Eine Absage und viele Verlierer

Für Veranstalter, Vereine und Aspachs Einzelhandel geht es nach der Absage von Andrea Bergs Heimspiel um Schadensbegrenzung

Andrea Berg bewegt vieles und viele. Zum Beispiel über 30000 Menschen, die seit 2006 regelmäßig zum Heimspiel im Aspacher Fautenhau pilgern. Für Künstlerin und Fans abschließender Höhepunkt des Tourneejahres. Der war diesmal für den 17. und 18. Juli geplant. Dann kam das Coronavirus und die Absage. Nun geht es „um Schadensbegrenzung“, sagt Berg-Ehemann Uli Ferber.

Statt der großen Bühne beim Heimspiel im Juli im Fautenhau bleibt auch Andrea Berg nur Homeoffice. Am heimischen Klavier redete die Sängerin mit ihrem Kollegen Giovanni Zarrella über ihre große Karriere. Teile der Gespräche sendet das ZDF am Samstagabend. Foto: ZDF/Anelia Janeva

© ZDF und Anelia Janeva

Statt der großen Bühne beim Heimspiel im Juli im Fautenhau bleibt auch Andrea Berg nur Homeoffice. Am heimischen Klavier redete die Sängerin mit ihrem Kollegen Giovanni Zarrella über ihre große Karriere. Teile der Gespräche sendet das ZDF am Samstagabend. Foto: ZDF/Anelia Janeva

Von Uwe Flegel

ASPACH. Den 8. März 2020 vergisst Andrea Berg nicht so schnell. Schließlich war Regensburg die vorläufig letzte Station ihrer 31 Konzerte umfassenden Mosaik-Tour in ausverkauften Arenen. Seitdem herrscht Stille. „18 bis 20 Veranstaltungen wurden abgesagt“, erzählt Uli Ferber und spricht von Konzerten im Rahmen der Tournee wie von großen Veranstaltungen und Festivals. Die erfolgreichste Sängerin der deutschen Chartgeschichte erinnert sich an „unvergessliche Abende, die ich alle tief in meinem Herzen behalten werde und für die ich aufrichtig dankbar bin“, wenn sie auf ihre abgebrochene Tour angesprochen wird, und gesteht: „Umso trauriger sind wir, dass die Tour und das Heimspiel in Aspach vom Coronavirus gestoppt wurden.“ Ganz besonders den Aspacher Konzerten hat die 54-Jährige entgegengefiebert. Allerdings: „Die Gesundheit ist das Allerwichtigste.“

Uli Ferber beziffert Umsatzausfall auf 2,5 bis 3 Millionen Euro

Von Uli Ferber kommt kein Widerspruch, obwohl das Aus fürs Heimspiel den Veranstalter, Aspacher Vereine, die Gemeinde und örtliche wie Betriebe der ganzen Region teilweise sehr teuer zu stehen kommt. „In den Hotels im Umkreis von 30 Kilometern um Aspach waren rund 5700 Übernachtungen gebucht. Die sind nun alle storniert“, rechnet der 60-Jährige vor und fügt in Bezug aufs Hotel seiner Familie in Kleinaspach an: „Der Sonnenhof ist bei der Zahl noch gar nicht mit eingerechnet.“ Den Umsatzausfall im Bereich des Ticketing, für Hotels, für Gastronomie und alle anderen möglichen Bereiche schätzt er auf 2,5 bis 3 Millionen Euro. Den Schaden beziffert er auf 450000 Euro, da ja nicht nur der Umsatz wegbricht, sondern schon Kosten entstanden sind. Unter anderem für die Produktion, für die Bühne, fürs Programm. Und: „Dafür gibt es keine Versicherung.“

Die Ausfälle betreffen aber nicht nur die Veranstalter und Betriebe, sondern auch Bühnenarbeiter, Beleuchter, Tontechniker, Musiker und andere. „Allein an der Showproduktion in Aspach sind 150 Personen beteiligt“, erzählt Thomas Deters – zuständig für Abwicklung und Showproduktion – und berichtet, dass es bei den Konzerten in anderen Städten gar 200 Menschen sind. Ein Riesenaufwand. „Deshalb haben wir ja zunächst versucht, mit dem Termin auf den September zu gehen“, so Deters. Der Plan wurde verworfen. Die gesundheitlichen Risiken sind nicht absehbar. Bei all den wirtschaftlichen Fakten vergessen die Verantwortlichen nicht, dass die Fans beim Open Air mit Freude und ohne mulmiges Gefühl dabei sein wollen.

Deshalb gibt’s das nächste Heimspiel nun erst im Juli 2021. Was nicht heißt, dass die Arbeit beim Veranstalter bis dahin ruht. Sie läuft weiter auf Hochtouren. Uli Ferber: „Über Wochen kümmern sich fünf Mitarbeiter um Dinge wie Ticketabwicklung, Stornierung von Übernachtungen oder von Shuttlebussen, die beim OVR und dessen Partnern schon bestellt waren, sowie um Umbuchungen aufs nächste Jahr.“ Schließlich wollen die Kartenbesitzer die Sicherheit, dass ihre für diesen Juli gebuchten Zimmer – egal ob im Sonnenhof oder den über 50 Partnerhotels – nun eben in zwölf Monaten verfügbar sind. „Wir haben über 3700 Mails und Briefe rausgeschickt, um das abzuklären. 70 bis 75 Prozent haben bereits geantwortet und gut 90 Prozent nehmen das Angebot an“, weiß Ferber, dass seine Mitarbeiter Julian Schrägle (Ticketabwicklung) sowie Dirk Kutzner und dessen Team (Bearbeitung der Hotelbuchungen) keine Langeweile kennen. „Die Arbeitskosten darf momentan keiner berechnen. Derzeit geht’s darum, Ideen zu entwickeln, was wir machen und wie wir den Schaden begrenzen können.“

Aspacher Vereinen entgehen wichtige Einnahmen

Auch Andreas Möhle sagt: „Es geht darum, den Schaden zu begrenzen.“ Der Vorsitzende des Bundes der Selbstständigen Gewerbeverein Aspach weiß, dass „die Absage für den örtlichen Einzelhandel eine Rieseneinbuße bedeutet“. Bäcker, Metzger, Edeka- und HL-Markt, Tankstellen, Getränkehändler und andere hätten rund ums Heimspiel „30 bis 40 Prozent mehr Umsatz verzeichnet“, erzählt Möhle und sagt: „Da geht es nicht nur um drei Tage, sondern um mindestens eine Woche.“ Schließlich würden die Fans mit Wohnmobilen und Autos anreisen, um das Open Air zum Teil auch mit einem Urlaub in der Region um Aspach zu verbinden. Für Möhle steht fest: „Das Heimspiel genießt mittlerweile Kultstatus und ist ein riesiger Imagegewinn für die Gemeinde.“ Zudem sei es auch für viele Vereine und Institutionen finanziell wichtig. Als Beispiele nennt der Inhaber eines Autohauses den Tennis-Club und den Musikverein Großaspach, die viele Zuschauer und Gäste auf ihren Klubgeländen im Fautenhau bewirtschaften: „Für den TCA ist es die Haupteinnahmequelle und der Musikverein müsste drei Waldfeste veranstalten, damit er solche Einnahmen hat.“

Diese zwei Vereine hat Sabine Welte-Hauff ebenfalls oben auf der Liste, wenn es darum geht, wen die Absage besonders trifft. Die Gemeinde selbst sei dagegen weder Gewinnerin noch Geschädigte, da sie kein Veranstalter sei, so die Bürgermeisterin. Von Andrea Berg profitieren würden der Einzelhandel und vor allem das Hotelgewerbe. Schließlich kommen die Fans teilweise schon ein bis zwei Wochen vor den Konzerten nach Aspach.

Die Rathauschefin weist allerdings auch darauf hin, dass die Anwohner in Großaspach-Hohrot „dieses Jahr etwas zur Ruhe kommen, weil es den vielen Parkverkehr und die Randbedingungen, die sie rund ums Heimspiel monieren, nicht geben wird“. Das gelte ebenfalls für die Einwohner in Kleinaspach, Allmersbach und Rietenau, „die keinen Durchgangsverkehr zum Stadion mehr dulden müssen. Wobei dieser in den vergangenen Jahren durch den Einsatz von Shuttlebussen schon deutlich reduziert wurde.“

Für Welte-Hauff ist das Heimspiel „ein fester Termin im Kalender und die Freude der Konzertbesucher hat uns angesteckt, auch wenn wir arbeiten mussten“. Diesen Sommer sind Ordnungsamt, Gemeindevollzugsdienst und Bauhofteam nun ja nicht gefordert. Nächstes Jahr müssen sie aber wieder ran, kündigt Andrea Berg doch bereits an: „Ich freue mich riesig, 2021 mit meinen Fans wieder das Leben zu feiern – noch bewusster, noch intensiver, noch dankbarer.“

Info

Fans von Andrea Berg müssen auch in der Coronakrise auf Livemusik von ihrem Idol nicht verzichten. Im ZDF gibt’s kommenden Samstag ab 20.15 Uhr den Konzertfilm „Andrea Berg: Das Leben ist ein Mosaik“. Zu sehen ist in den zweieinhalb Stunden die Berg-Show in der ausverkauften Wiener Stadthalle. Das Konzert im Rahmen der Mosaik-Tour begeisterte Mitte Februar gut 15000 Zuschauer. Außerdem besuchte Giovanni Zarrella die Sängerin zu Hause in Kleinaspach. Auszüge aus den Gesprächen werden immer wieder zwischen den Songs präsentiert. „Vielleicht ist es für die Fans ja ein schönes Trostpflaster für die ausgefallenen Konzerte“, hofft Ehemann Uli Ferber.

Ab Montag, 4. Mai, soll es eine Hotline für Fragen rund um die Eintrittskarten für die abgesagten Heimspiel-Konzerte in Aspach geben. Klar ist bereits, dass die Tickets von 2020 fürs Heimspiel 2021 gültig sind. Zu beachten ist, dass die Karten vom Freitag, 17. Juli 2020, nun fürs Open Air am Freitag, 16. Juli 2021, gelten. Die Tickets vom Samstag, 18. Juli 2020, gelten nur für Samstag, 17. Juli 2021. Karten fürs sogenannte Bergfest am Sonntag, 19. Juli 2020, gelten fürs Bergfest am Sonntag, 18. Juli 2021. Der Konzertabend am Samstag ist auch fürs nächste Jahr schon ausverkauft. Für den Freitag gibt es noch Resttickets. Der Vorverkauf für dieses Kontingent startet in den nächsten Tagen.

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Erstellt:
30. April 2020, 06:00 Uhr

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