Deutsche Rücklagen GmbH hat Insolvenz angemeldet

Wohnungseigentümern in der Region Stuttgart droht der Verlust ihrer Erhaltungsrücklagen. Ihre Verwalter hatten Risikopapiere gekauft.

Die Firma Consigma Baden-Württemberg hat ihre Zelte in Rutesheim mittlerweile abgebrochen.

© Simon Granville

Die Firma Consigma Baden-Württemberg hat ihre Zelte in Rutesheim mittlerweile abgebrochen.

Von Jörg Nauke

Stuttgart - Schlechte Nachrichten für viele Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) in der Region Stuttgart und in der Landeshauptstadt: Weil die DR Deutsche Rücklagen GmbH Insolvenz angemeldet hat, drohen ihnen erhebliche Verluste. Das Amtsgericht Frankfurt am Main eröffnete am 4. März (AZ: IN 212/25 D-77) das vorläufige Insolvenzverfahren. Davon betroffen sind WEG, deren Verwalter – in der Region Stuttgart vor allem die Wiesbadener Firma Consigma – ihr Erspartes für Sanierungsmaßnahmen in risikobehaftete Anleihen der DR Deutsche Rücklagen GmbH investiert haben. Und dies teils ohne Beschluss und im Widerspruch zum Gesetz, das einen besonders sorgsamen Umgang bei der Anlage von Erhaltungsrücklagen vorschreibt.

Der Tübinger Rechtsanwalt David Greiner hat bereits Urteile gegen das Unternehmen erstritten und für zwei WEG im Kreis Böblingen vollstreckbare Titel im Umfang von rund 150 000 Euro erwirkt. Drei weitere liegen nun auf Eis. Er teilte auf Anfrage mit, seine Erfolge vor Gericht seien nun wegen des Insolvenzantrags obsolet. Alle Gläubiger, und es sind sehr viele in ganz Deutschland, müssten gleichbehandelt werden. Bekannt sind drei Anleihen im Umfang von 131 Millionen Euro. Die Sindelfinger AS Immosolution von Verwalterin Silke Adler betreut derzeit fünf betroffene WEG, die Rücklagen von rund 400 000 Euro wiederhaben wollen.

Ansprüche könnten derzeit noch nicht angemeldet werden, sagt der Düsseldorfer Anwalt für Bank- und Kapitalrecht Sascha Borowski, der allein schon 15 WEG vertritt, die für 1,5 Millionen Euro Anleihen besitzen. Das Amtsgericht Frankfurt am Mai hat Martin Obermüller zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Dieser wird nun prüfen, ob ein Insolvenzgrund vorliegt und die Kosten des Verfahrens voraussichtlich gedeckt sind. Bestätigt Obermüller das, wird er dem Amtsgericht die Eröffnung des Insolvenzverfahrens empfehlen. Betroffene Anleihegläubiger sollten dann ihre Forderungen zur Insolvenztabelle anmelden.

Der Druck auf Verantwortliche ist hoch, da bereits Strafanzeigen gestellt sind. Die Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Wirtschaftsstrafsachen in Frankfurt hat Ermittlungen eingeleitet. Deren Kollegen in Stuttgart sind ebenfalls am Thema dran.

Es kommen auch Schadenersatzansprüche gegen verschiedene Beteiligte in Betracht, darunter auch gegen die Hausverwaltungen. Auch die Rolle der depotführenden Volksbank Neckar Odenwald Main Tauber wird überprüft. Enge wirtschaftliche und persönliche Verflechtungen, die nicht offengelegt wurden, könnten laut Borowski Haftungsansprüche begründen. Hätten Berater oder Vermittler wesentliche Risiken verschwiegen oder falsche Versprechen gemacht, bestünden gute Chancen auf eine Inanspruchnahme. Anfragen unserer Zeitung hat sich die Volksbank unlängst verbeten.

Das mit den Anleihen eingenommene Geld – rund 131 Millionen Euro – will die Deutsche Rücklagen GmbH an Firmen in der Baubranche in Form von Darlehen verteilt haben. Dieses riskante Geschäft hat ihr die Bankenaufsicht Bafin im vergangenen Jahr, zumindest für eine Anleihe, aber untersagt. Die Kontrolleure veröffentlichten einen Hinweis, in dem vor dem „vollständigen Verlust des eingesetzten Kapitals“ gewarnt wird. Es war davon die Rede, dass das Wertpapier „nicht an einer Börse oder an einem organisierten Markt handelbar ist“, wie die Bafin mitteilt. Ein „liquider Zweitmarkt für die Schuldverschreibung“ bestehe nicht. Der Verkauf sei deshalb faktisch eingeschränkt.

Der Insolvenzverwalter dürfte ein Sonderkündigungsrecht für die Darlehensverträge zwischen der DR Deutsche Rücklagen GmbH und den Kreditnehmern in der Baubranche haben. Gegenwärtig ist aber unbekannt, ob es diese Verträge tatsächlich gibt und wenn doch, in welcher Höhe und mit wem. Unklar ist auch, ob die Kreditnehmer überhaupt zur Rückzahlung in der Lage wären. Dass bei der Consigma und der DR Deutsche Rücklagen GmbH viel zu holen sei, bezweifeln die Experten gegenwärtig. Zum Jahresende konnten bereits die Zinsen nicht mehr bezahlt werden.

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Erstellt:
11. März 2025, 22:06 Uhr
Aktualisiert:
12. März 2025, 22:01 Uhr

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