Die Villa Franck in Murrhardt steht zum Verkauf
Die Impro Immobilienverwertung GmbH aus Dresden bietet die Murrhardter Immobilie aus dem Jahr 1907 zum Verkauf an. Die Stadt Murrhardt betont ihr besonderes Interesse an dem stadtbildprägenden Gebäude. Bürgermeister Armin Mößner: „Wir sind offen für alles.“
Von Matthias Nothstein
Murrhardt. Es waren goldene Zeiten, die die Murrhardter Villa Franck einst erlebte. Damals, zu Beginn des 20. Jahrhunderts, als das imposante Gebäude Teil eines einzigartigen Ensembles war und zusammen mit einem Park die Sommerresidenz der Ludwigsburger Fabrikantenfamilie Robert Franck bildete. Ein Gebäude, das bis ins Detail für Jugendstil und Historismus stand.
Dieser Glanz ist schon lange nicht mehr strahlend. Vielmehr fristet die Villa seit Jahren ein Dornröschendasein. Der bisherige Eigentümer Patrick Siben hat zwar mit allerlei Mühe, Ideenreichtum und Idealismus versucht, das architektonische Kleinod am Leben zu erhalten, aber dieses Engagement frisst viel Geld. Geld, das Siben als freischaffender Künstler offensichtlich nicht auftreiben konnte. Fakt ist jedenfalls, dass die Villa jetzt zum Verkauf steht. Die Dresdner Firma Impro Immobilienverwertung GmbH bietet die Villa feil. Als Angebotspreis stehen 1,5 Millionen Euro im Raum. Für ein Gebäude mit 42 Zimmern und 1200 Quadratmetern Wohnfläche sowie einem Grundstück von 109 Ar am Stadtrand von Murrhardt auf den ersten Blick ein Schnäppchen. Aber Obacht. Das Haus steht unter Denkmalschutz und muss dringend saniert werden. Die Sanierungskosten und der Unterhalt der Immobilie dürften den Anschaffungspreis bei Weitem übertreffen.
Für den Leiter der Stuttgarter Saloniker ist die Villa sein Lebenswerk
Patrick Siben hat die Villa um die Jahrhundertwende erworben. Der 59-Jährige, vielen Kunstfreunden bestens bekannt als Leiter der Stuttgarter Saloniker, ist ein Kunstliebhaber und sieht in dem Erhalt der Villa sein Lebenswerk. Seit Jahren steckt er viel Geld in die Sanierung des Gebäudes und des Umfelds, eigenen Angaben zufolge bis 2007 sogar zwei Millionen Euro. Und wäre die Coronapandemie nicht dazwischengekommen, so hätte der Künstler eigenen Angaben zufolge die Kredite für die Sanierung bereits im vergangenen Jahr getilgt gehabt. Nun jedoch haben nicht die Kredite die Insolvenz verursacht, sondern laut Siben offensichtlich eine Forderung des Finanzamts Backnang in Höhe von 370000 Euro. Der gebürtige Deidesheimer hat jedenfalls gestern bestätigt, dass diese Forderung das Insolvenzverfahren in Gang gesetzt habe. Ein Verfahren, das schon seit Juni 2022 beim Insolvenzgericht Ludwigsburg anhängig ist.
Dass der Verkauf der Villa erst jetzt ins Rollen kommt, könnte damit zusammenhängen, dass Siben beim Gericht Widerspruch eingereicht hat. Doch nun, knapp eineinhalb Jahre später, hat der Stuttgarter Insolvenzverwalter Ernst gemacht und die Immobilienverwertungsgesellschaft Impro mit dem Verkauf beauftragt. Impro-Mitarbeiter Gunter Schnabel erklärt: „Wir sind nicht vergleichbar mit üblichen Immobilienmaklern, sondern wir haben uns spezialisiert auf den Verkauf von Immobilien aus Insolvenzen und agieren deutschlandweit.“ Schnabel versucht aktuell „mit allen zusammen die Kuh vom Eis zu bringen, und zwar im Interesse aller Betroffenen“.
Bürgermeister Mößner äußert Interesse vonseiten der Stadt
Zu den Betroffenen zählt auch die Stadt Murrhardt. Bürgermeister Armin Mößner sagte gestern: „Die Stadt Murrhardt hat ein besonderes Interesse an der Zukunft der Villa Franck. Diese ist ein stadtbildprägendes Gebäude.“ Zudem sei die Villa eng mit der Geschichte der Stadt und ihres Ehrenbürgers Robert Franck verbunden. Mößner bestätigt die Zusammenarbeit mit der Immobilienverwertungsgesellschaft. Ziel der Stadt Murrhardt sei es, die Villa Franck und das umgebende Ensemble als Gesamtheit und gemäß dem Denkmalschutz einheitlich zu erhalten. Und noch etwas ist Mößner für die Zukunft wichtig: „Die Villa soll weiterhin öffentlich zugänglich sein. Auch soll die Konzeption öffentlich ausgerichtet sein. Wir sind offen für alles, was in dieser Richtung eine gute Zukunft des Ensembles bringt.“
Sollte die Villa von einem privaten Investor gekauft werden, so kündigte Mößner an, dass die Stadt eigene Flächen in der Umgebung und Parkplätze in Form einer Kooperation einbringen könnte. Mößner: „Eine Übernahme durch die Stadt schließe ich nicht kategorisch aus, doch müssen die Rahmenbedingungen passen. Diese sind in Bezug auf die Erschließung des Gebäudes, den baulichen Zustand und den Umgebungszustand nicht einfach.“ Der Murrhardter Bürgermeister verwies aber auch darauf, dass die Stadt viele andere Aufgaben und Vorhaben stemmen müsse.
Die Immobilie Als Kaufpreis hat die Impro Immobilienverwertung Dresden 1,5 Millionen Euro angesetzt. Die Villa hat 42 Zimmer mit ungefähr 1200 Quadratmetern Wohnfläche. Das Grundstück ist 1,09 Hektar groß.
Sanierung Eigenen Angaben zufolge hat Patrick Siben zwischen 2002 und 2007 zwei Millionen Euro in die Sanierung der Villa gesteckt. Es galt, einen 170 Seiten starken Maßnahmenkatalog abzuarbeiten. Die Forderung, eine Hangverdübelung vorzunehmen, so wie es zwei Gutachten des Denkmalamts gefordert hatten, konnte Siben mit einem Gegengutachten zurückweisen. Allerdings haben sich laut Siben zuletzt wieder Risse im Gebäude und am Hand aufgetan. Saniert wurden die Außentreppe und der Wandelgang. Zudem wurde eine Kanalisation um das halbe Gebäude verlegt und die Fundamente trocken gelegt. Und sämtliche Fenster wurden neu eingeglast und gestrichen. Auch wurde der Teppich aus dem Jugendstilfestsaal entfernt und das Parkett auf 300 Quadratmetern Fläche wieder offengelegt. Weitere Baustellen: das undichte Dach und Risse im Boden.
Strom Ein großes Problem ist die Stromzufuhr, die laut Siben vom benachbarten Pflegeheim gekappt wurde. Einst sei das Heim von der Villa aus versorgt worden, seit einigen Jahrzehnten jedoch umgekehrt. Nun hätte ein neuer Stromanschluss 20000 Euro gekostet. Geld, das Siben nicht hat. Strom gewinnt er seit dem Sommer von 24 Fotovoltaikmodulen, die er im Garten vor der Villa ausgelegt hat. Das reicht für eine Lampe und den Betrieb seines Computers. Mit Holz geheizt wird nur ein Zimmer, die Hackschnitzelanlage läuft nur bei Minusgraden. Gekocht wird auf dem Holzherd. „Ich bin zurück in der Steinzeit“, so Sibens Einschätzung.
Saloniker Patrick Siben hat mit seinem Ensemble Stuttgarter Saloniker bis zur Pandemie rund 300 Konzerte im Jahr bestritten – 100 Auftritte in der Villa Franck, 100 weitere in Stuttgart (die Hälfte davon auf dem Fernsehturm) und 100 Konzerte in verschiedenen Städten in ganz Baden-Württemberg. Aufgrund dieser Einnahmen konnte er die Tilgung der laufenden Kredite zumindest bis zur Pandemie bedienen.
Ensemble Die Stadt Murrhardt hat zur Sicherung des Ensembles im Sinn der denkmalrechtlichen Sachgesamtheit bereits aus der vergangenen Insolvenz des Alters- und Pflegeheims Flächen erworben. So etwa die Parkwaldgrundstücke rund um die Villa Franck und zuletzt die Michaelskirche und den Hochbehälter. Bürgermeister Armin Mößner: „Dies untermauert unsere Bestrebung, das Gesamtensemble zusammenzuhalten.“