Die Gefahr des Flusses wird gemindert
Beim 225. Altstadtstammtisch referiert Baudezernent Stefan Setzer über Leben an der Murr und Hochwasserschutz in Backnang. Er unterstreicht die Fortschritte der vergangenen Jahre und verweist auf künftige Möglichkeiten im Sinne der Naherholung.

Ein Hochwasser wie 2011 soll es in Backnang dank zahlreicher Schutzmaßnahmen nicht mehr geben. Foto: BKZ-Archiv
Von Klaus J. Loderer
Backnang. Dass es wieder ein kleines Jubiläum zu feiern gibt, betonte Ernst Hövelborn beim 225. Altstadtstammtisch des Heimat- und Kunstvereins Backnang. Wieder fand der Vortrag online statt und nicht in der Eingangshalle des Helferhauses. Das bauliche Erbe und das Bauen in der Stadt seien von Anfang Themen der Veranstaltungsreihe gewesen, so habe der allererste Altstadtstammtisch 1979 die Altstadtsanierung vorgestellt. Dass in früheren Jahren die Backnanger Bürger zumindest in Murrnähe immer damit rechnen mussten, dass sie nasse Füße oder gar nasse Keller bekommen, bemerkte Hövelborn und leitete damit auf den Vortrag über.
Baudezernent Stefan Setzer wollte das Thema Murr aber nicht nur über den Hochwasserschutz angehen, sondern auch die Möglichkeiten aufzeigen, die ein Fluss für die Menschen als Naherholungsbereich bieten kann, und so stellte er auch die Ideen vor, die im Rahmen des Wettbewerbs IBA’27 etwa für einen Park an der Murr im Bereich der ehemaligen Lohmühle entstanden sind. Dort soll das Ufer naturnah gestaltet werden. Die an der Sulzbacher Brücke schon umgesetzten Ideen, wie die Murr ein neuer Lebensmittelpunkt werden könne, sollen nach Setzer noch weitergeführt werden: „Die Stadt öffnet sich zum Fluss.“
Er illustrierte das mit einem historischen Foto, das eine kleine Gruppe zeigt, die es sich im Sommer mit einem Tisch in der Murr gemütlich gemacht hat. Aber zunächst ging Setzer auf das Thema Hochwasser ein. „Hochwasser begleitet die Stadt seit Menschengedenken,“ stellte Setzer trocken fest. Und so zeigte er eine Chronologie schwerer Hochwasser mit historischen Fotos des völlig überfluteten Murrtals. Backnang liegt im Landesvergleich auf Platz 13 bei Vermögensschäden durch Hochwasser. Setzers Berechnungen haben ergeben, dass bei einem Extremhochwasser in Backnang 2700 Menschen betroffen sein könnten.
Um solchen Bedrohungen künftig vorzubeugen, sind die Schutzmaßnahmen intensiviert worden. Zum Hochwasserschutzkonzept des neu gegründeten Wasserverbands Murrtal gehören sieben Hochwasserrückhaltebecken. Das größte soll zwischen Oppenweiler und Sulzbach an der Murr entstehen und 850000 Kubikmeter Wasser aufnehmen können. Davon verspricht sich Stefan Setzer in Backnang eine Pegelabsenkung um 50 Zentimeter: „Das kann den Überschlag des Hochwassers über die Schutzmauern verhindern.“
Baudezernent Setzer stellte dann bei einem virtuellen Gang durch Backnang die bereits durchgeführten und geplanten Maßnahmen an der Murr vor. In einem Retentionsraumregister weise die Stadt mögliche Überflutungsflächen nach. So diene etwa die Hintere Tos als Reserve. Setzer erläuterte, wie im Bereich der Oberen Walke eine abgesenkte Grünanlage vor einer Wohnbebauung bei Hochwasser ohne Schaden überflutet werden könne. Das historische Wehr an der Bleichwiese soll erhalten werden, gleichzeitig müsse aber für mehr Durchlässigkeit gesorgt werden. Das nächste Wehr am Biegel soll allerdings durch eine raue Rampe ersetzt werden. Ganz darauf verzichten könne man nicht, da der historische Mühlkanal unter Denkmalschutz stehe und in der ehemaligen Layher’schen Mühle für Stromgewinnung genutzt werde. Im Sommer 2023 soll eine 70 Meter lange Rampe in Form in der Höhe gestaffelter Becken ausgeführt werden, die dann wie eine flache Kaskade erscheinen werde.
Der Referent erläuterte auch die Aufgabe der neuen Pumpwerke, die die Kanalisation entlasten und verhindern sollen, dass das Hochwasser über das Rohrsystem in die Häuser eindringt. Im Bereich der Aspacher Brücke seien neue Schutzmauern entstanden. Der abgesenkte Flanier- und Sitzbereich soll nächstens fertiggestellt werden, wenn alle Absturzsicherungen angebracht sind. Mit einer anderen Anordnung der Steinblöcke sollen Ufer und Flusslauf hier interessanter werden.
In seinem Vortrag sprach Setzer aber auch noch ein Hochwasserphänomen an, das nicht nur das Murrtal betrifft, und das ist der Starkregen, der an bisher ungewohnten Stellen zu Überflutungen führt. Der Baudezernent möchte die Bevölkerung auf dieses Thema sensibilisieren. Hier sei es notwendig ein Bewusstsein für die Gefahren zu schaffen, damit die Bürger in und um ihre Häuser gefährdete Stellen erkennen. Hier sei es mit einfachen Mitteln wie Sicherungen an Kellertüren und -fenstern möglich vorzubeugen. Backnang und Oppenweiler erstellen derzeit eine Starkregenrisikokarte.
In der kleinen Diskussionsrunde am Ende kam die Frage nach der Uferbepflanzung auf. Diese sei früher regelmäßig zurückgeschnitten worden. Setzer bemerkte dazu, dass dafür das Land zuständig sei. Allerdings habe es da einen Wandel im Bewusstsein gegeben. Früher seien Büsche und Bäume im Flussbereich rigoros entfernt worden. Durch den Wandel im ökologischen Bewusstsein vermeide man inzwischen nicht unbedingt notwendige Schnitte. Denn das Grün helfe, den Fluss zu verschatten. Gerade die Murr habe das Problem, dass sich das Wasser im Sommer stark aufheize, was für die Fische ein Problem darstellt.

„Hochwasser begleitet die Stadt seit
Menschengedenken.“