Ein Bereich neben der „Showkurve“ ist gesperrt
Zwei schwere Motorradunfälle im April auf der Strecke zwischen Spiegelberg und Vorderbüchelberg veranlassen Landratsamt, Polizei und Gemeinde, zu handeln. Auf dem Abschnitt der K1819 gilt jetzt Tempo 70, in Kurvenbereichen sogar nur 40. Nachdem mobile Schilder verschwanden, stehen jetzt fest verankerte Schilder.

© Benjamin Büttner
Im Denteltal zwischen Spiegelberg und Vorderbüchelberg soll es endlich ruhiger werden. Symbolfoto: B. Büttner
Von Florian Muhl
SPIEGELBERG. Bürgermeister Uwe Bossert ist es leid, den Rasern auf zwei Rädern in seiner Gemeinde weiterhin tatenlos zuzuschauen. Und zuhören zu müssen. Denn der Lärm ist’s, der ihm und besonders auch den Anwohnern auf die Nerven geht. Besonders im Denteltal zwischen Spiegelberg und Vorderbüchelberg. Bossert spricht von diesem knapp vier Kilometer langen Streckenabschnitt der K1819 von einem Hotspot. „Es ist ein Gedröhne ohne Ende, wenn da hoch- und runtergefahren wird“, weiß der Spiegelberger Schultes aus leidvoller Erfahrung.
Dann gebe es bestimmte Gruppierungen, die sich da oben auf einer Zufahrt zum Wanderparkplatz Linde treffen, und da werde immer alles vorgestellt. Das ist direkt an einer Haarnadelkurve, die auch als „Showkurve“ bezeichnet wird. Das Vollstellen mit Motorrädern gehe so weit, dass die Zufahrt zum Wanderparkplatz nicht möglich sei und auch die Nebenerwerbslandwirte aus Vorderbüchelberg mit ihren landwirtschaftlichen Fahrzeugen teilweise gar nicht mehr auf die Felder herausfahren könnten. Zudem falle die Hotspot-Strecke für Motorräder seit Jahren als Unfallhäufungsstrecke auf.
Zwei 17 und 19 Jahre alte Biker wurden nach Unfällen im April schwer verletzt in Kliniken geflogen.
„Auslöser zum Handeln waren jetzt zwei schwere Motorradunfälle, einer am 1. April, Gründonnerstag, der andere am 23. April, beide so gegen 18 Uhr, fast an der gleichen Stelle, beide schwer verletzt mit Heli in Kliniken geflogen worden, der eine 19, der andere 17 Jahre alt“, schildert Bossert die Hintergründe. Beim zweiten Unfall, es war ein Freitag, hatte der Bürgermeister gerade die Gemeinderatssitzung eröffnet, als der Alarm losging. „Ich hab dann den Abend zum Anlass genommen, weil das dann auch in der Gemeinderatssitzung ein Riesenthema war, weil die K1819 eine Problemstrecke ist, und hab dann dem Gemeinderat versprochen, dass ich sofort Entsprechendes in die Wege leite, dass wir weitere Maßnahmen in die Wege leiten können“, schildert Bossert den Sitzungsabend.
Er habe sich dann mit dem Polizeipräsidium abgestimmt. Danach habe es vor rund 14 Tagen einen gemeinsamen Termin mit Verkehrsbehörde, Polizei und Gemeinde vor Ort gegeben, bei dem man die weiteren Maßnahmen festgelegt habe. Das Ergebnis fasst Bossert wie folgt zusammen: „Die gesamte Strecke ist auf Tempo 70 begrenzt, ab dem Eingangsbereich ins Denteltal bis hoch, und in den Kurvenbereichen wird auf 40 reduziert.“ Was jetzt noch kommen wird, ist, so Bossert, dass an den unfallträchtigen Stellen, das ist im Bereich unter der Kläranlage von Vorderbüchelberg, noch zusätzliche Leitplanken mit Unterfahrschutz installiert werden. „Das sind die Stellen, wo die beiden jungen Motorradfahrer schwer verunglückt sind. Das soll wahrscheinlich noch nächste Woche kommen.“
Auch im Bereich der Showkurve wurde gehandelt. „Beim Wanderparkplatz haben wir die Situation dahin gehend entschärft, dass wir eine Seite abgesperrt haben, dass dort nicht mehr drauf gestanden werden kann, und die andere Zufahrtsmöglichkeit ist verkehrsrechtlich so ausgeschildert, dass dort auch niemand mehr drauf stehen darf.“ Zudem wurden im Bereich der Haarnadelkurve Mittelmarkierungen aufgebracht.
Fürs Tempolimit 70 beziehungsweise 40 waren zunächst mobile Schilder aufgestellt worden. „Aber die Pfosten wurden verbogen oder die Schilder samt der Hülse komplett herausgerissen und 50 Meter weiter den Wald hinuntergeschmissen.“ Das führte dazu, dass vor wenigen Tagen neu ausgeschildert wurde, diesmal mit fest fixierten Schildern.
In einem Pilotversuch hatte das Landratsamt 2018 sogenannte Rüttelstreifen auf der Straße aufgebracht – blaue Strukturmarkierungen, die beim Überfahren eine spürbare Vibration des Reifens verursachen und zur Verkehrssicherheit beitragen sollen. „Das begleitende Monitoring hat nicht das gewünschte Ergebnis gebracht“, teilt das Landratsamt mit. Die Rüttelstreifen führten demnach zu keiner dauerhaften Reduzierung der Geschwindigkeit von Motorrädern auf dem Streckenabschnitt. Die Streifen wurden aber auf der Strecke belassen, da sie bei Nässe doch einen gewissen Effekt zeigten.
Bossert war bei beiden schweren Motorradunfällen im April mehr oder weniger fast live dabei, wie er sagt, hatte hautnah miterlebt, wie junge Feuerwehrleute jeweils mit Bergungstragen, sogenannten Schleifkorbtragen, die Verunglückten bergen mussten, die die Böschung hinuntergestürzt waren, hatten teilweise mit dem Spaten Stufen in den Hang schlagen müssen, um überhaupt wieder hochzukommen, hatten Infusionen halten und beim Umheben in den Heli helfen müssen – das alles mitzuerleben, gehe an die Nieren und könnte von jungen Menschen nicht so leicht und so schnell weggesteckt werden. „In Gesprächen habe ich gemerkt, dass die jungen Feuerwehrleute teilweise mit den Einsätzen ein gewisses Problem haben.“
Der Wanderparkplatz Linde neben der Haarnadelkurve – auch als „Showkurve“ bekannt – ist trotz der Coronaregeln ein beliebter Treffpunkt bei Motorradfahrern.
Um größere Ansammlungen von Personen zu verhindern, haben das Landratsamt und die Gemeinde Spiegelberg gemeinsam eine straßennahe Fläche direkt neben der Showkurve vorübergehend gesperrt.
Der Parkplatz selbst ist nicht gesperrt und kann normal über die obere Zufahrt genutzt werden.