Der Musikverein Rietenau feiert sein 75-jähriges Jubiläum

Ein Musikverein mit Herz und Historie: Vor 75 Jahren entstand der Musikverein Rietenau aus der Riege der Kirchenmusiker heraus. Seitdem hat er sich zu einer festen Größe mit stolzer Mitgliederzahl und hervorragender Nachwuchsarbeit entwickelt – ein Rückblick auf eine bewegte Zeit.

Beate Schäfer, Thomas Weber, Roland Schäffler, Wilfried Glück, Manuela Butsch und Klaus Hamann (von links) freuen sich auf das Jubiläumskonzert am kommenden Samstag und über das 75-jährige Bestehen des Musikvereins Rietenau. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Beate Schäfer, Thomas Weber, Roland Schäffler, Wilfried Glück, Manuela Butsch und Klaus Hamann (von links) freuen sich auf das Jubiläumskonzert am kommenden Samstag und über das 75-jährige Bestehen des Musikvereins Rietenau. Foto: Alexander Becher

Von Kai Wieland

Aspach. „In Rietenau werden Feste gemacht, so hieß es damals im Ort“, erzählt Klaus Hamann, ehemaliger Vorstand und heutiger Ehrenvorsitzender des Musikvereins Rietenau. Der 64-Jährige spielt Saxofon und Klarinette und ist bereits seit seinem neunten Lebensjahr Mitglied, wie überhaupt sehr viele mit acht oder neun einsteigen. „Ich habe mit zwölf angefangen“, sagt dagegen Roland Schäffler (74), der im Verein bereits viele Ämter bekleidet hat und Ehrenmitglied ist. „Spätzünder“, kommentiert Thomas Weber (38), erster Vorsitzender des Vereins, augenzwinkernd.

Die Stimmung ist harmonisch in der Musikhalle in Rietenau. Neben den drei Genannten haben sich die Jugendleiterin Manuela Butsch (28), die zweite Vorsitzende Beate Schäfer (56) und der Ehrenvorsitzende und ehemalige Vorstand Wilfried Glück (79) versammelt, um anlässlich des 75-Jahr-Jubiläums über den Werdegang des Vereins und die alten Zeiten zu plaudern.

Aus dem Posaunenchor Rietenau erwuchs später der Musikverein. Foto: privat

© Musikverein Rietenau

Aus dem Posaunenchor Rietenau erwuchs später der Musikverein. Foto: privat

Bis zu den Wurzeln des Vereins reichen die Erinnerungen allerdings nicht zurück, denn diese reichen noch tiefer in die Vergangenheit, nämlich bis zur Gründung des Posaunenchors Rietenau im Jahr 1904. Aus dessen Tätigkeit, die sich zunächst auf kirchliche Feiern beschränkte, erwuchs nach dem Zweiten Weltkrieg 1948 der Musikverein Rietenau. Anfänglich gehörten ihm lediglich 16 aktive Musiker an, ab 1950 kamen passive Mitglieder hinzu. Der Volksmusik hatte man sich hingegen schon lange vorher, noch zu Zeiten des Posaunenchors, immer mehr zugewandt. Gottlob Glück, der Vater von Wilfried Glück, übernahm ungefähr in dieser Zeit die Vorstandschaft des Vereins und führte diesen 21 Jahre lang. Als treibende Kraft erreichte er 1954 den Bau der ersten Musikhalle.

Die Halle existiert bis heute, gleichwohl sie 1961 durch einen Anbau mit Bühne erweitert und von 1978 bis 1979 vergrößert und mit sanitären Anlagen ausgestattet wurde. Derzeit wird das Dach, welches zeitweise undicht war, renoviert und in diesem Zuge auch gleich aufgestockt. „Wir hatten Platzmangel“, erklärt Thomas Weber, der den Verein heute nicht nur führt, sondern darin auch aktiv Trompete spielt. „Das Zubehör für die Festivitäten muss das Jahr über ja gelagert werden.“ Der Umbau soll noch dieses Jahr fertig werden – eine große Investition, die der Verein selbst finanziert. „Da sind wir auch stolz darauf, denn dafür gehört die Halle uns.“

Ein Verein mit starkem Zusammenhalt

Insbesondere während der Coronapandemie habe man von den eigenen Räumlichkeiten sehr profitiert, fährt Weber fort. Natürlich habe man sich genauso an die Hygienebestimmungen halten müssen, aber zumindest sei man nicht auf Räumlichkeiten der Gemeinde angewiesen gewesen, die dann zeitweise auch gesperrt wurden. Wie für viele Vereine war jene Zeit auch für den Musikverein Rietenau herausfordernd, habe jedoch auch den hervorragenden Zusammenhalt verdeutlicht, so Weber.

Rund 250 Mitglieder verzeichnet der Verein im Jahr 2023, davon spielen etwa 100 aktiv. Vor allem die Jugendarbeit sei für die Mitgliederentwicklung enorm wichtig, erklärt Thomas Weber. „Zuletzt gab es hier ein kleines Loch, weil die Musikschule in Rietenau geschlossen wurde, aber wir haben mittlerweile eine Kooperation mit der Bläserklasse an der Conrad-Weiser-Schule und mit dem Musikverein Großaspach.“ Das Engagement, zu dem auch Angebote für Kinder und Jugendliche während der Coronazeit gehörten, hat sich ausgezahlt: „Im Jugendbereich hat man immer Zu- und Abgänge. Oft halten diese sich die Waage, aber im vergangenen Jahr konnten wir in Summe acht Mitglieder gewinnen.“

Jugendleiterin Manuela Butsch ist über diese Entwicklung ebenfalls sehr glücklich. Sie spielt Tenorhorn, ist seit rund 20 Jahren im Verein und sei mehr oder weniger in diesen hineingeboren worden, verrät sie augenzwinkernd. „Der Verein ist für mich Familie. Es gibt einen unglaublich großen Zusammenhalt, deshalb bleibt man auch gerne dabei.“

Auftritte sind und bleiben das Highlight

Das Zusammenspiel mit der jüngeren Generation ist es, was Roland Schäffler, dessen Instrument ebenfalls das Tenorhorn ist, am Musikverein besonders schätzt: „Das ist eine echte Bereicherung, finde ich. Anders als im Sport können im Musikverein Jung und Alt nämlich das ganze Leben lang zusammen spielen.“

Das wird auch beim bevorstehenden Jubiläumskonzert am Samstag (siehe Hinweis am Textende) sicherlich wieder der Fall sein. Es ist eines der Highlights in diesem Musikjahr, so wie es überhaupt die großen Auftritte sind, die besonders in Erinnerung bleiben. „Unsere Jubiläumskonzerte sind immer sehr gut besucht und musikalisch recht hochwertig, weil man da auch mal was anderes macht, keine Festzeltmusik, sondern schon konzertante Musik“, bestätigt Thomas Weber.

„Die Feier anlässlich 900 Jahre Rietenau im Jahr 2003 war organisatorisch auch ein Riesenaufwand, aber dafür ein echter Hammer“, wirft Klaus Hamann ein. „Die Halle war voll, alle trugen historische Kostüme, und dann gab es einen Umzug und der ganze Ort war dabei.“ Überhaupt seien die Vereinsfeste, von denen es ja eine Menge gegeben habe, alle für sich besonders gewesen.

„Das Konzert in der Halle war der Hammer“

Als mindestens genauso außergewöhnlich bezeichnen die Anwesenden nun, da sie in Erinnerungen schwelgen, die Vereinsausfahrten, vor allem in die Partnerstädte im Ausland. Hamann denkt da etwa an den ersten Besuch des Vereins im französischen Chemillé-en-Anjou. „Das muss 1997 oder 1998 gewesen sein, kurz nach der geschlossenen Partnerschaft.“ Auch Roland Schäffler verbindet mit dem Ausflug besondere Momente: „Ich bin stolz darauf, dass wir das damals gemacht haben. Einige andere Gruppen sind abgesprungen, aber wir haben es mit 40 Leuten durchgezogen.“ Klaus Hamann nickt und erzählt weiter: „Das Konzert in der Halle war der Hammer. Sie war knallevoll und die Menschen sind gestanden. Wir haben da österreichische Märsche gespielt, Radetzky zum Beispiel, und die sind total abgegangen. Da hatte ich wirklich Gänsehaut.“

Für Thomas Weber war es ebenfalls ein Auftritt in Chemillé einige Jahre später, der besonders haften blieb: „Ich war damals gerade zwei oder drei Jahre in der großen Kapelle dabei und wir traten dort in einer großen Kirche auf. Das war schon ein Brett.“

Zum Ende des Gesprächs richtet sich sein Blick aber wieder in die Zukunft: „Vor allem im Nachwuchsbereich wollen wir weiter gute Angebote schaffen, denn die Konkurrenz nimmt immer mehr zu. Ansonsten geht es erst mal darum, den Ausbau fertig zu bekommen und den Verein noch ein bisschen mehr ins Digitale zu führen.“ Es gibt also einige Herausforderungen, aber zunächst einmal wird ordentlich gefeiert – so wie es eben üblich ist in Rietenau.

Jubiläumskonzert Um das 75-Jahr-Jubiläum gebührend zu feiern, veranstaltet der Musikverein Rietenau am Samstag, 1. Juli, ein Konzert an der Musikhalle in Rietenau. Los geht es um 19 Uhr (Einlass 17.30 Uhr), ab 22 Uhr gibt es außerdem eine Zeitreise durch die Vereinsgeschichte. Der Eintritt ist frei, Spenden sind willkommen. Die Veranstaltung findet im Freien statt und ist bewirtet.

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Erstellt:
29. Juni 2023, 06:00 Uhr

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