Die Geister gehen in Kirchberg auf Süßigkeitenjagd

Die Idee entsteht während der Pandemie: Damit die Kinder trotzdem Halloween feiern können, markieren einige Eltern aus Kirchberg ihre Adressen in einer Online-Karte. Dort finden die verkleideten Kinder dann Süßigkeiten. In diesem Jahr geht das Event bereits in die vierte Runde.

Ganz schön schaurig: Bei den Halloween-Fans Emmi und David aus Kirchberg sind die Dekoration und die Outfits perfekt auf das Gruselfest abgestimmt. Fotos: Alexander Becher

© Alexander Becher

Ganz schön schaurig: Bei den Halloween-Fans Emmi und David aus Kirchberg sind die Dekoration und die Outfits perfekt auf das Gruselfest abgestimmt. Fotos: Alexander Becher

Von Carolin Aichholz

Kirchberg an der Murr. Wenn sich die Häuser in ganz normalen Wohngebieten in unheimliche Geistervillen verwandeln, verkleidete Kinder durch die Straßen ziehen und sehr laut „Süßes oder Saures“ fordern, dann ist alle Jahre wieder Halloween.

An dieser Tradition scheiden sich im wahrsten Sinne des Wortes die Geister: Silja Knieriem aus Kirchberg ist eine der Zweiflerinnen, was Halloween betrifft, für ihre drei Kinder hat sie sich jedoch mit der Tradition angefreundet. Während des Lockdowns hat sie sich darum bereitwillig dem Vorschlag einer anderen Mutter angeschlossen, dass sich interessierte Kirchberger in einer Whatsapp-Gruppe zusammenfinden, um an verschiedenen Häusern „Stationen“ mit Süßigkeiten für die verkleideten Kinder aufzubauen. „Dafür reichte ja schon das Aufstellen einer Schüssel mit Schokoriegeln“, sagt Silka Knieriem. Kontaktlos sollte es sein und trotzdem für einen Abend ein bisschen Normalität schaffen.

Die Süßigkeiten-Sucher vernetzen sich

Bei ihr kam schnell der Gedanke auf, das Unterfangen möglichst unkompliziert mit einer Karte des Online-Kartendienstes Google Maps zu gestalten, auf der sich alle selbst eintragen können und die in der Gruppe geteilt wird, damit jeder sehen kann, wo es überall etwas zu sammeln gibt.

Den Initiatorinnen kam zugute, dass die Kirchberger Eltern ohnehin gut vernetzt sind. Es existiert bereits eine Whatsapp-Gruppe, in der die Eltern Kinderkleidung und Spielzeug untereinander tauschen und verkaufen. Diese Gruppe hatte damals rund 260 Mitglieder und war daher ideal, um die Idee der Halloween-Karte mitzuteilen und eine breite Masse an Eltern anzusprechen.

Die Voraussetzung für einen Eintrag in der Karte ist lediglich ein Konto bei der Online-Suchmaschine Google. „Da gabs dann auch teilweise technische Schwierigkeiten, aber in unserer Gruppe helfen wir uns da untereinander“, sagt sie schmunzelnd.

Auch die Lampen mit aufgeklebten Fratzen sorgen für geheimnisvolle Stimmung.

© Alexander Becher

Auch die Lampen mit aufgeklebten Fratzen sorgen für geheimnisvolle Stimmung.

Der Halloween-Abend wurde damit eine schöne Abwechslung für die Kirchberger Kinder, der ihnen die triste Zeit des Lockdowns versüßte. Sie konnten an vielen geschmückten Häusern vorbeiziehen und an einigen Stationen eine kleine Leckerei in ihre Tütchen packen. „Und je nach der Anzahl der Stationen in einem Wohngebiet ist man da schon ein paar Stunden unterwegs“, sagt Silja Knieriem.

Kein Kind soll leer ausgehen

Für einen kleinen Wermutstropfen sorgte eine kleine Gruppe Elf- oder Zwölfjähriger, die ohne Eltern, aber mit Ikea-Tüten loszogen und an ein paar Häusern einfach alle Süßigkeiten mitnahmen. „Da waren die Kinder dann natürlich schon ein bisschen enttäuscht“, erinnert sich Silja Knieriem. In der Whatsapp-Gruppe hat sie mehrmals darauf hingewiesen, an die Kinder und Jugendlichen zu appellieren, dass jeder sich überall nur ein paar Süßigkeiten mitnehmen und auch die Eltern ihre Kinder dafür sensibilisieren sollten. „Es ist einfach blöd, wenn manche Kinder nichts Süßes mehr bekommen.“

Der Erfolg war enorm, die große Teilnehmerzahl überraschte die Organisatorinnen und sogar Halloween-Muffel Knieriem war vom Konzept überzeugt. In dieser Form kann auch sie sich mit der amerikanischen Tradition anfreunden, mit der sie ansonsten nicht allzu viel anfangen kann. „Für meine drei Kinder zieh ich natürlich mit durch die Straßen. Und wenn man Halloween mit dem Treffen von anderen Leuten und einem Spaziergang verbindet, ist das auch schön. Die Kinder bekommen ihre Belohnung und auch für die Eltern gibts mal ein Bier für den Weg“, sagt sie und lacht.

Auch die vielen gruselig geschmückten Halloween-Häuser ziehen Jung und Alt in ihren Bann. „Viele Kirchberger geben sich da sehr viel Mühe, das ist echt toll“, findet Silja Knieriem. „Und man schützt auch diejenigen, die mit alldem nichts zu tun haben, denn man muss nirgends mehr klingeln“, betont die Mutter.

Auch in diesem Jahr ziehen sie wieder los

Im darauffolgenden Jahr wurde die Aktion beibehalten und die bis dahin ruhende Whatsapp-Gruppe wieder reaktiviert. Kaum ein Teilnehmer war ausgetreten. Silja Knieriem hat eine neue Karte angelegt, in die sich die Gastgeber eintragen konnten und beim vergangenen Halloween waren erneut 51 Familien dabei. Die ersten Rufe nach einer neuen Karte wurden auch in diesem Jahr ab Anfang Oktober schon wieder laut, damit ist die Karte mit den Halloween-Stationen nun schon eine kleine Tradition in Kirchberg.

83 Familien sind in diesem Jahr interessiert, jedoch haben nur rund 40 Familien ihre Adressen als gruseligen Süßigkeiten-Zwischenstopp eingetragen. „Und eine Quote von nur 50 Prozent finde ich schon etwas mager“, sagt Silja Knieriem. Sie rührt noch fleißig die Werbetrommel, damit morgen Abend alle Gespenster, Vampire und Hexen am Ende der Tour zufrieden mit einer vollen Tüte wieder nach Hause gehen können.

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Erstellt:
30. Oktober 2023, 10:30 Uhr

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