Dialog über die Baumfällungen im Backnanger Plattenwald
Der jüngste Baumhieb im Backnanger Plattenwald hat die Gemüter einiger Anwohner erhitzt. Damit Förster und Bürger ins Gespräch kommen, hat der Backnanger Ortsverein des Nabu ein Treffen organisiert. Viele Fragen wurden geklärt, doch nicht jede Skepsis konnte beseitigt werden.
Von Anja La Roche
Backnang. Ganz tot und abgeschlagen liegen sie da am Wegrand im Backnanger Plattenwald: die Bäume, die dem jüngsten Holzeinschlag der Förster zum Opfer gefallen sind – ein Anblick, der einigen Anwohnern schwer auf den Magen schlägt. Und bei manch einem die Fragen hervorruft: Musste das sein? Ist das nachhaltig, was die Förster da entschieden haben? Um darüber ins Gespräch zu kommen, treffen sich die verantwortlichen Förster mit interessierten Bürgern im Plattenwald, erklären dort ihre Maßnahmen und beantworten kritische Fragen.
Die Idee dazu hatte der Naturschutzbund (Nabu) Backnang. „Wir vom Nabu freuen uns über alle, die unseren Wald schätzen. Dass dabei der Holzeinschlag kritisch in den Fokus rückt, ist normal und gut so“, sagt Jürgen Ehrmann.
Ulrich Häußermann, stellvertretender Leiter des Kreisforstamts Rems-Murr, sagt zu den zirka 16 Teilnehmern: „Ganz oben steht für uns: Wir wollen den Wald klimafit machen.“ Das sei ebenso das Ziel der Stadtverwaltung Backnang. „Wir sind nicht die Ausbeuter des Waldes, wir werden nicht nach Profit bezahlt“, sagt Häußermann. Der umfangreiche Hieb habe sein müssen, damit die restlichen Bäume mehr Wasser und Licht zur Verfügung haben – sonst bestünde ein zu hoher Konkurrenzkampf.
„Wir müssen jetzt mehr Holz machen, um die einzelnen Bäume zu schützen“, erklärt Häußermann. Je heißer und trockener das Klima ist, desto weniger Stämme pro Fläche müssten im Wald stehen, ähnlich wie es bereits jetzt im Mittelmeerraum ist. „Ich will kein Horrorszenario beschreiben, aber in die Richtung wird es hier auch gehen.“
Das Waldinnenklima muss stimmen
Ob die Bäume sich nicht gegenseitig vor der Hitze schützen würden, fragt Marion Schieber-Stitz vom Nabu daraufhin. Der Förster bejaht und antwortet, dass es sich bei den Maßnahmen stets um einen Spagat zwischen Waldinnenklima und dem Schützen einzelner Bäume handle. Jürgen Ehrmann fragt, wie viel Prozent des Holzschlags im Plattenwald denn diesem ökologischen Ziel gedient haben. 100 Prozent, antwortet Häußermann: „Das heißt, wir können den Wald zu 100 Prozent in eine Richtung lenken, von der wir glauben, dass sie besser ist.“ In vielen anderen Wäldern hingegen gebe es einen hohen Schadholzanteil.
Der Revierförster für den Kommunalwald in der Backnanger Bucht, Paul Bek, nimmt die Gruppe mit in den Wald zu einzelnen Bäumen, um bereits Gesagtes zu veranschaulichen. Da steht etwa eine 24 Jahre alte Eiche, markiert mit einem weißen Z, was so viel bedeutet wie: Dieser Baum bleibt stehen. Der Hieb hatte das Ziel, solchen ausgewählten Bäumen mehr Platz zu schaffen. Dadurch bilden sie eine größere Krone aus und werden resistenter gegen trockene Sommer. Beim Markieren der Bäume habe Bek insbesondere auf eine große Vielfalt und auf trockenresistente Sorten geachtet.
Für Andreas Brunold vom Bund für Umwelt- und Naturschutz, Ortsgruppe Backnanger Bucht, bleibt es dabei: „Mir wird hier zu viel eingeschlagen.“ Das trockne den Boden aus und störe den Wasserkreislauf. Auch Stefan Weigand sorgt sich darum, dass nun mehr Sonnenstrahlen auf den Boden kommen und dadurch mehr Wasser verdunstet. Die Förster nehmen ihm diese Sorge: Das meiste Regenwasser verdunste noch auf dem Blätterdach. Und „alles Wasser, das am Boden ankommt und dem Baum zur Verfügung steht, ist gut“, sagt Paul Bek. Bei weniger Stämmen sei das eben mehr Wasser pro Baum.
Die Bürger stören die Spurrillen
Großes Thema für die Anwohner sind auch die Schleppspuren auf dem Waldboden. „Da so reinzufahren find ich eine Sauerei“, echauffiert sich Björn Michl, erster Vorsitzender des Bürgervereins Backnang-Plattenwald. Paul Bek antwortet: „Die Fahrspuren sind Altbefahrungen.“ Wegen Laub und Gebüsch seien die alten Spuren nicht sichtbar gewesen, aber der Boden sei bereits durch Arbeiten in der Vergangenheit verdichtet – und das Einsetzen von Pferden statt Maschinen wäre laut ihm deshalb reine Geldverschwendung gewesen.
Zu guter Letzt referiert Hans-Joachim Bek von ForstBW über den Abschnitt im Plattenwald, der Staatswald ist. Auch er betont, dass ökologische Aspekte stets priorisiert würden. Marion Schieber-Stitz vom Nabu ärgert sich darüber, dass die Bäume während der Amphibienwanderungen gefällt wurden. Das sei bei der Vielzahl an Gewässern aber nicht zu umgehen, argumentiert Hans-Joachim Bek. Er schätzt den Schaden für die Amphibien durch die Forstarbeiten zudem als sehr gering ein.
Nachdem Stefan Weigand die Förster um eine bessere Kommunikation vor einem künftigen Baumhieb bittet – vor allem gegenüber den Kindern und Eltern des Waldkindergartens –, neigt sich die Runde dem Ende zu. Für Gerhard Seiter ist dabei klar: Ganz koscher ist ihm die Arbeit der Förster nicht – zumindest nicht von ForstBW. Eine zu große Rolle spiele der Profit. „Dem Staatswald gebe ich den Tipp: Weniger ist mehr“, so der Gemeinderat aus Auenwald.