Ein besonderer Hochzeitstag

Gestern war der 2. Februar 2022; anders geschrieben: der 2.2.22. Als Schnapszahl müsste er als Hochzeitstag besonders begehrt gewesen sein, aber in Backnang war davon nichts zu merken. Gisela Blumer von der Stadt erkennt eine Veränderung bei den Wünschen der Brautpaare.

Ohne großes Tamtam, dafür mit Schnapszahldatum: Claudia Heizmann und Maik Zeidler geben sich das Ja-Wort im Standesamt Backnang. Foto: A. Becher

© Alexander Becher

Ohne großes Tamtam, dafür mit Schnapszahldatum: Claudia Heizmann und Maik Zeidler geben sich das Ja-Wort im Standesamt Backnang. Foto: A. Becher

Von Anja La Roche

Backnang. Im Standesamt in Backnang herrscht eine angenehm ruhige Atmosphäre, denn es ist kaum Betrieb. „Das Brautpaar braucht noch einen Moment für sich“, sagt Gisela Blumer, die Leiterin des Rechts- und Ordnungsamts der Stadt, die schon bei zahlreichen Trauungen organisatorisch beteiligt war. Dann geht die Türe am Ende des Gangs auf, das Brautpaar ist bereit. Sie stehen da, frisch vermählt und Arm in Arm, mit glitzernden Augen: Maik Zeidler im Anzug und Claudia Zeidler-Heizmann im Kleid. Sie haben sich genau so das Ja-Wort gegeben, wie sie es wollten, nämlich ohne Gäste, ohne großes Tam-Tam und ohne Stress. Und noch ein weiterer Faktor hat für eine perfekte Abrundung ihres besonderen Tages gesorgt: das Datum. Die Vermählung fand am gestrigen Vormittag, dem 2. Februar 2022 statt. Solche besonderen Daten ziehen viele Heiratswillige magisch an. Als Sahnehäubchen auf der Hochzeitstorte sozusagen, der perfekte Schliff für den persönlichen Glückstag.

Die Wahlbacknanger Maik und Claudia Zeidler haben sich vor mehr als fünf Jahren kennengelernt, ganz zeitgemäß im Internet. Zum Heiraten waren sie schon vor vier Jahren bereit, aber die Renovierung des von der Braut gekauften Hauses verzögerte die Hochzeit. Im Januar beschlossen die beiden Verliebten, nicht länger auf das Heiraten warten zu wollen, Renovierung hin oder her. Dass der Februar in diesem Jahr zwei besondere Schnapszahldaten bereithält, ist den beiden erst spontan bewusst geworden. Sie hatten damals nicht gedacht, dass sie so kurzfristig noch einen Termin am 2. oder am 22. Februar ergattern würden. „Ich hatte auch schon nach anderen besonderen Tagen Ausschau gehalten“, sagt Claudia Zeidler. So hätte sie sich auch den Valentinstag am 14. oder den Tag der Rose am 7. Tag dieses Monats vorstellen können.

Doch das Standesamt Backnang konnte den Wunsch des Paares, am 2. Februar 2022 zu heiraten, erfüllen. Für Claudia Zeidler ist das ein tolles Plus zu diesem besonderen Tag. „Ein schönes Datum ist einfach eine schöne Begleiterscheinung“, erklärte die Braut gestern kurz nach der Trauung. Ihre Hand fest gedrückt haltend, ergänzte der Bräutigam schmunzelnd seine eigene Perspektive: „Ich kann mir das Datum so besser merken.“ Diese Begründung hört man nicht selten; es scheint für Männer nicht leicht zu sein, sich an Hochzeitstage zu erinnern. Maik Zeidler kann diese unterstellte Nachlässigkeit aber sogleich entkräften: „Für mich geht es eben in erster Linie ums Heiraten.“

Gisela Blumer sieht einen Trend hin zu persönlichen Hochzeitsdaten

Der Wunsch nach einem besonderen Trautermin kann allerdings auch ein ganz anderer sein. So glauben manche an eine magische Wirkung der Schnapszahl und erhoffen sich ein besonders langes Liebesglück, andere freuen sich schlicht über die ästhetische Gravur in ihrem Ehering. „Meistens ist das Bemerkenswerte, das Besondere am Datum ausschlaggebend“, erklärt Blumer. Allerdings sei der Ansturm auf die Schnapszahlen rückläufig, so der Eindruck der Amtsleiterin. „Die Zeiten vom 11. November 2011 sind vorbei. Heute sehe ich eher einen Trend hin zum persönlichen Hochzeitsdatum, wie dem Kennenlerntag oder dem Geburtstag des Partners.“

Tatsächlich waren Maik und Claudia Zeidler gestern das einzige Brautpaar im Standesamt Backnang, am 22. Februar sind zwei Trauungen geplant. Am 11. November 2011 hingegen ließen sich dort gleich acht Paare vermählen. In der Gemeinde Aspach gab sich gestern kein einziges Brautpaar das Ja-Wort. Ob das gestrige Datum besonders beliebt bei den Paaren der Region ist, lasse sich dadurch aber nicht gut feststellen, so die dortige Standesbeamtin Christiane Übele. „Bei 30 bis 35 Trauungen im Jahr, die wir hier durchführen, muss das nichts heißen.“ Um den Referenzrahmen zu erweitern, lohnt sich der Blick in eine Großstadt. So vermeldet die Leiterin des Standesamts im Bezirk Stuttgart beispielsweise durchaus ein höheres Interesse an den beiden Schnapszahldaten dieses Monats: „Wir hatten mehr Anfragen als an einem regulären Mittwoch“, sagt Verena Rathgeb-Stein. Von einem großen Ansturm kann allerdings auch dort keine Rede sein.

Im Backnanger Standesamt findet man es jedenfalls in Ordnung, dass die Nachfrage trotz Schnapszahl nicht explodierte. Denn so konnte sich das gestrige Brautpaar trotz des besonderen Datums in aller Ruhe das Ja-Wort geben. Ist der Ansturm auf das Standesamt hingegen so groß wie es am 11. November 2011 der Fall war, müssen die Trauungen enger getaktet werden. Dann ist für Momente zu zweit, wie es die Zeidlers nach ihrer Vermählung gewünscht hatten, weniger Flexibilität da. „Für den 11. November 2011 hatten wir uns aber extra personell gut aufgestellt“, sagt Blumer.

Denn ein Anspruch des Standesamts ist es, den individuellen Ansprüchen der Brautpaare gerecht zu werden. Und dafür ist eine gewisse Flexibilität notwendig. Claudia und Maik Zeidler sind für individuelle Details ein gutes Beispiel: Sie zelebrierten ihre Vermählung ganz bewusst ohne Gäste, um diese nur für sich zu genießen. „Unsere Familien wissen gar nicht Bescheid, dass wir heiraten“, verrieten sie gestern. Der Bräutigam trägt zudem statt eines Eherings eine Kette mit hornförmigem Anhänger und die Braut trägt einen Ehering mit daran befestigtem Rehzahn; damit bringen die 55-jährige Familienpflegerin und der 42-jährige Baumpfleger etwas zum Ausdruck, das sie verbindet: das Jagen, beide besitzen einen Jagdschein. Und zu diesen ganz individuellen Details einer Hochzeit gesellt sich eben auch das Datum – für manche weniger wichtig, für manche mehr.

Bleiben nun noch zwei Wünsche offen: Zum einen, dass der Bräutigam den Hochzeitstag nicht vergisst und zum anderen, dass die beiden frisch vermählten Backnanger der derzeit in den Medien kursierenden Statistik keinerlei Bedeutung schenken. Denn laut dieser ist es um 18 Prozentpunkte weniger wahrscheinlich, dass die Ehe hält, wenn sie an einem Schnapszahldatum geschlossen wurde. Selbstverständlich sollten solche Berechnungen niemanden davon abschrecken, seine Hochzeit den eigenen Wünschen entsprechend zu gestalten. „Am 22. Februar haben wir noch Termine frei“, verrät Gisela Blumer. Kurzentschlossene dürfen sich gerne melden.

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Erstellt:
3. Februar 2022, 06:00 Uhr

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