Eurozone
Die Arbeit am digitalen Euro geht voran
Die virtuelle Währung soll eines Tages neues gesetzliches Zahlungsmittel werden. Sie soll das Bargeld aber nur ergänzen, nicht ersetzen.
Von Knut Krohn
Seit Jahren tüfteln die Währungshüter im Euroraum an einem digitalen Euro. Aber noch immer ist nicht entschieden, ob und wann eine digitale Variante der europäischen Gemeinschaftswährung eingeführt wird. Sehr groß sind die technischen und auch rechtlichen Hürden, etwa beim Thema Datenschutz. Die Europäische Zentralbank (EZB) befindet sich im Moment in der sogenannten Vorbereitungsphase, die noch etwa bis Ende 2025 dauern soll. In dieser Zeit wird das Regelwerk fertiggestellt und es werden Anbieter ausgewählt, die eine Plattform und die Infrastruktur für einen digitalen Euro entwickeln könnten.
Am Montag nun diskutierte Piero Cipollone, Mitglied des EZB-Direktoriums, in Brüssel mit dem Parlamentsausschuss für Wirtschaft und Währung den Stand der Dinge und vor allem auch die nächsten Schritte. Die Europaabgeordneten werden danach mit der Arbeit an dem sogenannten Verordnungsentwurf zur Einführung des digitalen Euro beginnen.
Das Bargeld wird nicht abgeschafft
Nach Aussagen von Cipollone konzentriere sich die EZB im Moment darauf, eine Methodik zu entwickeln, mit der die maximale Menge an digitalen Euro festgelegt wird, die eine Person zu einem bestimmten Zeitpunkt besitzen kann. „Diese Obergrenzen sind wichtig, um die Finanzstabilität zu gewährleisten und zu verhindern, dass insbesondere in Krisenzeiten in großem Umfang von Bankeinlagen auf den digitalen Euro umgeschichtet wird“, erklärte der Italiener. Zudem arbeite die EZB an der Festlegung von Regeln und Standards für eine einheitliche Nutzung im gesamten Euroraum, sagte Cipollone.
Die EZB-Verantwortlichen versuchen auch immer wieder, die Befürchtungen vieler Bürger zu zerstreuen. Sie betonen etwa, dass das Bargeld nicht abgeschafft werde. Das bedeutet: auch wenn es in Zukunft einen digitalen Euro als gesetzliches Zahlungsmittel geben soll, werden weiter Euro-Münzen und Banknoten im Umlauf sein, schreibt die Behörde auf ihrer Homepage.
Viele Länder arbeiten an digitaler Währung
Brüssel will sogar per Gesetz sicherstellen, dass Bargeld in der Europäischen Union weiterhin breit akzeptiert wird und Verbraucher flächendeckend Zugang dazu haben. „Um den Status des Bargelds als gesetzliches Zahlungsmittel in der Praxis zu erhalten, muss der leichte Zugang zu Euro-Bargeld gewährleistet sein, denn wenn die Bürger keinen Zugang zu Bargeld haben, können sie nicht damit bezahlen und der Status als gesetzliches Zahlungsmittel wird untergraben“, heißt es in einem Gesetzesvorschlag der EU-Kommission.
Bei der Entwicklung eines digitalen Zahlungsmittels steht die EU nicht an der Spitze. In mehr als 100 Staaten beschäftigten sich derzeit Experten damit. So arbeitet China schon länger an einer digitalen Variante seiner Währung Renminbi. In Europa vergleichsweise weit vorangeschritten ist das Projekt E-Krona der schwedischen Zentralbank, denn in dem skandinavischen Land wird Bargeld kaum noch genutzt.
Viele Menschen bezahlen noch bar
Im Euroraum ist das Bezahlen mit Bargeld an der Ladenkasse noch immer weit verbreitet. Doch gemessen am Wert übertreffen Kartenzahlungen inzwischen das Bezahlen mit Scheinen und Münzen. Die Coronapandemie habe den Trend zu elektronischen Zahlungsmitteln deutlich beschleunigt, heißt es in einer Studie der EZB. Allerdings ist der digitale Zahlungsverkehr in Europa von ausländischen Anbietern dominiert. Allen voran der US-Riese Paypal, aber auch Apple Pay oder Google Pay als Bezahldienste großer US-Tech-Konzerne werden zunehmend genutzt. Dem wollen die Europäer ein eigenes Angebot entgegensetzen.
Große Bedenken gegen einen digitalen Euro haben vor allem Datenschützer. Selbst die Befürworter räumen ein, dass es völlige Anonymität nur beim Bezahlen mit Bargeld gibt. Auch die Bundesbank schrieb 2021, als die Überlegungen für die digitale Gemeinschaftswährung erstmals konkret wurden, die „vollständige Anonymität von Zahlungen ohne jegliche digitale Spuren“ lasse sich „mit digitalem Geld nicht darstellen“. Wie bei anderen digitalen Bezahlvorgängen könnten beim digitalen Euro umfassende Informationen über einzelne Geschäftsaktivitäten gesammelt werden. Gründe dafür sind etwa die Vorschriften zur Geldwäschebekämpfung und zur Verhinderung von Terrorismusfinanzierung. Inzwischen wird allerdings überlegt, ob beim Bezahlen von geringen Beträgen der Grad an Privatsphäre noch einmal erhöht werden kann.