Courtney Love wird 60

Die ewige Witwe

Courtney Love ist eine erfolgreiche Sängerin und Schauspielerin und sich für keinen Skandal zu schade. Doch für die Öffentlichkeit ist sie vor allem – die Witwe von Kurt Cobain. Nun wird sie 60 Jahre alt.

Courtney Love polarisiert – damals wie heute.

© //Paul Fenton

Courtney Love polarisiert – damals wie heute.

Von Carolin Klinger

Courtney Love wusste immer, was sie werden wollte. Sie wollte ein Star sein – und das wurde sie auch. Als dominante Frontfrau der Grunge-Band Hole feierte sie Erfolge, als Schauspielerin erhielt sie eine Golden-Globe-Nominierung. Trotzdem sollte sie vor allem für das tragischste Ereignis in ihrem Leben berühmt werden: als Witwe des Nirvana-Sängers Kurt Cobain, der 1994 selbst seinem Leben ein Ende setzte.

Aus dem Schatten ihres berühmten toten Mannes konnte die Musikerin, Songschreiberin und Schauspielerin nie ganz heraustreten. Seinen Tod scheint sie auch 30 Jahre später noch nicht überwunden zu haben. Es wird auch wohl kaum ein Interview mit ihr geben, in dem es nicht unweigerlich auch um den Mann geht, mit dem sie bis zu seinem Tod zwei turbulente, von Drogeneskapaden geprägte Jahre verheiratet war und mit dem sie eine Tochter hat. Schon zu seinen Lebzeiten wurde sie kritisiert, nach seinem Tod von vielen gehasst und angefeindet, sogar für seinen Suizid verantwortlich gemacht. Unterkriegen ließ sich Courtney Love davon nicht.

Am 9. Juli wird die als „Skandalnudel“ („Süddeutsche“) oder „Königin der Schlampen“ („taz“) betitelte Sängerin 60 Jahre alt. Sie ist inzwischen von Los Angeles nach London gezogen und beteuert, keine Drogen mehr zu nehmen. Was sich allerdings nicht geändert hat: Courtney Love ist und bleibt unbequem. Erst kürzlich zog sie wieder einigen Unmut auf sich, als sie in einem Interview mit dem „Standard“ über Everybody’s Darling Taylor Swift lästerte: „Taylor ist nicht wichtig.“ Auch die Musik von Beyoncé mag sie offenbar nicht, und Madonna kann sie als Person nicht leiden.

Courtney Love hielt ihre Meinung noch nie zurück. Die Konsequenzen scheinen ihr egal zu sein: „Die Leute sagten immer, ich sei so schwierig. Sie sagten, ich sei unsympathisch. Ja, ich bin absolut unsympathisch, und ich werde mich nie dafür entschuldigen. Ich wollte immer als Bitch bekannt sein. Es war nie mein Ding, gemocht zu werden“, sagte sie dem „Standard“.

Courtney Love, die mit bürgerlichem Name Courtney Michelle Harrison heißt, hatte eine unstete Kindheit. Nach der Trennung ihrer Eltern zog ihre Mutter mit ihr und wechselnden Partnern von einer Hippie-Kommune zur nächsten, darunter war auch eine Schaffarm in Neuseeland. Wegen Diebstahls kam die junge Courtney sogar einmal in ein Erziehungsheim. Als Teenager distanzierte sie sich von ihrer Familie und verdiente als Striptease-Tänzerin in den Vereinigten Staaten, Japan und Taiwan ihr Geld.

Zurück in den USA widmete sie sich der Musik. Nachdem sie mit verschiedenen Bands wie zum Beispiel Faith No More zusammengearbeitet hatte, gründete sie 1989 ihre eigene Band Hole, deren Gitarristin und Sängerin sie war. Das erste Album „Pretty on the Inside“ erfuhr Beachtung, Courtney Loves Look fiel auf: Babydollkleidchen, zerrissene Strumpfhosen und Cowboystiefel, dazu knallroter Lippenstift und wasserstoffblond gefärbte Haare. „Kinderhuren-Look“ nannte das die Presse. 1991 kam sie mit Nirvana-Frontmann Kurt Cobain zusammen. Die beiden verliebten sich.

1992 heiratete sie ihn auf Hawaii, sie bekamen Tochter Frances Bean Cobain. Ihre eigenen musikalischen Ambitionen stellte Courtney hinten an, doch schließlich nahm sie mit Hole ihr zweites Album „Live through this“ auf. Eine Woche vor dessen Veröffentlichung kam es zur Katastrophe: Kurt Cobain erschoss sich im April 1994 in seiner Garage. Verzweifelte Fans und Freunde suchten einen Schuldigen und fanden ihn schnell in seiner Witwe.

Das Album „Live through this“ erreichte zwar Platinstatus, doch die Band ereilte der nächste Schicksalsschlag. Nur zwei Monate nach Cobains Tod starb Hole-Bassistin Kristen Pfaff an einer Überdosis. Courtney Love gab später zu, dass sie bei ihren Auftritten zu dieser Zeit ebenfalls ständig high gewesen sei. Ihre Tochter Frances Bean wuchs hauptsächlich bei der Großmutter auf. Bis heute soll das Verhältnis zwischen Mutter und Tochter schwierig sein.

Doch statt endgültig im Drogensumpf zu versinken, machte Courtney Love das, womit niemand gerechnet hatte: Sie wurde clean. Sie verfolgte fortan neben der Musikkarriere ihren Kindheitstraum, Schauspielerin zu werden. Ihr Durchbruch gelang ihr in Milos Formans Film „Larry Flynt – Die nackte Wahrheit“ in der Rolle der Frau eines Pornoverlegers. Dafür erhielt sie mehrere Auszeichnungen und eine Golden-Globe-Nominierung.

Trotz dieser Erfolge passte sie nie wirklich auf die roten Teppiche, in die Glamourwelt Hollywoods. Sie kämpfte um das Nirvana-Erbe gegen Dave Grohl (einst Niravana-Schlagzeuger, später der Gründer der Band Foo Fighters) und verärgerte 2010 ihre ehemaligen Bandkollegen, als sie ein neues Hole-Album ohne sie veröffentlichte. Courtney Love heiratete nie wieder. Und auch mit 60 Jahren scheint sie ihren Frieden nicht gefunden zu haben. Vielleicht will sie das aber auch gar nicht.

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Erstellt:
8. Juli 2024, 06:10 Uhr
Aktualisiert:
8. Juli 2024, 11:29 Uhr

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