Der UCC feiert seine Prunksitzung
Die Prunksitzung des Unterweissacher Carnevals-Clubs in der Seeguthalle Cottenweiler lässt keines Narren Wunsch unerfüllt. Während des dreieinhalbstündigen Programms reiht sich ein Höhepunkt an den anderen.
Von Matthias Nothstein
Weissach im Tal. Samstagabend, 22.30 Uhr. Die Prunksitzung des Unterweissacher Carnevals-Clubs (UCC) neigt sich dem Ende zu. Die Seeguthalle in Cottenweiler kocht, die Bühne bebt. Zugabe, Zugabe, kreischt das Publikum. Männerballett. Es ist jetzt nicht so, dass Büstenhalter auf die Bühne fliegen, aber viel fehlt nicht. 13 Männer, die meisten jenseits ihres muskulären Zenits. Schon bei ihrem Einzug zur Village-People-Melodie „In the Navy“ tobt das Publikum. Rhythmus, Takt, Anmut, Liebreiz, auch eine Plauze – Herz, was willst du mehr? Okay, nicht jeder dieser Adoniskörper hat in seiner Jugend eine Ballettausbildung genossen, aber: spontane Heiratsanträge sind an diesem Abend nicht auszuschließen. Als Betrachter fragt man sich unweigerlich, wer dieser bunten (Alt-)Herrentruppe diese brillanten Choreografien eingehämmert hat? Er muss in seinem Vorleben mindestens Feldwebel gewesen sein, möglicherweise auch Brennpunkt-Kita-Erzieherin. Und wie lange mag der Drill gedauert haben? Jetzt aber rocken die UCC-Matrosen zehn Minuten lang die Bühne, ein tänzerisches Highlight jagt das andere. Nach dem schweißtreibenden Auftritt gibt es noch auf der Bühne ein erstes Bier. Was mag diese Truppe bewogen haben, wochenlang hart zu trainieren? Ist es der frenetische Applaus der Zuschauer? Ist es die charmante Ansage und Verbal-Betreuung von UCC-Präsidiumslegende Heike Strohmaier? Sind es die hochgereckten Handys, die jeden einzelnen Tanzschritt für die Ewigkeit festhalten? Und das gnadenlos.
Vier neue Testosteron-Tanzmariechen
Jetzt mag manch eine sagen: Das ist mal wieder der typisch patriarchale Blick auf die Veranstaltung: das Männerballett in den Mittelpunkt zu rücken. Buh! Wo doch zuvor die Garden beste, ja allerbeste Kurzweil und herzergreifende Darbietungen geboten haben. Blaue Garde, Rote Garde, Minigarde, Juniorengarde. Auch sie wurden von der gesamten Besucherschar zu Höchstleistungen angespornt. Und wirklich, auch jeder einzelnen Garde würde es gebühren, in den Mittelpunkt gerückt zu werden. Das besondere am Männerensemble ist in diesem Jahr aber, dass dessen Auftritt in der Prunksitzung 2022 wegen zu vieler Erkrankungen ins Wasser gefallen ist. Damals hatte Elferratschefin Heike Strohmaier einen Aufruf gestartet, neue Testosteron-Tanzmariechen mögen sich melden. Und es hat geklappt. Vier Frischlinge zelebrieren die Tanzschritte mit. Uff, die Zukunft ist gesichert.
UCC-Prunksitzung in der Seeguthalle Cottenweiler
Bei der Prunksitzung des Unterweissacher Carnevals-Clubs werden die Vorführungen der Garden und des UCC-Herrenballetts frenetisch gefeiert.
Doch jetzt mal ganz von Anfang an. 19.01 Uhr ist die Seeguthalle gut gefüllt. Der Einmarsch der Aktiven und Gäste stellt den Auftakt dar für dreieinhalb Stunden gute Laune pur, und dabei ist die Faschingsparty, die der Prunksitzung folgt, noch nicht mit eingerechnet. Nicht nur in der Bar geht’s rund, die Partyband „The Candys“ lässt den Tanzwütigen auch in der Halle noch weit nach Mitternacht keine Chance auf Erholung.
Die „Querköpf“ aus Winnenden blicken zwar schon auf 20 Jahre ihres Bestehens zurück, aber seit 2022 haben sie ein neues Häs, das maximal an die Feuerwehruniform angelehnt ist. Der Schriftzug auf dem Rücken ist dabei nicht nur der wirkliche Titel der Guggenmusik aus der Nachbarstadt, sondern gleichzeitig auch deren ultimatives Programm: „Feierwehr“. Ob Wolfgang Petrys „Wahnsinn“ oder das sanfte lalalalala von Michael Holms „Tränen lügen nicht“, die Stimmung nimmt Fahrt auf.
Das Programm verdankt seine Kurzweiligkeit dem ständigen Wechsel. Nach der Guggenmusik präsentiert die Juniorengarde ihren Marsch, den die Versammelten mit mehrfachem Jockele, hoi, hoi, hoi quittieren. Mit solch einem Ruf zum Lohn ist man gemeinhin im UCC-Olymp angelangt.
Was für Augen, Ohren und Lachmuskeln
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Moderatorin Strohmaier lässt keine Zeit zum Durchschnaufen: „Zuerst gab’s was für die Ohren. Das jetzt war für die Augen. Und jetzt kommt einer für die Lachmuskeln.“ Das ist die Ansage für Markus Zipperle. Der vor Selbstvertrauen strotzende Schauspieler, Sänger und Synchronsprecher kann das Versprechen zwar nicht ganz einhalten, sondern setzt im ersten Teil nur auf Altherrenwitze, die überwiegend nicht zünden. So nach dem Motto: „Ich habe Angst um mein bestes Stück. Weil meine Frau gesagt hat, sie wirft alles in den Müll, was sie vergangenes Jahr nicht mindestens einmal in der Hand gehalten hat.“ Im zweiten Teil zeigt er dann doch seine Klasse mit einem Maultaschensong auf die Smokie-Melodie „Living next door to Alice“. Die Gäste feiern’s.
Zwischen den viel umjubelten Auftritten der Minigarde, der Roten Garde und der Blauen Garde lautet ein weiterer Höhepunkt: die Kostümprämierung. Elf fesche Buben mit Fußballmigrationshintergrund und gewissen Neigungen zur Blauen Garde sind guter Hoffnung. Also im Hinblick auf den ersten Preis. Zwei Jahre lang mussten sie sich mit dem zweiten Platz begnügen, jetzt soll der große Wurf gelingen. „Wettergötter“ lautet ihr Sammelbegriff und liegt damit haargenau auf der Linie, die der UCC als Motto für diese Prunksitzung ausgegeben hat: „Egal, ob es regnet, schneit oder die Sonne scheint, wir feiern die fünfte Jahreszeit.“ Und so haben sich die knackigen Jungs als griechische Götter verkleidet. In eine weiße Toga gehüllt und mit einer güldenen Schärpe geziert, dazu noch zart leuchtende LED-Lichterketten, die unter Wattebäuschleins geheimnisvoll leuchten, ausgestattet mit Göttersymbolen wie Blitz oder Dreizack. Die Rechnung der schwäbischen Poseidons und Zeuse geht auf: erster Platz. Für den Jubel haben sich all die Mühen gelohnt. Vier Abende Vorbereitung, zwei Flaschen Siegersekt und Ruhm für die Ewigkeit – passt. Übrigens der Vollständigkeit halber: „Seasons five“ und „Kanone Peng“ landeten auf den Plätzen.
Premiere beim UCC-Jahreshöhepunkt feiert die Tammer Teufelsbrut mit ihrem Maskentanz. Im Hexenoutfit präsentieren sie unter mystischen Klängen Feuertänze. Elferrat Rainer Niclaus von der Waiblinger Faschingsgesellschaft schafft es im Anschluss, die gesamte Versammlung auf die Beine zu bringen und in einer Polonaise durch die Stuhlreihen zu geleiten. Der Tanz der Showgarde der Zigeunerinsel Stuttgart ist dann etwas besonderes. Die Garde tanzt nicht nach Richtlinie, sondern nach Motto und Spaß. In diesem Jahr ist das ein Tanz der Vampire. Gruselig schön. Aber klar: Das Herrenballett kann keiner toppen.