„Entscheidung keine Sekunde bereut“

Das Wirtshaus bleibt im Dorf (11): Christian Würfel hat 2017 die Steinbacher Krone gepachtet und erfreut sich guten Zuspruchs

Vor gut einem Jahr hat Christian Würfel das Traditionsgasthaus Krone in Steinbach übernommen. Damals kündigte er an, Bewährtes zu bewahren und Neues auszuprobieren. Heute ist er sehr zufrieden mit der Entwicklung. Den Sprung in die Selbstständigkeit hat er keine Sekunde bereut. Im Gegenteil. Der Backnanger möchte gerne expandieren.

Für Christian Würfel gehört die Gemütlichkeit und das gesamte Drumherum untrennbar zum Essen dazu. Deshalb legt er in der Steinbacher Krone nicht nur viel Wert auf Qualität, sondern beispielsweise auch aufs Ambiente oder auf freundlichen Service. Foto: A. Becher

© Pressefotografie Alexander Beche

Für Christian Würfel gehört die Gemütlichkeit und das gesamte Drumherum untrennbar zum Essen dazu. Deshalb legt er in der Steinbacher Krone nicht nur viel Wert auf Qualität, sondern beispielsweise auch aufs Ambiente oder auf freundlichen Service. Foto: A. Becher

Von Matthias Nothstein

Sie wollten eine Mischung aus Alt und Neu versuchen. Nach einem Jahr Erfahrung – ist dieses Konzept aufgegangen?

Ich behaupte Ja. Es kommt gut an bei den Leuten. Die Gäste kommen regelmäßig wieder zum Essen. Und auch das Ambiente stimmt. Man hört immer noch nach einem Jahr: Wow, sieht das toll aus, das ist schön gemacht, das ist anders. Ich würde nach einem Jahr sagen: Ja, das hat durchgeschlagen.

Wie setzt sich das Publikum zusammen? Sind es eher Stammgäste oder kommen auch viele Fremde?

Das ist unterschiedlich. Es kommen viele Stammgäste ein-, zwei- oder dreimal oder öfter im Monat. Es ist ein Publikum gemischt zwischen Alt und Jung. Das Klientel hat sich komplett gewandelt. Was ich in diesem Jahr mehr oder weniger aufgebaut habe, das ist ein anderes Publikum, es sind weniger die alten Gäste, die früher gerne in die Krone gekommen sind. Am Anfang waren viele Leute da, um zu gucken, wie es so ist. Da gab es auch Höhen und Tiefen, jeder Anfang ist schwer. Mittlerweile hat sich das Ganze etabliert und wir profitieren viel von der Mund-zu-Mund-Propaganda. Teilweise kommen die Gäste aus dem Stuttgarter Raum, aus dem Heilbronner Raum einfach hierher zum Essen. Wenn man das so hört oder wenn einem der Gast das sogar sagt, dann ist das schon sehr befriedigend.

Was ist alt auf der Karte, was neu? Haben Sie von der früheren Karte etwas übernommen?

Gar nichts. Die Karte ist komplett umgewandelt worden mit gutbürgerlicher, schwäbischer Küche. Standards wie Rostbraten sind dabei, frisch gemachte Maultaschen oder Kalbsschnitzel. Aber der Rest der Karte variiert fast täglich. Ich kaufe relativ geringe Mengen ein, das können nur zehn bis zwölf Portionen sein. Dann gibt es das nächste Gericht. Das ist im Prinzip auch das Konzept, das ich versuche, den Leuten beizubringen.

Was läuft gut, was weniger gut?

Es gibt eigentlich nichts, was schlecht läuft.

Variieren Sie das Konzept, wechseln Sie zwischen Winter- und Sommerkarte?

Es wird saisonal gekocht. Produkte, die es im Frühling gibt – etwa Spargel – mache ich in dieser Zeit mit. Dann ist das auch wieder vorbei. Im Sommer stehen die leichteren Gerichte mit kurz gebratenem Fleisch auf der Karte, im Winter eher die etwas schwereren Schmorgerichte. Und vom Gemüse wirklich saisonal, was angeboten wird oder gerade in der Zeit ist, das steht auf der Karte.

Was glauben Sie, welche Fehler machen all jene Landgasthöfe, die ganz offensichtlich Probleme haben und nicht durchhalten?

Ich bin erst ein Jahr dabei und kann deshalb nicht groß von den Fehlern der anderen sprechen. Aber ich glaube, ein ganz wesentlicher Aspekt ist der Spaß an der Arbeit. Dass man ambitioniert weitermacht und qualitativ nie absinkt. Das machen viele Einkäufer zum Beispiel falsch. Sie entscheiden sich vielleicht für einen Rostbraten, bei dem das Kilo drei Euro weniger kostet. Aber das merkt der Gast auf dem Teller. Die Qualität ist eine wichtige Sache, damit der Betrieb beständig laufen kann. An der Qualität darf man definitiv nicht sparen. Klar: Es ist schwierig und immer eine Art Gratwanderung. Wir sind hier auf dem Land, da kann ich die Preise nicht zu hoch ansetzen, weil es sonst den Gästen irgendwann zu teuer ist. Aber ein Wirt kann auch nicht so weit bei der Qualität runtergehen, dass es der Gast spürt.

Haben Sie sich das so schwer vorgestellt oder geht in Ihrem Falle alles ganz easy?

Ganz easy kann man das nicht nennen. Ich bin am Tag zwischen 12 und 15 Stunden im Gasthaus, und das sechs Tage die Woche. Das ist schon einiges, was man aufbringen muss an Zeit und Energie. Aber wenn es Spaß macht, dann mache ich das auch gerne. Wie heißt es so schön: Wenn man liebt, was man tut, muss man nie wieder arbeiten.

Welche Erfahrungen haben Sie mit dem Fachpersonal gemacht?

Gutes Personal zu finden, ist extrem schwierig. Das war eigentlich der Aspekt, um den ich mir am Anfang die wenigsten Sorgen gemacht habe. Und es war gleichzeitig der erste Bereich, bei dem ich Probleme bekommen hatte. Der Gast merkt es sofort, wenn ein Angestellter in der Gastronomie keine Leidenschaft mitbringt, dann geht das an den Gast rüber.

Und das in jedem Bereich, egal ob hinter der Theke, beim Service oder in der Küche?

Wenn die Leidenschaft in der Küche fehlt, dann sieht der Teller nicht schön aus, er ist lieblos angerichtet und es schmeckt einfach nicht. Und im Service ist man im direkten Kontakt mit dem Gast. Wenn man hier am Gesicht ablesen kann, „ich hab eigentlich überhaupt keine Lust, aber ich muss mein Geld hier verdienen“, dann merkt das der Gast natürlich auch. Dann kommt er vielleicht noch ein zweites Mal oder ein drittes Mal. Aber beim vierten Mal sagt er sich, wenn der Service hier so mürrisch ist, dann geh ich da nicht mehr hin. Da kann das Essen noch so gut sein, das bringt dann auch nichts mehr.

Aber der wichtigste Posten ist der des Kochs. Ist es da hilfreich, wenn der Chef selbst der Koch ist?

Das hat zwei Seiten. Ich weiß für mich, was ich kochen kann und wie’s schmeckt. Und ich bin der Überzeugung, dass ich ein sehr guter Koch bin. Andererseits habe ich auch schon oft gehört: „Warum lässt sich der Chef nicht hier bei den Gästen blicken?“ Ich stehe halt in der Küche und muss einfach mal kurz 50 Essen schicken. Da habe ich einfach nicht diese Zeit. Und danach sind die meisten Gäste schon weg. Ich komme während der Servicezeiten wirklich selten aus der Küche raus. Das ist der Nachteil. Der Vorteil ist aber, dass ich weiß, was auf dem Teller ist. Da weiß ich genau, es ist zu 100 Prozent alles okay, es geht so raus, wie ich es möchte.

Wie sehen Sie so Entwicklungen wie etwa „Essen to go“?

Haben wir hier auch. Aber das sind höchstens zehn Essen pro Woche. Ganz ehrlich: Ich bin der Meinung, wenn man essen gehen möchte, dann will man auch dieses Ambiente haben, dieses gemütliche Beisammensitzen. Das verbinde ich mit Essengehen. Wenn ich mir irgendwas abhole, dann kann ich auch gleich ins Schnellimbisslokal gehen oder zu Hause eine Pizza aufbacken. Die Gemütlichkeit und die Atmosphäre hat extrem viel zu sagen beim Essengehen, das gehört dazu. Und wenn ich schon dieses Geld ausgebe, dann möchte ich auch das andere Drumherum miterleben.

Sind Sie der Auffassung, dass die Leute heute weniger essen gehen?

Ja. Das hängt auch von wirtschaftlichen Faktoren ab. Klar – heute geht es Deutschland nicht schlecht, die Leute haben mehr Geld, das merkt man schon. Aber es gibt dafür viele kleine Imbissstände für Döner, Pizzas, die Nudelbox to go, Chickens und was weiß ich, was es da alles gibt. Die Leute sind mehr auf dieses schnelle Essen aus als auf das gemütliche Sitzen. Ich würde fast behaupten, früher sind die Leute öfter essen gegangen und es gibt heute nicht mehr ganz so viele Gäste. Aber wenn ich als Gastwirt ein gewisses Klientel anspreche, dann bekomme ich die Leute auch her.

Haben Sie den Schritt in die Selbstständigkeit schon einmal bereut?

Ganz ehrlich: Es war eine Bauchentscheidung, dass ich es gemacht habe. Es kam die Anfrage: „Willst du es machen?“ Ich habe eine Nacht drüber geschlafen und gesagt: „Ja, ich mach’s.“ Und ich habe noch keine Sekunde bereut, noch keine Sekunde.

Wo sehen Sie sich in zehn Jahren?

Mein großes Ziel ist es, noch eine zweite oder dritte Gaststätte im Raum Ludwigsburg, Heilbronn oder Esslingen zu eröffnen. Da ist die Pacht noch nicht so hoch wie in Stuttgart. Zwei, drei in diesem Stil, das wäre mein Ziel. Aber zuerst muss ich mal die Krone hier so richtig zum Laufen bringen.

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Erstellt:
16. Juni 2018, 06:00 Uhr

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