Neues Wahlrecht
Wahlrechtsforscher: Ermittlung der Wahlkreissieger ändern
Direkt gewählt und doch keinen Sitz im Bundestag - so ergeht es bei der Bundestagswahl 23 Direktkandidaten. Ein Wahlrechtsfachmann empfiehlt, dies zu ändern. Er macht auch einen konkreten Vorschlag.
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© Christoph Soeder/dpa
Wahlrechtsexperte für Änderung bei Vergabe der Direktmandate
Von dpa
Berlin - Der Wahlrechtsexperte Robert Vehrkamp schlägt nach den Erfahrungen bei der Bundestagswahl vor, das Verfahren zur Ermittlung der erfolgreichen Direktkandidaten in den 299 Wahlkreisen zu ändern. "Man muss die Art und Weise, wie der Wahlkreissieger ermittelt wird, so gestalten, dass keine Überhangmandate entstehen, dass aber trotzdem jeder Wahlkreis am Ende des Tages einen plausibel legitimierten Direktkandidaten hat", sagte Vehrkamp der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.
Nicht an der Zweitstimmendeckung rütteln
Zugleich betonte der Fachmann der Bertelsmann Stiftung: "Ich würde dringend empfehlen, am Prinzip der Zweitstimmendeckung nicht zu rütteln." Sonst ginge die ganze Wahlrechtsdiskussion mit Überhang- und Ausgleichsmandaten von vorn los. "Die einfachste Lösung wäre, dass derjenige den Wahlkreis gewinnt, der die meisten durch Zweitstimmen gedeckten Erststimmen hat."
Wer keine Zweitstimmendeckung habe, falle bei der Vergabe des Direktmandats raus, erläuterte Vehrkamp. "Dann geht man einfach die Leiter so lange runter, bis man in dem Wahlkreis jemanden mit Zweitstimmendeckung hat, der von allen Kandidaten mit Zweitstimmendeckung die meisten Erststimmen gewonnen hat."
23 Wahlkreissieger kommen doch nicht in den Bundestag
Bei der Bundestagswahl hatten 23 erfolgreiche Direktkandidaten doch kein Bundestagsmandat erhalten. In Bayern traf dies zum Beispiel drei CSU-Politiker. Dies liegt daran, dass es nach dem neuen, von der Ampel-Koalition beschlossenen Wahlrecht keine Überhang- und Ausgleichsmandate mehr gibt.
Die CSU gewann zwar alle 47 Direktmandate in Bayern, nach ihrem Zweitstimmenergebnis stehen ihr aber nur 44 Sitze zu. Deshalb ziehen die drei Kandidaten mit den schlechtesten Erststimmenergebnissen nicht in den Bundestag ein. Fachleute sprechen von einer fehlenden Zweitstimmendeckung.
Überhang- und Ausgleichsmandate ließen Bundestag wachsen
Nach dem alten Wahlrecht hätten die drei Kandidaten ihr Mandat trotzdem bekommen. Für diese Überhangmandate hätten die anderen Parteien Ausgleichsmandate erhalten. Dieses Verfahren führte zu einer ständigen Vergrößerung des Bundestags.
Laut "Spiegel" werden in 19 der 23 Wahlkreise aber Kandidatinnen und Kandidaten über die Landesliste in den Bundestag einziehen. Vier Wahlkreise werden demnach allerdings keinen Abgeordneten im Bundestag haben.
Eigentlich sei dies kein Problem, sagte Vehrkamp. Ein Wahlkreis könne auch vom Nachbarwahlkreis aus mit betreut werden. "Aber es ist psychologisch ein Defekt, der behoben werden sollte und der auch behoben werden könnte."
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© Kay Nietfeld/dpa
Dorothee Bär (CSU) ist Erststimmenkönigin der Bundestagswahl. (Archivbild)