Ein Tag bei zwei Imkern: So viel Arbeit steckt im Honig

Die Imker Tanja Fichtl und Werner Wallenwein haben 50 Bienenvölker, die verteilt in der Region rund um Weissach im Tal bis nach Kaisersbach und Rudersberg fleißig ihre Arbeit verrichten. Auch die Imker selbst legen viel Fleiß an den Tag.

Tanja Fichtl und Werner Wallenwein aus Auenwald betreiben die Imkerei mit viel Sorgfalt, Sachverstand und Spaß an der Sache. Fotos: Alexander Becher

© Alexander Becher

Tanja Fichtl und Werner Wallenwein aus Auenwald betreiben die Imkerei mit viel Sorgfalt, Sachverstand und Spaß an der Sache. Fotos: Alexander Becher

Von Carmen Warstat

Auenwald. Wie viel Arbeit hinter der Produktion von Honig steckt, ist vielen Konsumenten gar nicht bewusst. Ein Besuch bei Imkern aus Auenwald machte dies auf beeindruckende Weise deutlich. Im Gewann Winterhalde nahe Backnang-Steinbach summt und brummt es diesen Sommer wieder, denn hier befinden sich acht Bienenvölker der Bioimkerei Fichtl. Spätestens wenn die Robinie blüht, beginnt die Honigernte. Zusammen mit Werner Wallenwein hat Tanja Fichtl insgesamt fast 50 Völker, die – verteilt in der Region rund um Weissach im Tal bis nach Kaisersbach und Rudersberg – fleißig ihre Arbeit verrichten. „Imkerei bedeutet, dass zumindest im Sommerhalbjahr immer alles gleichzeitig stattfindet. Hier muss nach den Bienenkästen geschaut, dort geerntet und da mehrmals am Tag der Honig cremig gerührt werden, damit sich keine groben Kristalle bilden“, erläutert Werner Wallenwein. Außerdem schleudert Tanja Fichtls Tochter das süße Produkt regelmäßig.

Honig ist nicht nur sehr schmackhaft, sondern auch ein Lebensmittel, dem gesundheitsfördernde Eigenschaften nachgesagt werden und das es in verschiedensten Geschmacksrichtungen zu kaufen gibt. Der Frühlingshonig ist aromatisch und zumindest anfangs klar. Der Robinienhonig bleibt lange flüssig, die Sommerhonige sind je nach Standort und Jahr immer wieder eine Überraschung. Der Waldhonig schmeckt eher kräftig, den Edelkastanienhonig etwa nennen manche mindestens „gewöhnungsbedürftig“ und den Buchweizenhonig, der eher im Norden anzutreffen ist, „speziell“.

Ende Juli/Anfang August geht es an die Milbenbekämpfung, die nur außerhalb der Tracht nach der letzten Ernte erfolgen darf. Werner Wallenwein und Tanja Fichtl haben sich für eine Methode entschieden, die einen nicht allzu brutalen Eingriff darstellt. Sie entnehmen den Völkern die Waben mit verdeckelter Brut, geben sie in einen Sammelbrutableger. Nachdem die Bienen geschlüpft sind, werden sie mit Oxalsäure behandelt, einer organischen Säure, die auch in Rhabarber oder Spinat vorkommt. Eine aufwendige Arbeit, die aber im Spätsommer keinen Aufschub duldet.

Die beiden Imker leben mit ihren Bienen und mit der Faszination dafür. Werner Wallenwein spricht über Spezifika und Mysterien seines Fachgebiets, zu dem er nach der Verabschiedung in den Ruhestand eher zufällig und hobbymäßig kam. Fachkundig und humorvoll hat er sogar eine kleine Abhandlung über die Rolle des starken Geschlechts im Bienenstock geschrieben: „Sodom und Gomorra – Was sie den braven Bienen bisher nicht zugetraut hätten oder Der Drohn – Biene, Mann und armes Schwein...“

Tanja Fichtl gibt derweil Entwarnung in Sachen mancher klischeeartig wahrgenommener Merkmale der Imkerei: Die Schutzkleidung mit Schleier beispielsweise brauche es eigentlich nur bei Gewitterstimmung: Dann seien die Tiere tatsächlich aggressiv. Sie seien auf Sanftmütigkeit gezüchtet. „Aber ohne gelegentliche Stiche geht es nicht ab.“

Die Blühflächeninitiative liegt den beiden Imkern besonders am Herzen

Überaus wichtig ist den beiden Imkern die Blühflächeninitiative Backnang, die durch Landwirt Jürgen Benignus vom Ungeheuerhof initiiert wurde. Denn die Insekten müssen im Sommer oft hungern, erklärt Imker Julian Conrad aus Aspach. Deshalb habe man bisher intensiv genutztes Ackerland in Lebensraum für Honigbienen, Wildbienen und andere Insekten umgewandelt. Diese Flächen bleiben fünf Jahre lang erhalten und werden nur einmal jährlich gemäht. Sie dienen auch als Rückzugsort für Feldhasen, Rebhühner, Rehkitze und sind für den Menschen eine blühende Augenweide. Fichtl und Wallenwein weisen auf die Möglichkeit einer Blühflächenpatenschaft für 28, 55 oder 450 Euro (Letztere für Firmen gedacht) hin, jeweils verbunden mit einem Glas Honig. Die Patenschaften können den Landwirten zumindest einen Teil ihres Ertragsausfalls ersetzen und das sorgfältig ausgewählte Saatgut mitfinanzieren.

Wie alle gestandenen Imker warnen Fichtl und Wallenwein davor, den Arbeitsaufwand der Imkerei zu unterschätzen und sich unüberlegt Stöcke zuzulegen, wie es nicht selten geschieht. Die Imkerei erfordert solide theoretische und vor allem auch praktische Kenntnisse und Fähigkeiten, die man sich vorab aneignen muss, beispielsweise in einschlägigen Kursen oder als Assistent an der Seite eines Experten. Neben ihrem köstlichen Honig produziert die Bioimkerei Fichtl auch Met in verschiedenen Geschmacksrichtungen, Honig-Balsamessig, Bienenwachs und Blütenpollen. Diese kommen von den Bienenvölkern am Haus direkt bei den Streuobstwiesen in Auenwald-Oberbrüden und werden von April bis Juni gesammelt. Blütenpollen gelten als eine der reichsten Quellen an natürlichen Vitaminen, Mineralien, Proteinen, Aminosäuren und Enzymen – heimisches Superfood also, das beispielsweise bestens ins Müsli passt, von Allergikern aber mit Vorsicht zu genießen ist.

Die Bienen sind auf Gutmütigkeit gezüchtet. Gelegentlich stechen sie aber auch.

© Alexander Becher

Die Bienen sind auf Gutmütigkeit gezüchtet. Gelegentlich stechen sie aber auch.

Tipps vom Nabu

Insektenfreundlich In Baden-Württemberg leben über 460 Arten, doch mehr als die Hälfte der Wildbienenarten ist gefährdet. Wer Wildbienen helfen möchte, kann für blühende Pflanzen und Nistplätze auf dem Balkon und im Garten sorgen und auf Bio im Einkaufskorb achten. Fünf Nabu-Tipps für insektenfreundliche Wiesen:

Später Schnitt, je nach Entwicklungsstand der Wildpflanzen möglichst nicht vor Mitte Juni, und das Schnittgut abräumen.

Nicht alles auf einmal mähen, sondern in Abständen von zwei bis drei Wochen.

Ränder und Säume an Wegen, Straßen, Wäldern und Bächen als Rückzugsraum erhalten.

Mindestens zwölf Zentimeter Bewuchs stehen lassen. So können Insekten überleben.

Wenn möglich Sensen oder Balkenmäher nutzen.

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Erstellt:
14. Juni 2022, 06:00 Uhr

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