Ein Zuhause für Hornissen

Artenschutz vor der Haustür Hornissen gehören zu den streng geschützten Arten in Deutschland. Wer den Insekten etwas Gutes tun möchte, kann einen speziellen Hornissenkasten bei sich im Garten aufhängen. Der ist allerdings kein Garant dafür, dass die Tiere tatsächlich kommen.

Jutta und Achim Schopf sitzen auf einer Schaukel in ihrem Garten. In dem Fass rechts hatten Hornissen einst ihr Nest. Fotos: Melanie Maier

Jutta und Achim Schopf sitzen auf einer Schaukel in ihrem Garten. In dem Fass rechts hatten Hornissen einst ihr Nest. Fotos: Melanie Maier

Von Melanie Maier

Backnang. Friedliche Brummer nennt der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) die Hornissen. Denn im Gegensatz zu ihren kleineren Verwandten, den Gemeinen und den Deutschen Wespen, sind Hornissen nicht aggressiv. Das liegt auch daran, dass die Tiere sich nicht dafür interessieren, was bei den Menschen auf den Tisch kommt. Marmeladenbrote, Kuchen oder auch die Grillwurst locken die Hornissen nicht an. Was sie suchen, ist das Licht, weiß Jutta Schopf. Die 52-Jährige und ihr Mann Achim, 60, haben einen Hornissenkasten bei sich im Garten aufgehängt.

An einem Sommerabend, als Jutta Schopf draußen auf der Terrasse saß, schaltete ihr Mann einmal zu vorangeschrittener Stunde die Außenbeleuchtung aus. Kurz darauf ließ sich eine Hornisse auf Schopf nieder, von ihrem leuchtenden Handydisplay angezogen. „Da war mir auch kurz ein bisschen unwohl“, erinnert sie sich. Doch die Hornisse flog schon bald wieder weg. „Wenn sie nicht zum Licht fliegen würden, würden wir gar nichts von ihnen mitbekommen“, sagt Schopf. Der spezielle Hornissenkasten, den sie und ihr Mann an einem Baum befestigt haben, hängt so weit oben, dass die Tiere meist über die Köpfe der Gartenbesucher hinwegfliegen, ohne dass sie es bemerken.

Ein Paradies für Wildtiere

Die anderen Bewohner des weitläufigen Naturgartens stören sie ebenfalls nicht. Rund 30 Hühner, fünf Meerschweinchen, drei Hasen, sechs Laufenten, zwei Katzen und unzählige Insekten, Eidechsen, Igel und Wiesel tummeln sich dort. Allein die 16 Bienenvölker dürften sich nicht über den Einzug der Hornissen im Frühjahr gefreut haben. Denn sie stehen, genau wie andere Insekten und Spinnentiere, auf dem Speiseplan der bis zu 35 Millimeter langen Faltenwespen. Jutta und Achim Schopf konnten schon mehrmals beobachten, wie Hornissen am Frühstückstisch auf ihrer Terrasse im Garten lauerten und sich eine vom Obst angelockte Wespe schnappten. „Die zerlegen sie richtig in der Luft“, beschreibt Achim Schopf. „Alles kommt weg – die Flügel, die Beine“, fügt Jutta Schopf hinzu. „Nur der Brustpanzer wird aufgehoben“, sagt Achim Schopf. „Da ist das ganze Eiweiß drin.“

Im Hornissenkasten fliegen trotz des Herbstwetters noch immer Hornissen ein und aus.

Im Hornissenkasten fliegen trotz des Herbstwetters noch immer Hornissen ein und aus.

Die beiden Backnanger sind Mitglieder beim Nabu Backnang. Ihrem Garten am Rande von Waldrems sieht man das an. Seit Jutta und Achim Schopf 2004 in ihr Haus eingezogen sind, haben sie das Grundstück in ein Paradies für Haus- und Wildtiere verwandelt. Die Hornissen waren von Anfang an da. Jutta Schopf fiel irgendwann auf, dass sie durch das Spundloch eines Fasses neben der Holzschaukel fliegen. Sie hatten dort ihr Nest. „Mein Mann wollte das Loch zumachen“, sagt Jutta Schopf. „Ich habe gesagt, das kann er gerne machen, aber dann holen wir einen Hornissenkasten. Denn die Hornissen brauchen ja auch ein Zuhause.“

Das Volk Hornissen ist pflegeleicht

Den Kasten aus Holzbeton kauften sie in einem Spezialgeschäft in Schorndorf (siehe Infokasten). Ihn am Baum anzubringen, sei einfach gewesen und habe auch nur etwa eine Viertelstunde gedauert – „maximal“, sagt Jutta Schopf und lacht. „Das Einzige, worauf man achten muss, ist, dass man Alunägel verwendet, damit man den Baum nicht verletzt“, sagt Achim Schopf. Nur ein bisschen unhandlich sei der schwere Kasten auf der Leiter gewesen.

Doch einmal aufgehängt, ist der Kasten beziehungsweise das Volk, das darin wohnt, pflegeleicht. Einmal im Jahr müsse man das alte Nest beseitigen, erklärt der Hornissenfachberater Wolfgang Groß aus Leutenbach. Achim Schopf hat ihn spontan übers Handy in den Garten dazugeschaltet. „Ich wollte dich sowieso anrufen, weil ich wissen wollte, wann wir den Kasten am besten reinigen sollen“, erklärt er.

Das könne entweder im Frühjahr, am besten vor Ende April, erledigt werden oder aber im November, wenn alle Hornissen bis auf die Jungköniginnen gestorben sind. „Die Jungköniginnen überwintern normalerweise nicht im Nest“, führt Groß aus. Er hatte 2022 besonders viel zu tun. „18 Nester habe ich umgesetzt dieses Jahr, es war ganz komisch“, sagt er. An Rollläden oder an Hauseingängen können die Tiere nicht bleiben. Manchmal sei es allerdings unmöglich, ein Nest zu bergen, erzählt Groß: „Eins, das unter der Dachverkleidung hing, hätte man nur mitsamt der ganzen Dachverkleidung runternehmen müssen.“ Den Hausbesitzern blieb daher nichts anderes übrig, als bis zum Spätherbst abzuwarten. „Im Oktober oder November hat sich das Problem von allein erledigt“, sagt Groß. Denn meist kommen Hornissen nicht zu ihrem ehemaligen Nest zurück. Auch die Familie Schopf hatte bisher erst dreimal Hornissen in ihrem Kasten. „Man kann versuchen sie anzulocken“, sagt Jutta Schopf, „aber manchmal braucht man dafür einen langen Atem.“

Die Hornisse

Vespa crabro Die Hornisse, lateinisch Vespa crabro, gehört zu der Familie der Sozialen Faltenwespen. Hornissenvölker können bis zu 700 Tiere umfassen. Das Nest, das im Juni zu wachsen beginnt, kann mehr als einen halben Meter lang werden. Die Tiere selbst sind zwischen 18 und 35 Millimeter lang. Hornissen ernähren sich von Insekten und Spinnentieren. Ihr Lebenszyklus dauert ein Jahr. Im Herbst sterben die Völker ab. Hornissenkästen findet man etwa beim Spezialgeschäft Schwegler in Schorndorf.

Gefährdung Wegen ihrer akuten Bestandsgefährdung zählt die einheimische Hornisse in Deutschland zu den besonders geschützten Arten. Das heißt: Man darf Hornissen weder töten noch ihr Nest zerstören. Nur mit der Genehmigung der zuständigen Naturschutzbehörden darf ein Nest beseitigt werden. Zuständig für die Umsiedlung sind Hornissenfachberater. Den Kontakt zu ihnen bekommt man übers Landratsamt.

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Erstellt:
8. Oktober 2022, 11:00 Uhr

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