Endlich wieder Feierlaune in Kirchberg
Leider ohne den Bürgermeister, dafür aber mit vielen altbekannten Angeboten, wird das Bürgerfest in Kirchberg nach der coronabedingten Zwangspause von Alt und Jung mit Wonne gefeiert. Bis auf ein paar Kleinigkeiten hat sich an der Veranstaltung im Vergleich zur Zeit vor Corona nur wenig geändert.

© Tobias Sellmaier
Reinhard Enge vertrat den erkrankten Kirchberger Bürgermeister erfolgreich beim Fassanstich. Nach zwei Schlägen floss der Hopfensaft.
Von Valentin Schmid
Kirchberg an der Murr. Das 44. Kirchberger Bürgerfest beginnt etwas weniger erfreulich, nämlich mit Genesungswünschen an den Bürgermeister. Schon im Vorfeld hatte es sich herumgesprochen: Frank Hornek ist an Corona erkrankt. Glücklicherweise liegt die Rede des Rathauschefs trotzdem vor, sodass sein Stellvertreter, Reinhard Enge, das Festwochenende in halbwegs gewohnter Tradition einleiten kann. Während der örtliche Musikverein den klanglichen Startpunkt des Fests zelebriert, sieht man dem stellvertretenden Bürgermeister seine Nervosität dann doch an. Etwas unruhig wartet er neben dem Bierfass auf seinen großen Moment, den Fassanstich. Doch dann geht alles ganz schnell: Nur zwei Schläge und das Bier fließt. Offenbar beherrscht der passionierte Tennisspieler Enge auch diese Disziplin.
Bemerkenswert ist die Coronaerkrankung des Bürgermeisters auch vor dem Hintergrund, dass der Gemeinderat im April uneins über die Durchführung des Fests war. Ein hohes Ansteckungsrisiko durch eng beieinanderstehende Gruppen und lautstarke Gespräche standen damals im Raum. Jetzt überwiegt unter den Gemeinderäten aber eindeutig die Feierlaune. Es sei gut, dass man nicht auf eine reduzierte Variante des Fests gesetzt habe, meint etwa Gemeinderat Martin Wolf: „Das hätte nicht dieselbe Qualität.“ Insgesamt hat sich – im Vergleich zu den Festen vor der Pandemie – nur wenig verändert. Die Musikbühne gegenüber dem Rathaus ist etwas kleiner geworden. Doch das scheint hier niemand zu stören. „Wir dürfen wieder raus“, sei jetzt das Motto, meint Kreisrat Frank Kral nach dem Fassanstich. Das einzige komplett neue Angebot stellt die Klasse 3a der Kirchberger Grundschule bereit, die mit Waffeln und Muffins erstes Geld für ihr Schullandheim im kommenden Schuljahr sammelt. „Mindestens 100 Euro“ sollen zusammenkommen, strahlt einer der Schüler mit Blick auf die Kasse. „Ich glaub es wird ein bisschen mehr“, ergänzt ein Elternvertreter. Nachdem der OGV-Weihnachtsmarkt im letzten Jahr coronabedingt nicht stattgefunden habe, nutze man eben jetzt die Chance, um erste Einnahmen für die Klassenfahrt zu verbuchen.
Ansonsten findet man auf dem Bürgerfest vor allem altbekannte Angebote: Die freiwillige Feuerwehr etwa verkauft Gyros-Pita, der Sportverein Gegrilltes und der Musikverein seinen Schwabenteller. Vielleicht sind es ja gerade die gewohnten Gesichter, Treffpunkte und Speisen, die die Qualität des Fests nach dreijähriger Zwangspause ausmachen. Eine Band sorgt für die passende musikalische Untermalung und die heimischen Wengerter tun ihr Bestes, damit die Besucher den Abend mit einem guten Wein ausklingen lassen können.
Am Sonntag steht zuerst der Gottesdienst im Mittelpunkt
Wo am Vorabend die Band spielte, steht am Sonntagmorgen der evangelische Gottesdienst im Mittelpunkt. Das bemerken auch drei Radfahrer, die vor dem Rathaus eintreffen, während dieser von Kiberg Brass eröffnet wird, einem Ensemble von Mitgliedern des CVJM-Posaunenchors. Nach kurzem Zögern bahnen sie sich auf den Fahrrädern einen Weg durch die Besucherreihen – scheinbar führt wortwörtlich kein Weg am Gottesdienst vorbei. Wären die Radler noch etwas geblieben, hätten sie gesehen, wie Pfarrer Martin Weber mit zwei Gießkannen eine Bibelgeschichte demonstriert. Ein kleines Modellhaus, dass Weber auf einem Sandhaufen platziert hat, rutscht unter dem Wasserstrahl direkt davon. Währenddessen bleibt ein anderes Modellhaus, das auf einem Stein steht, „felsenfest“ in Position. „Gegen Katastrophen können wir nichts tun“, erklärt Pfarrer Weber, aber man könne sich entscheiden, sein Leben auf Jesus, den Fels, zu bauen. Passend zum Anlass endet der Gottesdienst mit dem fröhlichen Lied „Geh aus, mein Herz, und suche Freud“. Auch Martin Weber ist zufrieden: „Es waren ganz viele da, die ich noch nie gesehen hab.“

© Tobias Sellmaier
Mit Fähnchen in der Hand, auf denen das Kirchberger Wappen abgebildet war, sangen die Kinder aus voller Kehle zur Eröffnung des Bürgerfests. Fotos: Tobias Sellmaier
Langsam aber sicher läuft der Festbetrieb wieder an. Vor der Kelter präsentiert eine Gruppe Kinder ihre alten Spielsachen auf einem Flohmarkt. Während die einen das erworbene Geld in guter schwäbischer Sparsamkeit „auf die Bank bringen“ wollen, haben andere Kinder eher kurzfristige Pläne. Er habe schon vier T-Shirts am Glücksrad gewonnen, verkündet ein Junge stolz. „Das macht mehr Spaß als Eis verkaufen“, grinst eine junge Helferin vor dem besagten Glücksrad, das vom Sportverein betrieben wird. Gleichzeitig könne man es auch gut mit Werbung kombinieren, erklärt Derya Aydin, die Leiterin vom Eltern-Kind-Turnen. Durch die neuen Baugebiete und viele Hinzugezogene sei die Nachfrage für Familienangebote in Kirchberg groß, berichtet Aydin.
Für viele sei der Sportverein der erste Anknüpfungspunkt in der neuen Heimat. Nur wenige Meter vom Glücksrad entfernt verspricht die Torwand des Sportvereins weitere spannende Preise und ein paar Treppenstufen weiter oben beginnt am Nachmittag das Kinderprogramm „Frohe Arche“. Zweifellos kommen also auch die kleinen Besucher beim 44. Kirchberger Bürgerfest voll auf ihre Kosten.
Pfarrer Martin Weber isterfreut über die vielen neuen
Gesichter beim Gottesdienst.