Der etwas andere Weihnachtsgottesdienst
Menschen aus vielen Teilen der Welt feiern in der englischsprachigen Gemeinde in Backnang Christi Geburt. Doch der Gottesdienst zeichnet sich nicht nur durch die englische Sprache aus – Dynamik lädt zum Zwiegespräch bei der Predigt, die Musik animiert zum Mitsingen und Bewegen.
Von Christoph Zender
Backnang. Den vielen Kindern, die mit ihren Eltern den englischsprachigen Gottesdienst „Black Gospel“ im Haus der Biblischen Gemeinde in Backnang besuchten, war die Aufregung anzumerken. Schließlich beginnt für sie ganz in der amerikanischen Tradition das Weihnachtsfest erst am ersten Weihnachtstag – und nicht schon am Heiligen Abend. Was leider auch für die Bescherung mit den Geschenken gilt.
Festlich gekleidet verfolgen sie geduldig die zweistündige Feier, zu der Pastor Dan Godwins seine Gemeinde am frühen Nachmittag des ersten Weihnachtstags in das Haus der Biblischen Gemeinde in Backnang eingeladen hatte. Man fragt sich, wie so geduldiges Zuhören in unserer heutigen Zeit noch möglich ist, die doch durch vielerlei analoge und digitale Reize überflutet zu sein scheint. Die Antwort darauf findet sich im Konzept des Black Gospel. Es ist quasi ein „Mitmachgottesdienst“ für alle.
Hier soll es bewusst lebendig und durchaus auch mal laut zu gehen. Die inspirierende Freude, mit der Dan Godwins seine Gäste begrüßt, springt wie ein Funken über. „Danken wir Gott, dass wir uns in diesem Jahr wieder ohne Corona-Auflagen zu unserem Weihnachtsgottesdienst treffen können“, wird von der Gemeinde mit einem vielstimmigen „Amen“, „Hallelujah“ und „Praise the Lord“ erwidert.
Mit Schlagzeug statt Orgel regt die Musik zum Mitsingen und Bewegen an
Weihnachten als „Fest der Freude“ findet hier viele Ausdrucksformen. Dabei ist die Musik ein tragendes Element. Keine Orgel, sondern ein Schlagzeug deutet die musikalische Stilrichtung an. Rhythmen, die an afrikanische Musik erinnern, animieren die Teilnehmer dazu, beschwingt mitzusingen und sich im Takt der Melodien zu bewegen. Beim Lied „I have a god who never fails“ aus der Feder des bekannten ghanaischen Songwriters Francis Agyei, wird die Bedeutung des Weihnachtsfests auf musikalische Weise sehr gelungen interpretiert.
Hieran knüpft der stellvertretende Pastor Tompson in seiner Predigt an. Er interpretiert die für Weihnachten zentralen Bibelstellen von Jesaja, Lukas und Matthäus und stellt sie in den Kontext zu unserer Zeit. „God has to save Mankind. God is the truth – Gott rettet die Menschheit. Gott ist die Wahrheit“ sind seine zentralen Botschaften an die Mitglieder der Freien Kirche.
Es sind aber nicht allein seine Worte, mit denen er die ungeteilte Aufmerksamkeit seiner Zuhörer findet. Vielmehr ist es die Art, wie er predigt. Dynamisch, emotional, aufrüttelnd, fast an einen geistlichen Rap-Gesang erinnernd, regt er seine Zuhörer zum Nachdenken an. Wie in einem Zwiegespräch mit ihrem Pastor erwidern sie seine Aussagen mit einem lauten „Amen“ oder „Praise the Lord.“
Viel Raum für Spontaneität und Improvisation
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Die Besinnlichkeit, wie man sie aus christlichen Gottesdiensten westlicher Prägung kennt, findet nur wenig Raum oder drückt sich in anderer Form aus. Im Black Gospel der Biblischen Gemeinde steht das gemeinsame „Feiern“ des Gottesdiensts im Vordergrund.
So bleibt dann auch viel Raum für Spontaneität und Improvisation im Gottesdienst. „Ich habe keine vorgefertigten Manuskripte für meine Gottesdienste. Vielmehr versuche ich, die innere Gefühlswelt meiner Zuhörer aufzunehmen und intuitiv darauf zu reagieren“, verrät Pastor Dan Godwins seine Strategie für einen erfolgreichen Austausch mit den Gläubigen. „The Message of Christmas is: We are not alone. God is with us. – Wir sind nicht alleine. Gott ist unter uns.“ Mit diesen hoffnungsvollen Worten spricht Godwins ein Phänomen unserer westlichen Welt an: Die zunehmende Vereinsamung des einzelnen Menschen. Dem stellt er die zeitlose Wirkkraft des Weihnachtsfests entgegen: Die gemeinschaftliche Freude über Christi Geburt.
Ganz so, wie sie an diesem Nachmittag von der christlichen Gemeinde am Schillerplatz zelebriert wird. Passend dazu findet zum Abschluss des Gottesdiensts eine „Einsegnung“ statt. So wird die Aufnahme eines neuen Mitglieds in die christliche Gemeinschaft bezeichnet. Voller Stolz präsentieren die Eltern des kleinen Joshua der Gemeinde ihren neugeborenen Sohn. Ab jetzt ist auch er ein Teil der christlichen Gemeinschaft und in diesem Sinne nicht mehr einsam. Und wer weiß – vielleicht wird es auch ihn in einigen Jahren beim Black Gospel am ersten Weihnachtstag in Backnang ebenso wenig auf dem Stuhl halten wie die Jungen und Mädchen, die eisern zwei Stunden ausgeharrt haben.
Die Gottesdienstbesucher kommen aus verschiedensten Ländern der Welt
Nach dem Schlussgebet aber gibt es für sie kein Halten mehr: Voller Vorfreude stürmen sie in den Gemeindesaal, wo bereits Geschenke, leckeres Essen und Getränke auf sie warten. So geht eine besondere Weihnachtsfeier von Menschen aus ganz verschiedenen Ländern Afrikas, Amerikas und der Karibik, die im Backnanger Raum ihre neue Heimat gefunden haben, beschwingt und fröhlich weiter.
Die englischsprachige Gemeinde in Backnang feiert natürlich nicht nur an Weihnachten ihren Gottesdienst in den Räumen der Biblischen Gemeinde. Pastor Dan Godwins lädt jeden Sonntag ab 14 Uhr zum Gottesdienst ein, Interessierte können gerne vorbeischauen, meint er.
Englischer Gottesdienst in Backnang Nähere Infos und Kontaktdaten findet man auf der Homepage der Biblischen Gemeinde: www.biblische-gemeinde.de