Ein Stufenplan für Backnangs marode Treppen
Eine Bestandsaufnahme zeigt: Viele Staffeln in Backnang sind in einem schlechten Zustand. Bereits im kommenden Jahr sind erste Sanierungen geplant, auch in den folgenden Jahren will die Stadt investieren. Baubürgermeister Stefan Setzer spricht von einer „Mammutaufgabe“.
Von Kornelius Fritz
Backnang. Wer als Fußgänger in Backnang von A nach B will, muss fast immer Höhenunterschiede überwinden. Ähnlich wie in Stuttgart prägen daher „Stäffele“ das Stadtbild. Doch viele der Treppen sind in einem schlechten Zustand. Bereits vor zwei Jahren hatte die Gemeinderatsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen von der Stadt einen „Maßnahmenkatalog zur Beseitigung von Schäden an Treppen und zur Beseitigung von Stolperfallen“ gefordert. Als Beispiel für eine Treppe, die aus ihrer Sicht nicht mehr sicher ist, nannten die Grünen damals die Christian-Schmückle-Staffel, die von der Etzwiesenstraße hinauf zum Bahnhof führt. Doch es gibt noch weitere Treppen, die offensichtlich marode sind, etwa die Felicitas-Zeller-Staffel zwischen Albertstraße und Kaltem Wasser, die sich aufgrund von Setzungen bereits deutlich zur Seite neigt.
Um das Thema systematisch anzugehen, hat die Stadt nun erstmals eine komplette Bestandsaufnahme gemacht. „Im Stadtgebiet haben wir insgesamt 158 Treppenanlagen ausfindig gemacht“, berichtet Tiefbauamtsleiter Lars Kaltenleitner. 133 davon befinden sich in der Kernstadt, insgesamt 25 in den Stadtteilen. Wobei auch Treppen mitgezählt wurden, die nur aus wenigen Stufen bestehen. Mitarbeiter des städtischen Baubetriebshofs haben in den vergangenen Monaten jede einzelne dieser Treppen begutachtet und fotografiert. Die Bilder wurden in das sogenannte Geoinformationssystem der Stadt übertragen, sodass sie nun in einer interaktiven Karte abrufbar sind. Im nächsten Schritt soll der Zustand der Treppen laut Kaltenleitner nun kategorisiert und eine Prioritätenliste für notwendige Sanierungen erstellt werden.
Werden wirklich alle Treppen gebraucht?
Diese Arbeit ist zwar noch nicht abgeschlossen, doch schon jetzt ist absehbar, was die Grünen bereits vermutet hatten: Es gibt einiges zu tun. Zwar sind laut Kaltenleitner im Moment noch alle Treppen verkehrssicher, doch das könnte sich bald ändern, wenn die Stadt nicht investiert. Besonders gravierend sind die Schäden an der Felicitas-Zeller-Staffel. Nach Einschätzung von Experten ist die 1970 erbaute Treppe nicht mehr zu retten und muss abgerissen werden. Für den Neubau rechnet die Stadt mit Kosten von rund 500000 Euro. Bei der Christian-Schmückle-Staffel sei hingegen eine Sanierung möglich, sodass hier 100000 Euro reichen sollen.
Aber auch bei etlichen kürzeren Treppen sieht die Stadt Handlungsbedarf, zum Beispiel bei der Verbindungstreppe zwischen Melanchthonweg und Reuchlinstraße. Hier seien die Stufen zum Teil ausgebrochen und auch die Beleuchtung sei unzureichend, berichtet Kaltenleitner. Sie soll nun ebenso wie die Christian-Schmückle-Staffel im kommenden Jahr saniert werden; der Neubau der Felicitas-Zeller-Staffel ist für 2025 geplant.
Drei bis fünf Treppensanierungen pro Jahr
Darüber hinaus wäre es aus Sicht der Verwaltung sinnvoll, nach einer Prioritätenliste jeweils drei bis fünf Treppenanlagen pro Jahr zu sanieren. „Das würde bedeuten, dass wir für den Treppenerhalt noch mal die gleiche Summe ausgeben müssten wie für Straßensanierungen“, so Stefan Setzer, also etwa eine halbe Million Euro pro Jahr. Der Baubürgermeister spricht von einer „Mammutaufgabe“.
Ob der Gemeinderat bereit ist, die Mittel dafür zur Verfügung zu stellen, muss sich noch zeigen. Im Ausschuss für Technik und Umwelt, wo Lars Kaltenleitner am Donnerstag seinen Bericht präsentierte, gab es dazu unterschiedliche Stimmen. Während Grünen-Fraktionschef Willy Härtner die Meinung vertrat, ein Fußweg sei genauso wichtig wie eine Autostraße, kamen aus anderen Fraktionen auch kritische Stimmen. So meinte SPD-Fraktionschef Heinz Franke, man solle angesichts der hohen Investitionskosten auch überlegen, „ob die eine oder andere Treppe vielleicht verzichtbar ist“. Sein Fraktionskollege Armin Dobler fragte nach, ob man beschädigte Treppen nicht auch mit Warnschildern „Begehen auf eigene Gefahr“ versehen könnte.
Doch da machte ihm Stefan Setzer wenig Hoffnung: „So etwas kann ein privater Eigentümer machen, aber nicht wir als Stadt.“ Wenn ein Fußweg nicht mehr sicher sei, habe man allenfalls die Möglichkeit, diesen zu sperren. Allerdings rechnet Setzer in einem solchen Fall mit Widerstand aus der Bevölkerung: „Sie werden nicht glauben, wie viele Menschen sich plötzlich genau für diese Treppe verkämpfen werden“, prophezeite der Erste Bürgermeister.
Von Kornelius Fritz
Es ist Kennzeichen einer nachhaltigen Finanzpolitik, dass eine Kommune ihre Infrastruktur nicht verfallen lässt. Deshalb mussten die Städte und Gemeinden in Baden-Württemberg vor einigen Jahren sämtliche Vermögenswerte erfassen. Über Abschreibungen wird so der Wertverlust transparent. Dieser muss über Erträge wieder erwirtschaftet werden, um die Infrastruktur für künftige Generationen zu erhalten.
Die Stadt Backnang hat in den vergangenen Jahren bereits eine Menge investiert: Verwaltungsgebäude und Schulen wurden auf Vordermann gebracht, Straßen saniert, aktuell werden eine Sporthalle und eine Fußgängerbrücke neu gebaut. Die maroden Treppen wurden jedoch übersehen oder für nicht so wichtig erachtet. Das rächt sich jetzt, denn so hat sich in diesem Bereich ein Investitionsstau gebildet, der in den kommenden Jahren aufgelöst werden muss. Das wird teuer, aber es gibt keine wirkliche Alternative: Schließlich wäre es kaum nachvollziehbar, wenn eine Stadt, die klimaneutral werden möchte, ausgerechnet ihre Fußwege verkommen ließe.
k.fritz@bkz.de