Ein klimaangepasster Wald für Kirchberg
Zu trocken, viele Schädlinge: In den vergangenen zehn Jahren musste im Kirchberger Gemeindewald deutlich mehr gefällt werden als geplant.

© Alexander Becher
In den vergangenen Jahren mussten mehr Bäume gefällt werden, als geplant. Symbolfoto: Alexander Becher
Von Kristin Doberer
Kirchberg an der Murr. Der Wald leidet seit Jahren fast überall unter der anhaltenden Trockenheit, besonders im Sommer. So auch in Kirchberg an der Murr. Hier haben sich die Räte in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats damit beschäftigt, wie ihr Wald in Zukunft aussehen wird. Mit der Forsteinrichtung wird alle zehn Jahre festgelegt, was sich im Gemeindewald tun soll.
Dafür muss aber zunächst festgestellt werden, in welchem Zustand sich der Wald aktuell überhaupt befindet. Die Kirchberger Gemeinderäte haben das schon Mitte Mai bei einer Begehung ihres Gemeindewalds getan. „Es ist wichtig, die Probleme aufzuzeigen“, meint Ulrich Häußermann, stellvertretender Leiter des Kreisforstamts Rems-Murr. Im Großen und Ganzen habe sich bei den Rahmendaten nicht allzu viel verändert, sagt David Brünner, der den Plan zusammen mit dem örtlichen Förster Paul Bek erstellt hat.
Wegen Dürre und Insektenbefall deutlich mehr Holzeinschlag als geplant
Aktuell hat Kirchberg Wald auf einer Fläche von etwa 129 Hektar, das sind drei Hektar mehr, als es noch vor zehn Jahren der Fall gewesen war. Etwas verändert habe sich in den vergangenen zehn Jahren aber die Zusammensetzung der verschiedenen Baumarten. Zwar besteht der Gemeindewald immer noch zu rund 95 Prozent aus Laubbäumen, vor allem die Eschen und Fichten haben aber – wie in anderen Gegenden auch – stark abgenommen. Besonders häufig vertreten sind immer noch die Eiche (39 Prozent) sowie die Buche (19 Prozent). Ausgeweitet wurde außerdem die Fläche, auf der es zum Vorteil der Artenvielfalt Alt- und Totholz gibt.
Bei den Zahlen zum Holzeinschlag wird deutlich, dass der Wald aktuell zu kämpfen hat. „Wir haben etwa ein Drittel mehr gemacht als eigentlich geplant“, sagt Brünner. So seien in den vergangenen zehn Jahren über 9000 Festmeter Holz genutzt worden, geplant waren lediglich etwa 6000 Festmeter. „Etwa 50 Prozent sind Schadholz“, erklärt Brünner. 31 Prozent der gefällten Bäume sind Dürre und Pilzen zum Opfer gefallen, 15 Prozent den Insekten. Besonders schlimm war der Holzeinschlag im Jahr 2019, aufgrund der extremen Hitze im Vorjahr habe man etwa doppelt so viele Bäume fällen müssen, als eingeplant war. Seitdem lag der tatsächliche Holzeinschlag Jahr für Jahr über dem geplanten Hiebsatz.
Ähnlich sieht es auch in anderen Wäldern der Region aus, die Forstunternehmen seien deshalb sehr eingespannt gewesen – was sich auch auf die Verjüngungsmaßnahmen im Kirchberger Gemeindewald ausgewirkt hat. „Wir haben viel geerntet, aber nur wenig gepflanzt. Wir konnten nur 44 Prozent der geplanten Jungbestandspflege und Verjüngung durchführen“, sagt Brünner. Trotzdem versichert er: Die wichtigen Pflegemaßnahmen seien trotz geringer Kapazität bei den Forstunternehmen gemacht worden. Das beziehe sich aber nur auf den Anbau von neuen Bäumen, man müsse aber bedenken, dass ein Großteil der Verjüngung im Wald von selbst stattfindet. Im Kirchberger Gemeindewald das etwa 80 bis 90 Prozent.
Viele Rehe machen es jungen Bäumen in Kirchberg besonders schwer
Dabei gestaltet sich die Verjüngung des Waldes – besonders diese Naturverjüngung – zum Teil recht schwierig. In Kirchberg gebe es nach der Einschätzung der Forstbeamten überdurchschnittlich viele Rehe, die sich an den jungen Bäumen zu schaffen machen. „Ohne Zäune oder Wuchshüllen tun sich die Bäume schwer“, sagt Brünner. Man brauche den Austausch mit den Jägern, stimmt auch Häußermann zu. „Man muss sie aber auch unterstützen. Wenn man mehr Zäune braucht, kostet das einfach Geld.“ Geschützt werden müssen die Bäume je nach Niederschlagsmenge und Wachstum etwa fünf bis zehn Jahre lang.
Für die Zukunft haben sich die Forstbeamten das Ziel gesetzt, den Gemeindewald an den Klimawandel anzupassen. Das heißt, auf Baumarten zu setzen, die mit längeren Dürreperioden besser zurechtkommen, und solche Zukunftsbäume zu unterstützen, indem man ihnen Platz im Wald einräumt und dafür dann auch Bäume drum herum fällt. Auch deshalb steht im Plan für die nächsten zehn Jahre ein Hiebsatz von etwa 7500 Festmetern. Bei der Zahl schlucken einige Gemeinderäte, schließlich ist es noch mal mehr als in der vorangegangenen Planung. Und das, obwohl in den vergangenen Jahren deutlich mehr Holz geerntet werden musste als geplant. Ob man als Ausgleich in den kommenden Jahren nicht etwas weniger Holzeinschlag planen könnte, will Erich Drexler vom Gesunden Gemeinwesen Kirchberg wissen. „Es werden sicher wieder Zeiten kommen, in denen weniger Holz rauskommt“, sagt Revierförster Paul Bek. Grund für die geplanten Zahlen sei allerdings die erste Durchforstung von Waldbereichen, die vor etwa 20 Jahren nach dem Sturm Lothar neu gepflanzt wurden. „Hier müssen wir jetzt Pflegemaßnahmen durchführen. Das ist ein Kampf um Wasser und Licht. Da müssen wir die starken und stabilen Bäume wachsen lassen“, erklärt Ulrich Häußermann. Das fördere man, indem man Stress, in diesem Fall eben andere Bäume im Umkreis, wegnimmt. Das unterstreicht auch Bürgermeister Frank Hornek: „In dem Bereich ist es einfach notwendig, Bäume rauszunehmen, damit Zukunftsbäume sich entwickeln können.“
Auch positive Nachrichten bringen die Forstbeamten mit: In den vergangenen zehn Jahren habe es fast immer (außer 2020) ein positives Betriebsergebnis gegeben. Insgesamt liegt es im zurückliegenden Jahrzehnt bei 144000 Euro. „In der Zukunft rechnen wir mit etwas reduzierten Einnahmen“, sagt Brünner, das sei auch abhängig von der Entwicklung des Holzpreises. „Und wir müssen den Wald an den Klimawandel anpassen, das ist nicht ganz günstig.“