Volles Haus bei Präsentation des Backnanger Jahrbuchs

Stadtarchivar und Historiker beleuchten die lokale Geschichte Backnangs und den Bauernkrieg 1525. Neue Forschungsergebnisse und lebendige Vorträge begeistern das Publikum im Helferhaus.

Die Macher des Jahrbuchs bei der Präsentation(von links): Bernhard J. Lattner, Petja Savic, Carsten Kottmann, Walter Schieber, Corinna Bäuerle, Andreas Kozlik, Gerhard Fritz, Jakob Eisler, Andreas Butz und Bernhard Trefz. Foto: Tobias Sellmaier

© Tobias Sellmaier

Die Macher des Jahrbuchs bei der Präsentation(von links): Bernhard J. Lattner, Petja Savic, Carsten Kottmann, Walter Schieber, Corinna Bäuerle, Andreas Kozlik, Gerhard Fritz, Jakob Eisler, Andreas Butz und Bernhard Trefz. Foto: Tobias Sellmaier

Von Klaus J. Loderer

Backnang. Vorsorglich hatte der Heimat- und Kunstverein auf Tische verzichtet. Denn der Altstadtstammtisch aus Anlass der Vorstellung des neuen Backnanger Jahrbuchs lockte tatsächlich so viele Gäste ins Helferhaus, dass die Stühle nicht ausreichten und sogar die Treppe noch dicht besetzt war. Aber das Technikforum steht gerade wegen Renovierungsarbeiten nicht für Veranstaltungen zur Verfügung, wie Stadtarchivar Bernhard Trefz entschuldigend erläuterte. Über das volle Haus freute sich Ulrich Olpp als Vorsitzender des Heimat- und Kunstvereins. Diesen lobte der Erste Bürgermeister Stefan Setzer in seinem Grußwort als großartig Institution.

Den 32. Band des Backnanger Jahrbuchs stellten die beiden Herausgeber Gerhard Fritz und Stadtarchivar Bernhard Trefz vor: Corinna Bäuerle stellt Heiningen vor, das in einigen Jahren der ersten urkundlichen Erwähnung vor 900 Jahren gedenken kann. Carsten Kottmann hat wieder eine „Ausgrabung“ gemacht, indem er sich mit Johannes Ferber beschäftigt, der im 16. Jahrhundert in Diensten des osmanischen Reichs stand. Andreas Butz und Jakob Eisler spüren der Templergesellschaft im Kirschenhardthof nach. Wie es in den Orten der heutigen Gemeinde Auenwald in der NS-Zeit zuging, hat Walter Schieber erforscht. Bernhard Trefz zeigt die sogenannte Machtergreifung 1933 am Beispiel Backnangs auf. „Es ist gespenstisch, wie schnell sich der NS-Staat hier etablieren konnte“, resümierte der Stadtarchivar. Das Quartier Backnang-West stellen Petja Savic und Bernhard J. Lattner mit aktuellen Fotografien vor. Die Autoren erhielten vom Publikum natürlich gebührend Beifall.

Lokale Ereignisse und Akteure des Bauernkriegs

Auch einige Quelleneditionen sind wieder im Band zu finden. Bei den volkstümlichen Überlieferungen geht es in diesem Band um Kleinaspach. Die Erinnerungen von Hermann Krimmer und Heiner Kischmer sind interessante Quellen zur Mitte des 20. Jahrhunderts. „Der Bauernkrieg in und um Backnang“ war das Thema des anschließenden Vortrags. Gerhard Fritz stellte den Bauernaufruhr des Jahres 1525 in der näheren Umgebung vor. Wie in seinen anderen Forschungsbereichen ging es dem Historiker auch hier darum, einem großen Ereignis der Geschichte im Detail nachzuspüren und die Ereignisse vor Ort nachzuprüfen. Schnell wurde deutlich, dass in der näheren Umgebung Backnangs einige wichtige Ereignisse des Bauernkriegs stattfanden. Württemberg habe damals unter habsburgischer Herrschaft gestanden, da der württembergische Herzog Ulrich des Landes verwiesen worden sei, wie Fritz süffisant anmerkte. Fritz stellte einige Beteiligte des Bauernkriegs vor wie Götz von Berlichingen und Florian Geyer. Er machte aber auch deutlich, dass die am Bauernkrieg beteiligten Adeligen nicht gerade freiwillig mitwirkten.

Weitere Themen

Zu den dramatischen Ereignissen des Bauernkriegs gehört die Ermordung mehrerer Adeligen in Weinsberg. Am 16. April 1525 wurde dort nicht nur der Oppenweiler Adelige Eberhard Sturmfeder, sondern auch der Backnanger Vogt Dietrich von Weiler umgebracht. Fritz arbeitete auch die unterschiedlichen Positionen der Bauern heraus. Denn nicht alle Bauernführer wollten Blutbäder. Matern Feuerbacher, ein Gastwirt aus Großbottwar, strebte eher nach Aussöhnung. In Backnang hoffte man darauf, dass möglichst keine Bauernhaufen aus dem Kochertal kommen. Ein solcher „Heller Haufen“ war bis Murrhardt vorgedrungen und hatte das Kloster Murrhardt geplündert. In Backnang atmete man auf, als diese Gruppe ins Remstal weiterzog und dort das Kloster Lorch und schließlich den Hohenstaufen einnahm. Auf dem Reichenberg oberhalb von Oppenweiler befreiten Bauern am 20. April 1525 einen Gefangenen, den „Karsthans“, aus dem Burgverlies. Dieser Wanderprediger hieß eigentlich Hans Maurer und hatte den Beinamen Zündauf.

Erfolg und Niederlage der Bauern bei Böblingen

Gerhard Fritz machte auch deutlich, warum die Bauern zu Beginn der Aufstände kaum auf Widerstand stießen. Die Truppen des Schwäbischen Bunds waren im Februar 1525 in Oberitalien, um dort Kaiser Karl V. in der Schlacht von Pavia zu unterstützen. Nach der siegreichen Schlacht kehrten die Truppen nach und nach über die Alpen zurück und machten sich unter Führung des Truchsesses Georg von Waldsburg daran, die staatliche Ordnung wiederherzustellen. In der Schlacht bei Böblingen, an der auch ein von Hans Schad geleiteter Bauernhaufen mitkämpfte, wurden die Bauern vernichtend geschlagen. Allerdings relativierte der Referent die oft kursierenden Zahlen von mehreren Tausend Toten. Aus Backnang seien es gerade einmal 14 gewesen. Rechnet man die Zahl auf alle württembergischen Ämter hoch, kommen gerade einmal 500 heraus.

Fritz ging auch der Frage nach, wie es danach weiterging. Er malte drastische Bilder von Enthauptungen einiger Rädelsführer. Noch im Oktober 1525 wurden in Lippoldsweiler mehrere untergetauchte Aufrührer von einem Kontrollkommando gefasst. Die Schenken von Limpurg in Gaildorf riefen Bauern aus ihrem Herrschaftsgebiet zu sich. Fritz stellte klar, dass es sich dabei damals nicht um württembergisches Gebiet, also um Ausland gehandelt hat. Bestrafungen folgten jedoch nicht. Auch in Württemberg habe der zurückgekehrte Herzog Ulrich die Verfolgungen einschlafen lassen. Fritz widersprach zum Abschluss vehement der Vorstellung, dass durch die Niederschlagung des Bauernkriegs das Duckmäusertum Einzug gehalten habe. Vielmehr wechselten die Bauern einfach die Strategie und überzogen in den Folgejahrhunderten die Herrschaften mit unendlichen Streitfällen vor den Gerichten.

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Erstellt:
27. November 2024, 06:00 Uhr

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