Währung

Digitaler Euro: Was kommt auf die Verbraucher zu?

Den Euro könnte es in ein paar Jahren in neuer Form geben: Eine digitale Version würde Schein und Münze ergänzen. Die Vorarbeiten zum digitalen Euro laufen seit geraumer Zeit.

Mit dem digitalen Euro "hätten Verbraucherinnen und Verbraucher die Möglichkeit, neben Banknoten und Münzen auch eine digitale Form von Zentralbankgeld zu nutzen", sagt die EZB.

© Karl-Josef Hildenbrand/dpa

Mit dem digitalen Euro "hätten Verbraucherinnen und Verbraucher die Möglichkeit, neben Banknoten und Münzen auch eine digitale Form von Zentralbankgeld zu nutzen", sagt die EZB.

Von Von Jörn Bender, dpa

Frankfurt/Main - Seit Jahren tüfteln die Währungshüter im Euroraum an einem digitalen Euro. Noch ist nicht entschieden, ob und wann eine digitale Variante der europäischen Gemeinschaftswährung eingeführt wird. Doch allein die Vorbereitungen sorgen für Gesprächsstoff, Gerüchte und Behauptungen, die es einzuordnen gilt.

Behauptung: Das Bargeld wird abgeschafft.

Bewertung: Falsch.

Fakten: "Ein digitaler Euro würde das Bargeld ergänzen, es aber nicht ersetzen", versichert die Europäische Zentralbank (EZB). "Der digitale Euro wäre eine elektronische Form von Bargeld für die digitalisierte Welt. Mit ihm hätten Verbraucherinnen und Verbraucher die Möglichkeit, neben Banknoten und Münzen auch eine digitale Form von Zentralbankgeld zu nutzen." Nach dem Willen der EU-Kommission soll der digitale Euro zusätzlich zu Schein und Münze gesetzliches Zahlungsmittel werden.

Die Behörde in Brüssel will sogar per Gesetz sicherstellen, dass Bargeld in der Europäischen Union weiterhin breit akzeptiert wird und Verbraucher flächendeckend Zugang dazu haben. "Um den Status des Bargelds als gesetzliches Zahlungsmittel in der Praxis zu erhalten, muss der leichte Zugang zu Euro-Bargeld gewährleistet sein, denn wenn die Bürger keinen Zugang zu Bargeld haben, können sie nicht damit bezahlen, und der Status als gesetzliches Zahlungsmittel wird untergraben", heißt es in einem Ende Juni 2023 vorgelegten Gesetzesvorschlag der EU-Kommission. Verbraucherinnen und Verbraucher sollen frei entscheiden können, ob sie bar oder unbar bezahlen.

Behauptung: Digitales Bezahlen nimmt zu.

Bewertung: Richtig.

Fakten: Zwar ist Bargeld im Euroraum immer noch das am häufigsten verwendete Zahlungsmittel an der Ladenkasse, wie aus einer Ende 2022 veröffentlichen Analyse der EZB hervorgeht. Doch gemessen am Wert übertrafen Kartenzahlungen seinerzeit erstmals Scheine und Münzen. Umfrage belegen immer wieder: Die Corona-Pandemie hat den Trend zu elektronischen Zahlungsmitteln beschleunigt.

Behauptung: Wer digital bezahlt, wird überwacht.

Bewertung: Bedingt.

Fakten: Vollkommen anonym bleibt nur, wer mit Bargeld zahlt. Die Bundesbank schreibt schon in ihrem Monatsbericht April 2021, "vollständige Anonymität von Zahlungen ohne jegliche digitale Spuren" lasse sich "mit digitalem Geld nicht darstellen". Das gilt allerdings auch für andere elektronische Formen des Bezahlens.

Beim digitalen Euro könnten wie bei anderen digitalen Bezahlvorgängen umfassende Informationen über einzelne Geschäftsaktivitäten gesammelt werden. Die Entwickler bemühen sich um Datenschutz und Wahrung der finanziellen Privatsphäre, wie Bundesbank-Vorstand Burkhard Balz, der in das Projekt eingebunden ist, versicherte. Balz sagte zugleich: "Vollständige Anonymität kann es dabei nicht geben, da natürlich die Vorschriften zur Geldwäschebekämpfung und zur Verhinderung von Terrorismusfinanzierung einzuhalten sind. Aber es ist durchaus vorstellbar, dass geringe Beträge mit einem nochmals höheren Grad an Privatsphäre abgewickelt werden können."

Behauptung: Der digitale Euro ist überflüssig.

Bewertung: Bedingt.

Fakten: In der Tat gibt es bereits reichlich Möglichkeiten, bargeldlos zu bezahlen: per Giro- oder Kreditkarte, mit dem Smartphone oder der Smartwatch und Diensten wie Apple Pay oder Google Pay sowie - von Millionen Menschen zum Beispiel beim Online-Shopping genutzt - per Paypal. Die Aufzählung belegt allerdings auch: Der digitale Zahlungsverkehr in Europa ist dominiert von privatwirtschaftlichen Anbietern aus dem außereuropäischen Ausland, vor allem aus den USA. Dem wollen die Europäer ein eigenes Angebot entgegensetzen. Mit einem digitalen Euro würde die Abhängigkeit von internationalen Konzernen sinken, die Menschen bekämen eine Digitalwährung, deren Stabilität von der EZB garantiert würde. Ein weiterer Vorteil für Verbraucherinnen und Verbraucher: Wenn es insgesamt mehr Angebote für das digitale Bezahlen gibt, könnte das nach Einschätzung von EZB und EU-Kommission auch dazu führen, dass deren Nutzung billiger wird.

Behauptung: Der digitale Euro ist nichts anders als Bitcoin und Co.

Bewertung: Falsch.

Fakten: Im Gegensatz zu sogenannten Kryptowährungen wie Bitcoin und Ether, deren Kurse oft stark schwanken, böte die Einführung einer virtuellen europäischen Währung Privatanlegerinnen und -anlegern eine stabilere Alternative, da sie eins zu eins an den Euro gekoppelt wäre. Die EZB würde wie beim Bargeld die Stabilität einer digitalen Variante der europäischen Gemeinschaftswährung garantieren. "Wir sehen einen digitalen Euro als eine digitale Form von Bargeld, mit der sämtliche digitalen Zahlungen kostenlos möglich sind und die die höchsten Datenschutzstandards erfüllt", erklärte EZB-Präsidentin Christine Lagarde.

Behauptung: Jeder Bürger muss für den digitalen Euro ein Konto bei der EZB haben.

Bewertung: Falsch.

Fakten: Die Finanzindustrie soll eine Schlüsselrolle spielen, wie Bundesbank-Vorstand Balz klarstellte. "Das Eurosystem wird keine Geschäftsbank für die Bürgerinnen und Bürger Europas. Das Eurosystem würde den digitalen Euro zwar ausgeben, aber nicht selbst an die Endnutzer verteilen", sagte Balz in einer Rede Ende November in Berlin. "Beaufsichtigte Intermediäre sollen in ihrer gewohnten Rolle an der Schnittstelle zum Kunden agieren." Damit sind zum Beispiel Banken gemeint. Diese könnten den digitalen Euro wie Bargeld von den Notenbanken beziehen, Verbraucher bekämen ihn dann in einer digitalen Geldbörse, einer sogenannten Wallet zur Verfügung gestellt.

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Erstellt:
5. Januar 2024, 09:16 Uhr

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