Ein Weltraum-Unikat mit Mehrwert

Statt die Schultüte ihres Patenkindes zu kaufen oder zu basteln, hat die Maubacherin Melanie Daiß sie selbst genäht

Sie gehört zum Schulanfang wie der Ranzen und die Vorfreude der Kinder auf den neuen Lebensabschnitt: Die Schultüte. In Hunderten Ausführungen ist sie kaufbar, in ebenso vielen Varianten bastelbar – oder auch nähbar. Die Maubacherin Melanie Daiß zum Beispiel hat ihrem Patenkind eine Schultüte genäht: Ein kunterbuntes Unikat, das den ersten Schultag überdauert hat.

Aus drei Stücken Stoff hat Melanie Daiß eine kunterbunte Schultüte mit Weltraum-Motiven und Namenszug genäht. Foto: A. Becher

© Pressefotografie Alexander Beche

Aus drei Stücken Stoff hat Melanie Daiß eine kunterbunte Schultüte mit Weltraum-Motiven und Namenszug genäht. Foto: A. Becher

Von Nicola Scharpf

BACKNANG. Farbenfrohe Sterne, Planeten, Raketen, Kometen auf braunem Grund. Ein aufgenähtes Raumschiff und der Name „Lyam“ in blauen Großbuchstaben auf rotem Grund formen das Mittelstück der Schultüte. Ein doppelt genommener blauer Stoff mit weißen Sternen bildet den Verschluss, den eine rote Schleife zusammenhält. Als Lyam vor einem Jahr eingeschult wurde, war er der Mittelpunkt der Feier. Viele haben ihn auf seine Schultüte angesprochen, hat sich seine Patentante Melanie Daiß, die beim Fest nicht dabei war, sagen lassen. Die kunterbunte Schultüte aus Baumwolle, die sie ihrem Patenkind genäht hat, hat das besondere Ereignis der Einschulung noch etwas besonderer werden lassen.

Vor etwa dreieinhalb Jahren hat die 29-Jährige mit dem Nähen begonnen. Ihre ältere Tochter Lia war damals ein Jahr alt und Melanie Daiß hat der Kleinen im Internet einen selbst genähten Strampler gekauft. Sie fand ihn so hübsch, dass sie diese Art der Handarbeit selbst beherrschen wollte. Sie kaufte Nähmaschine, Stoffe, Nähutensilien, Zubehör, lud sich Schnittmuster aus dem Internet herunter und fing klein an mit Mützen, Halstüchern, Pumphosen. Schnell hatte sie Erfolgserlebnisse, versuchte sich an schwereren Sachen wie Raffungen oder Bändern. „Dann war ich dem Nähen verfallen“, sagt die gelernte Erzieherin lachend. Inzwischen hält sie mit Freundinnen wahre Nähsessions ab – der Geselligkeit wegen. Darüber hinaus verbringt sie im Schnitt zwei Abende pro Woche an der Nähmaschine.

An zwei solchen Abenden ist auch Lyams Schultüte entstanden, nachdem Melanie Daiß den Gedanken hatte, dass sich eine solche kegelförmige Überraschungstüte ja auch nähen ließe, anstatt sie zu basteln oder zu kaufen. Als „Anfängerprojekt“ bezeichnet sie das Nähen einer Schultüte. Das Schnittmuster besteht für die Tüte aus drei Teilen: einem für die Spitze, einem fürs Mittelstück, einem für den oberen Abschnitt. „Die Tüte an sich geht schnell“, sagt die zweifache Mutter. „Erst die Bänder und Buchstaben und andere Verzierungen machen es aufwendig.“ Die drei einzelnen Teile der Tüte hat Melanie Daiß aneinandergenäht, sodass ein großes Dreieck entstanden ist. Darübergenähte Bänder verdecken die Nahtstellen. Dann hat sie die Tüte verziert. Erst ganz zum Schluss wird das Stoffdreieck zur Trichterform zusammengenäht. Ein Rohling aus Pappkarton, der ins Innere gesteckt wird, gibt dem kunterbunten Unikat Stabilität und macht es zur Tüte. Das meiste an Stoff geht für den Verschluss drauf, der aus einer doppelten Lage besteht. „Ansonsten braucht man nicht viel Stoff“, sagt die Hobbynäherin. Sie hat für die Tüte Baumwollstoff verwendet, „weil sie nicht elastisch sein soll“. Auch der Verschluss ist aus Baumwolle. „Es geht aber auch mit Tüll“, schlägt Melanie Daiß eine Alternative vor, die vor allem bei Mädels gut ankommen dürfte.

„Bestimmt werde ich im Freundeskreis für alle Kinder Schultüten nähen“

Lyams Weltraum-Tüte war Melanie Daiß’ Erstlingswerk in Sachen Schultütennähen und hat auch noch keine Nachfolgerin bekommen. Ihre große Tochter habe aber schon angekündigt, dass sie zur Einschulung ebenfalls eine selbst genähte Schultüte im Arm haben will. „Und bestimmt werde ich im Freundeskreis für alle Kinder Schultüten nähen, wenn es so weit ist“, glaubt sie. Aber das Wichtigste für Daiß ist: „Es muss Spaß machen.“ Sie habe Angst, sich unter Druck setzen zu lassen, um Aufträgen hinterherzukommen. So soll das Hobby Nähen auch ein Hobby bleiben.

Den Vorteil der selbst genähten gegenüber der gekauften Schultüte sieht die Maubacherin darin, dass sie sich farblich und motivlich auf den Schulranzen des neuen Erstklässlers abstimmen lässt. Außerdem: „Gekaufte landen schnell im Müll.“ Nicht so die genähte Schultüte. Ein Tipp von der Handarbeiterin: Wenn man den Papprohling entfernt und die leere Schultüte ausstopft, entsteht ein ungewöhnlich geformtes Kissen fürs Kinderzimmer zum Spielen und Kuscheln. So bekommt die Schultüte bleibenden Wert – weit über den ersten Schultag hinaus.

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Erstellt:
28. August 2018, 06:00 Uhr

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