Drogenhandel ist nicht nachzuweisen

Verfahren gegen einen 20-Jährigen aus dem Backnanger Umland vor dem Amtsgericht wird eingestellt.

Am Amtsgericht Backnang wurde ein Prozess wegen Drogenhandels eingestellt. Symbolbild: BilderBox - Erwin Wodicka

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Am Amtsgericht Backnang wurde ein Prozess wegen Drogenhandels eingestellt. Symbolbild: BilderBox - Erwin Wodicka

Von Jutta Rieger-Ehrmann

Backnang. Aufgrund der unklaren Beweislage und der Umstände endete das Verfahren am Amtsgericht Backnang gegen einen 20-Jährigen aus einer Umlandgemeinde mit der vorläufigen Einstellung. Dem Angeklagten, der mit Rechtsbeistand und familiärem Beistand erschienen war, wurde der Handel mit Marihuana vorgeworfen. Den Konsum räumte er ein, den Handel jedoch nicht. Bei einer Hausdurchsuchung waren diverse Utensilien gefunden worden, die jedoch nach Ansicht aller Prozessbeteiligten eher auf Konsum hindeuteten als auf das Handeltreiben, zum Beispiel eine Aufzuchtanlage und Cannabissamen, allerdings auch eine Schreckschusspistole.

Zu dieser Inspektion war es aufgrund eines Vorfalls bei einer Polizeikontrolle gekommen. Der ermittelnde Polizeibeamte sagte im Zeugenstand aus, dass sie im vergangenen Jahr in der besagten Umlandgemeinde zwei verdächtige junge Männer bemerkt hatten, die dann auch gleich „abgehauen“ seien. Daraufhin habe man die Verfolgung aufgenommen und, da die beiden etwas weggeworfen hatten, den Weg nochmals kontrolliert. Dabei hatten die Beamten in einer Mauerspalte einen größeren Beutel und zwei Tütchen Marihuana gefunden. Der Angeklagte räumte ein, dass er wusste, wo die Drogen gelagert waren, und er habe sich für seinen Eigenkonsum „etwas herausnehmen“ dürfen. Mit Drogenhandel habe er jedoch nichts zu tun und „das Gras“ habe ihm auch nicht gehört. DNA-Spuren des Angeklagten wurden offenbar auch nur an den Tütchen gefunden, nicht am großen Beutel.

Man einigt sich darauf, dass das Jugendstrafrecht angewendet wird

Diese Hausdurchsuchung sei für seinen Mandanten ein Weckruf gewesen, erklärte sein Anwalt. Seither habe dieser den Konsum komplett eingestellt. Ein Abstinenznachweis wurde vorgelegt. Der 20-Jährige hat einen Hauptschulabschluss und versucht gerade, sich über eine Internetplattform im Bereich Vertrieb selbstständig zu machen. Gleichwohl bewerbe er sich zusätzlich parallel, da seine Selbstständigkeit noch keinen Gewinn abwerfe. Eine Ausbildung habe er bisher nicht in Erwägung gezogen. Er wohnt zusammen mit seiner Freundin im Haus der Eltern, welchen er hin und wieder im Haushalt hilft, da sie mobilitätseingeschränkt sind. Mit seinem Hund gehe er viel raus in die Natur. Ein Eingriff im Rahmen der Nachbehandlung einer früheren Operation stehe noch aus.

Sowohl das Alter als auch die Lebensumstände des Angeklagten sprächen für die Anwendung des Jugendstrafrechts, betonte die Vertreterin der Jugendgerichtshilfe. Gleichzeitig wies sie darauf hin, dass die beruflichen Pläne des 20-Jährigen noch etwas vage seien, und schlug daher eine Beratung bei dem Projekt „Chancen nutzen“ vor, um ihm verschiedene Wege und Möglichkeiten aufzuzeigen. Dem schloss sich der Staatsanwalt an, ergänzt durch Termine bei der Suchtberatung und eventuell einige Arbeitsstunden. Auch der Anwalt war einverstanden. Er empfahl Termine sowohl bei der beruflichen als auch bei der Drogenberatung. Sein Mandant erkläre zudem den Verzicht auf die beschlagnahmten Gegenstände.

Berufliche Perspektive soll ermöglicht werden

So erging der Beschluss des Richters auf eine vorläufige Einstellung des Verfahrens nach Paragraf 47 des Jugendgerichtsgesetzes mit der Auflage, innerhalb von drei Monaten drei Termine bei der Suchtberatung sowie fünf Termine beim Projekt „Chancen nutzen“ wahrzunehmen. Bei selbst verschuldeter Nichterfüllung werde das Verfahren wiederaufgenommen. Obwohl es sich um „einen größeren Vorwurf“ handle, lasse man es bei den erzieherischen Maßnahmen bewenden, da der Handel nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden konnte und der Konsum inzwischen eingestellt sei. Zudem möchte man dem 20-Jährigen ermöglichen, sich eine dauerhafte berufliche Perspektive zu erarbeiten, hieß es in der Begründung.

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Erstellt:
11. August 2023, 06:00 Uhr

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