Die „schwäbische Hausfrau“ macht eine Pause
Finanzbürgermeister Siegfried Janocha verteidigt im Gemeinderat die geplante Neuverschuldung in den Jahren 2022 und 2023.
Von Kornelius Fritz
Backnang. Sie gilt als Personifikation der Sparsamkeit, weshalb die „schwäbische Hausfrau“ auch das oft zitierte Vorbild für sparwillige Kommunalpolitiker ist. Für den Backnanger Finanzbürgermeister Siegfried Janocha gilt das momentan allerdings nur bedingt, denn der städtische Haushalt für das Jahr 2022 ist geprägt von hohen Investitionen und einer nicht unerheblichen Neuverschuldung. Im sogenannten Ergebnishaushalt, der die laufenden Erträge und Aufwendungen enthält, rechnet die Stadt im kommenden Jahr mit einem Minus von 4,2 Millionen Euro. Das ist zwar schon eine deutliche Verbesserung gegenüber 2021 (minus 8,75 Millionen), aber eben immer noch ein Millionenverlust. Dieser könne allerdings durch eine Entnahme aus der Ergebnisrücklage der Vorjahre ausgeglichen werden, erklärte Siegfried Janocha. Ab 2023 soll der Haushalt dann wieder mit einem Überschuss abgeschlossen werden. „Unsere Haushaltswirtschaft ist damit mit Blick auf die zukünftigen Generationen nachhaltig und solide“, sagte Janocha.
Um alle geplanten Investitionen zu finanzieren, reicht das Geld allerdings nicht. Das Investitionsvolumen im Jahr 2022 liegt bei rekordverdächtigen 26,6 Millionen Euro. Größte Projekte sind dabei der Abriss und Neubau der Karl-Euerle-Halle, die neue Sportkita und das Feuerwehrhaus Backnang-Süd. Um das alles zu finanzieren, will die Stadt im kommenden Jahr 9,5 Millionen Euro Schulden machen, was eine Vervierfachung der Gesamtverschuldung auf rund 12 Millionen Euro bedeutet. 2023 ist nach derzeitigem Plan eine weitere Kreditaufnahme von 8,3 Millionen Euro vorgesehen.
Ab 2024 soll die Verschuldung dann sukzessive wieder reduziert werden. „Dann sollten wir uns wieder von der sprichwörtlichen Sparsamkeit der schwäbischen Hausfrau inspirieren lassen“, erklärte Siegfried Janocha im Gemeinderat. Die gänzlich unschwäbischen Ausschweifungen der kommenden beiden Jahre fallen ihm persönlich zwar nicht leicht, seien angesichts des extrem niedrigen Zinsniveaus aber „gerade noch vertretbar“, so der Finanzbürgermeister. Schließlich seien die Investitionen allesamt notwendig und würden überdies zu knapp 80 Prozent aus Eigenmitteln finanziert. Kämmerer Alexander Zipf erinnerte an die stark steigenden Baukosten. Auch deshalb sei es sinnvoller, jetzt zu investieren, als noch länger zu warten. Janocha hegt überdies die Hoffnung, dass sich die städtischen Finanzen besser entwickeln als gedacht und die anvisierten Kredite zumindest in dieser Höhe doch nicht benötigt werden.
In der Vergangenheit war das regelmäßig der Fall, so auch in diesem Jahr: Die für 2021 eingeplante Neuverschuldung von 6,7 Millionen Euro wurde letztlich nicht benötigt.
Der Blick in die Zukunft macht Janocha Hoffnung: Nach der aktuellen Steuerschätzung geht der Erste Bürgermeister davon aus, dass sich die Steuereinnahmen bereits im kommenden Jahr dem Niveau vor Corona annähern werden. Außerdem rechnet die Stadt mit erhöhten Zuweisungen aus dem kommunalen Finanzausgleich und mit einer reduzierten Kreisumlage. Dadurch könne man auch den Anstieg der Personalkosten kompensieren, erklärte Janocha.
Neben der Tariferhöhung schlagen hier insgesamt 37 neue Stellen zu Buche. Das klinge viel, sei zur Bewältigung der anstehenden Aufgaben aber kaum zu vermeiden. Als Gründe nannte Janocha unter anderem die städtischen Bemühungen beim Klimaschutz und der Digitalisierung von Schulen und Verwaltung sowie das neue Eventteam im Kulturamt, das künftig das Straßenfest organisiert. Auch für mehrere neue Kitagruppen wird Personal gebraucht.
Die Fraktionen im Gemeinderat werden ihre Stellungnahmen zum Haushalt zwar erst Anfang Dezember abgeben, schon jetzt deuteten Vertreter mehrerer Parteien allerdings an, dass sie den Kurs der Verwaltung grundsätzlich unterstützen. „Bei der Verschuldung bleiben wir noch im moderaten Rahmen“, meinte SPD-Fraktionschef Heinz Franke. Rolf Hettich (CDU) erinnerte daran, dass vor einem Jahr noch ein Schuldenanstieg auf bis zu 34 Millionen Euro bis Ende 2023 vorausgesagt worden war: „Im Gegensatz dazu hört sich das doch jetzt schon deutlich besser an.“