohl allenfalls Schadholz. Die Fällung der Fichten schaffe wiederum die Möglichkeit zur Naturverjüngung an jener Stelle. Denn unter dem Blätterdach der großen Eichen und Buchen steht eine neue Generation von Bäumen in den Startlöchern. Durch die Lücke, die bei der Fällung der Fichten entsteht, bekommen sie Licht und können wachsen. Das sei ihm lieber, als künstlich nachzupflanzen, so der Revierförster.
Die Sicherheit der Wege ist wichtig
Warum überlässt man den Wald nicht sich selbst? Klimafitte Bäume werden sich über kurz oder lang schließlich von selbst durchsetzen. Auch auf diese Anregung aus der Mitte der Bürgerschaft gingen die Forstexperten ein. Denn gerade der Plattenwald wird intensiv zu Freizeit- und Erholungszwecken genutzt. Wolle man den Wald sich selbst überlassen, müsse all das entfallen. Denn für die Sicherheit der Besucherinnen und Besucher auf den Wegen könne dann nicht mehr gesorgt werden. „Auch für die Freizeitnutzung müssen wir eine Kulisse schaffen, das ist uns bewusst“, sagte Ulrich Häußermann. Er zeigte es anhand des Beispiels einer Eiche auf. Diese ragt weit in einen Fußgänger- und Radweg hinein. „Das stellt eine Gefahr dar.“ Zugleich seien aber auch Spechteinschläge am Stamm zu sehen. In solchen Fällen gelte es abzuwägen. „Im Zweifelsfall kommt aber immer die Sicherheit der Menschen zuerst.“ Aufgrund der Trockenheit der vergangenen Sommer seien im Waldgebiet Plattenwald zahlreiche Äste und sogar ganze Bäume abgestorben. Dadurch bestehe vielerorts die Gefahr, dass Äste herabstürzen oder Bäume umfallen.
Auf Nachfrage ging Revierförster Paul Bek auch auf die Möglichkeit ein, Totholz im Wald zu belassen, welches dann verschiedene Tier- und Pflanzenarten beherbergen kann. Dies werde an verschiedenen Stellen im Wald umgesetzt, versicherte Bek. „Das muss aber weit genug von Wegen entfernt sein“, führte er aus. Deswegen komme der Bereich rund um den Waldfriedhof dafür nicht infrage.
Wald in Zahlen Der Plattenwald umfasst etwa 143 Hektar, erklärt Ulrich Häußermann. Die Eigentumsverhältnisse sind kompliziert, denn die Fläche teilt sich vor allem in Staats- und Kommunalwald auf. Nicht immer ist ersichtlich, wo die Grenzen verlaufen. Jährlich verzeichne der Plattenwald einen Zuwachs von etwa 6,3 Festmetern pro Hektar. Das ist mehr Holz, als im Jahr geschlagen werde, so Häußermann. Etwa die Hälfte der Bäume sind Eichen, etwa 35 Prozent Hainbuchen und zehn Prozent Buchen. Das Alter der Bäume liege im Mittel bei 187 Jahren.
Verwertung Das Holz der Hainbuchen wird hauptsächlich als Brennholz für die örtliche Bevölkerung verkauft. Das anfallende Stammholz wird an Sägewerke aus der Region abgegeben. Sollte es bei den Fällarbeiten zu Schäden an den Waldwegen kommen, werden diese direkt im Anschluss an die Maßnahmen für die Erholungssuchenden wiederhergerichtet.