Deutliche Kritik an der Forstreform im Kreistag

Höherer Aufwand, weniger Einnahmen: In der Kreisverwaltung bewertet man die Änderungen von 2020 nicht gerade positiv. Aufspaltung der Zuständigkeiten führt zu Synergieverlusten. Dezernatsleiter Gerd Holzwarth zeigt deutliche Mängel der derzeitigen Struktur auf.

Die Auswirkungen des Klimawandels sorgen für einen großen Umbruch im Wald. Gleichzeitig fehlt es am Personal. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Die Auswirkungen des Klimawandels sorgen für einen großen Umbruch im Wald. Gleichzeitig fehlt es am Personal. Foto: Alexander Becher

Von Lorena Greppo

Rems-Murr. Mehr als drei Jahre sind bereits vergangen, seit die Organisation des Forsts in Baden-Württemberg reformiert wurde. In der jüngsten Sitzung des Umwelt- und Verkehrsausschusses des Kreistags wurde evaluiert, wie sich diese im Rems-Murr-Kreis bewährt hat. Das Urteil fiel gar nicht gut aus. „Die Situation ist nicht zufriedenstellend“, befand Landrat Richard Sigel. Vieles sei „verschlimmbessert“ worden. Die Ausführungen Gerd Holzwarths, Leiter des für den Forst zuständigen Dezernats, zeigten auf, wo die Probleme liegen.

Die Abkehr vom einheitlichen Forstamt und Aufspaltung der Zuständigkeiten in Forst BW, welche sich um alle Angelegenheiten des Staatswalds kümmert, und in die Forstämter der Kreise habe Synergieverluste ebenso wie einen Mehraufwand und steigende Kosten bedingt. Im Zuge der Forstreform wurden größere Reviere gebildet, welche für die Förster wiederum lange Fahrtzeiten zur Folge haben. Bei hoheitlichen Aufgaben wie bei Genehmigungen sei ein erhöhter Abstimmungsaufwand nötig. Ein Beispiel: Veranstaltungen im Wald müssen vom Kreisforstamt genehmigt werden. „Das kann man aber nicht einfach ohne Abstimmung machen“, so Holzwarth. Seinen Mitarbeitern wäre sehr geholfen, wenn Forst BW die Genehmigungen selbst erteilen könnte. Auch bei der Bürgerschaft herrsche Verwirrung darüber, welche Behörde wofür zuständig ist. „Es ist noch nicht angekommen, dass der Staatswald zu Forst BW gehört. Wenn die einen größeren Einschlag vornehmen, rufen die Leute bei uns an“, berichtet der Dezernent.

Ein besonderer Kritikpunkt ist die unzureichende Personalausstattung

Holzwarth stellte dem Gremium die landesweite Evaluierung der Reform vor. Diese zeigte deutliche Mängel in der derzeitigen Struktur auf. Ein besonderer Kritikpunkt ist hierbei die unzureichende Personalausstattung. „Um die bestehenden gesetzlichen Aufgaben im Forstbereich erledigen zu können, fehlen bei den unteren Forstbehörden 80 Personalstellen“, heißt es im gemeinsamen Bericht von Landkreistag und Städtetag. Auf den Landkreis heruntergebrochen entspräche dies zwei bis drei zusätzlichen Stellen, so Holzwarth. Hinzu kommt, dass es sowohl einen reformbedingten Mehraufwand als auch ein ständig wachsendes Aufgabenfeld im Forst gibt. Holzwarth verwies an dieser Stelle auf die Auswirkungen des Klimawandels, die im Wald einen erheblichen Umbruch verursachen.

Ebenfalls beträchtlich seien die Mehrkosten. Der Dezernent zeigt exemplarisch auf, wie die Finanzierungslücke im Bereich Privatwald entsteht. Aufgrund des Klimawandels bestehe erhöhter Beratungsbedarf, die Gespräche nehmen immer mehr der Arbeitszeit der Förster in Anspruch. Die Beratungen werden kostenfrei angeboten. Entgelte können nur bei der Betreuung erhoben werden. „Es kommt also weniger Geld in die Kasse“, so die Schlussfolgerung.

„Das Land müsste deutlich mehr beisteuern“

Mit den aktuellen Mitteln im Rahmen des Finanzausgleichsgesetzes (FAG) können die Land- und Stadtkreise laut dem Bericht nur 85 Prozent der Kosten decken, die ihnen derzeit für die Erledigung FAG-finanzierter Landesaufgaben entstehen. „Das Land müsste deutlich mehr beisteuern“, befand auch Gerd Holzwarth. Landesweit betrage der Finanzierungsbedarf jährlich 10,38 Millionen Euro zusätzlich. Werde nicht mehr in den Forst investiert, müsse man die Aufgaben reduzieren, was mit einer Senkung der Standards gleichzusetzen ist.

Die Aufstockung der FAG-Mittel ist folglich eine der zentralen Forderungen der Land- und Stadtkreise ebenso wie die Aufstockung der Personalstellen. Weitere Forderungen sind die Beschleunigung von Genehmigungen für erneuerbare Energien im Wald (Stichwort Windräder) und die Beseitigung der Doppelzuständigkeiten. „Es geht um nicht weniger als unseren Wald, der unter dem Klimawandel leidet“, schloss Gerd Holzwarth seinen Vortrag.

Die Nachfrage Jochen Haußmanns (FDP/FW), ob es nicht denkbar wäre, manche Aufgaben an Forst BW zu delegieren, musste Richard Sigel leider mit einem klaren Nein beantworten. „Die kümmern sich nur um den Staatswald und lehnen alle anderen Anfragen ab.“ Gudrun Wilhelm (Gruppe Wilhelm/Klinghoffer) sprach dem Kreisforstamt ein großes Lob aus: „Der Dialog ist so lebendig wie nie“, hob sie hervor. Das liege auch an den vielen Veranstaltungen, zu welchen die Bürgerschaft eingeladen werde. „Das zeigt, dass wir im Kreis auf dem richtigen Weg sind.“

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Erstellt:
27. Mai 2023, 06:00 Uhr

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