„Der Naturschatten ist einfach der Beste“
Interview Die Spiegel-Bestseller-Autorin und Landschaftsgärtnerin Simone Kern spricht über „Gärten im Klimawandel“. Das ist auch ihr Thema bei der Veranstaltung der Stadt Backnang heute im Backnanger Bürgerhaus in der Reihe „Backnang blüht auf“.

Wie macht man seinen Garten für die Zukunft fit? Simone Kern gibt Hobbygärtnern Tipps. Wer sie befolgt, kann sich dabei sogar jede Menge Arbeit ersparen. Foto: privat:
Welche Gartenpflanzen eignen sich am ehesten in unseren Breiten, wenn es wegen des Klimawandels immer wärmer wird? „Trockenhelden“ ist der Titel eines Ihrer Bücher. Wie sehen Trockenhelden aus?
Da fallen mir eine ganze Menge ein. Zum Beispiel die Karthäusernelke, die Kugeldistel oder die Knäuelglockenblume. Das sind alles heimische Pflanzen, die wunderschön ausschauen und mit wenig Niederschlag zurechtkommen.
Verwendet man die richtigen Pflanzen, das heißt, reagiert man beim Gärtnern intelligent auf Klimaveränderungen, kann man jede Menge Zeit und wertvolle Ressourcen sparen, sagen Sie. Das hört sich ja super an. Wie kann ich mir das vorstellen?
Wenn ich mit tiefwurzelnden Pflanzen, die sich damit Feuchtigkeit aus tieferen Bodenschichten holen und an die Hitze angepasst sind, oder mit Kräutern wie Thymian arbeite, fällt schon mal das Thema „Gießen“ weg. Wenn ich dann noch klug an Trockenheit angepasste Staudenbeete anlege – da muss man praktisch nur im Frühling mal ein bisschen Unkraut jäten und danach lässt man das Ganze wachsen –, habe ich einen extrem pflegeleichten Garten.
Welche Kräuter gehören zu den Trockenhelden?
Salbei ist zum Beispiel super, egal ob es unser heimischer Salbei ist oder der Gewürzsalbei.
Das Thema Kräuter ist ein weites Feld. Picken wir mal Rosmarin heraus. Wie sieht es damit aus?
Na ja, dann doch eher Lavendel. Im Allgäu beispielsweise, wo ich wohne, würde Rosmarin wegen der Temperaturen im Winter gar nicht überleben. Einfach zu pauschalisieren geht bei der Arbeit mit Pflanzen nicht. Es gehört schon ein gewisses Fachwissen dazu. Ich selbst experimentiere viel in den Gärten, die ich anlege. Da bekommt man ein sehr gutes Gefühl, was funktioniert und was warum nicht.
Welche Pflanzen gedeihen, hängt ja auch sehr mit den jeweiligen Böden zusammen. In Ihrem Buch über Trockenhelden ist auch von Steppen- und von Präriebeeten die Rede. Welche Beete bieten sich bei welchem Boden an?
Wenn ich in einer Gegend wohne, in der es sandige, sehr durchlässige Böden gibt, würde ich beim Anlegen des Gartens in Richtung steppenartigen Stil gehen. Die Steppenwolfsmilch oder der Steppensalbei sind typische Vertreter der Steppe, natürlich auch Gräser wie das Wimper-Perlgras oder Frühjahrspflanzen wie die Küchenschelle. Das sind alles Pflanzen, die in steppenartigen Lösungen funktionieren.
Und die Präriebeete?
Persönlich komme ich von nordamerikanischen Präriepflanzungen immer mehr weg. Wegen unserer Tierwelt wie Schmetterlingen versuche ich heimische oder mindestens europäische Pflanzen zu verwenden. Prärie haben wir nur in Nordamerika. Dort ist es im Sommer teilweise sehr trocken und heiß, die Böden sind sehr nährstoffreich. Das heißt, wenn ich in einer Region wohne, in der ich eher nährstoffreiche Böden habe, könnte ich schon auch nordamerikanische Präriepflanzen, die die Trockenheit gut überstehen, verwenden. Aber es muss klar sein, dass diese zwar schön aussehen, aber Wildbienen und Co. oft nichts nützen.
Welche Pflanzen gehören zum Beispiel in diese Kategorie?
Eine typische Präriepflanze ist der Sonnenhut oder die Sonnenbraut. Was ich allerdings tatsächlich immer noch verwende, was auch aus Nordamerika kommt – ich bin da auch nicht 1000-prozentig konsequent –, sind Herbstastern. Ein Herbstgarten ohne Astern, das geht gar nicht.
Kommen wir von der Sonne in den Schatten. Es gibt ja das Problem, dass in einem (Stein-)Garten, der voll im Schatten liegt, praktisch nichts wächst. So die gefühlte Wahrnehmung so mancher Hobbygärtner. Ist das so oder machen diese da etwas falsch?
Das mit dem Problem ist nicht richtig. Schattige Gärten sehe ich in Zeiten des Klimawandels inzwischen als etwas sehr Positives an. Meine Kunden sind auch immer mehr bereit, Bäume zur Kühlung in ihre Gärten zu pflanzen. Ich pflichte ihnen bei, wenn sie sagen: Der Naturschatten ist einfach der Beste. Hier kann man auch wunderbar mit typischen Schattenpflanzen arbeiten. Sie sind sehr schön, aber nicht so knallig in ihrer Farbgebung. Im Schatten haben wir hauptsächlich Weißtöne.
Warum weiß?
Das ist ganz logisch. Die Insekten sollen ja auch in den Schatten gelockt werden. Und da leuchtet natürlich ein Weiß heraus. Im Schattengarten haben wir auch sehr viele Frühjahrsblüher. Das sind Pflanzen, die eigentlich aus den Wäldern kommen. Im Wald ist im Frühling Sonne, später ziehen sie sich zurück. Das heißt, ein Schattengarten hat seinen Blühhöhepunkt tatsächlich eher im Frühling und Frühsommer. Danach können wir noch mit Blattstrukturen arbeiten, sei’s mit schönen Gräsern, Farnen oder farbigem Laub. Hier sind auch Kombinationen mit Steinen sehr reizvoll.
Welche Bäume empfehlen Sie als Schattenspender in Gärten?
Erste Wahl sind bei mir immer die Obstbäume, weil man sie gut schneiden kann. Und man hat einfach noch einen Mehrwert. Im Frühling haben wir die schöne Blüte und im Herbst die Früchte. Gerade Apfelbäume finde ich super, weil diese vom Wuchs her eher breit sind und gut Schatten spenden.
Noch ein anderes stilistisches Thema. Ich komme aus dem Urlaub und möchte am liebsten die Pflanzen in meinem Garten haben, wie sie beispielsweise im Mittelmeerraum wachsen. Was würden Sie raten?
Da kann ich überlegen: Welche Pflanzen schauen so ähnlich aus und funktionieren? Statt eines Olivenbaums könnte man die Weidenblättrige Birne wählen, die absolut frosthart ist. Sie hat einen ähnlichen Charakter wie die Olive. Es gibt aber auch Pflanzen, die aus dem Mittelmeerraum kommen und frosthart sind. Man darf nicht vergessen: Zum Beispiel in der Provence gehen die Temperaturen locker mal bis minus zehn Grad. Lavendel etwa kommt mit Minusgraden gut klar.
Insektenfreundliche Gärten sind Ihnen ein besonderes Anliegen. Wie sehen Insektenbeete aus?
Meine ersten Bücher hatten genau das zum Thema. Es gibt kein Buch, das ich schreibe, und keinen Vortrag, den ich halte, in dem nicht dieses Thema vorkommt. Weil es einfach wahnsinnig wichtig ist. Insektenbeete bedeuten, mit heimischen Pflanzen zu arbeiten, weil unsere Wildbienenwelt, die Hummeln, die Wildschmetterlinge nur an unsere heimischen Pflanzen gehen, um ihre Nachzucht aufzuziehen. Damit fördere ich auch die Tiere, die von den Insektenpopulationen abhängig sind.
Was machen ganz viele Menschen falsch?
Sie machen zu viel in ihren Gärten. Mein Rat: Entspannt und locker sein im Garten und genießen, und nicht mit der Nagelschere hinterherarbeiten.
Das Gespräch führte Ingrid Knack.
Wer möchte, kann am heutigen Mittwoch, 11. Mai, um 19 Uhr auch kurzfristig noch zu dem Vortrag von Simone Kern im Fritz-Schweizer-Saal des Backnanger Bürgerhauses kommen. Auch eine Anmeldung unter 07191/894-277 oder per E-Mail an die Adresse garten@backnang de ist möglich.
Simone Kerns Bücher sind im Franckh-Kosmos-Verlag, Stuttgart, erschienen. Für „Mein Garten summt“ erhielt sie den Deutschen Gartenbuch-Preis 2017. „Trockenhelden“ wurde zum Spiegel-Besteller. „Wild und bunt“ ist ihr neuestes Werk. Überdies sind von ihr erschienen: „Mein Garten summt – der Jahresplaner“, „Der antiautoritäre Garten“ und „Wilde Kübel“.