Er will alles in die Waagschale werfen

Bürgermeisterwahl Weissach im Tal Daniel Bogner ist einer von drei Kandidaten, die um das Bürgermeisteramt in der Tälesgemeinde konkurrieren. Beim Wochenmarkt in Unterweissach präsentiert er seine Ideen im Falle eines Wahlsiegs.

Viele Einkäufer bleiben bei Daniel Bogner stehen, um sich ein Bild von dem Bürgermeisterkandidaten zu verschaffen. Foto: J. Fiedler

© Jörg Fiedler

Viele Einkäufer bleiben bei Daniel Bogner stehen, um sich ein Bild von dem Bürgermeisterkandidaten zu verschaffen. Foto: J. Fiedler

Von Melanie Maier

Weissach im Tal. Bereits zum dritten Mal steht Daniel Bogner gestern Vormittag auf dem Wochenmarkt in Unterweissach für Gespräche mit Bürgerinnen und Bürgern bereit. „Heute ist es kühler als die letzten beiden Male, dafür sonniger“, so der Leiter der Stadtkämmerei Lorch, der sich um die Nachfolge von Bürgermeister Ian Schölzel bewirbt. Schon um 7.30 Uhr hat der 28-Jährige seinen Mini-Infostand auf dem ehemaligen HL-Parkplatz, gegenüber den Ständen mit Obst und Gemüse, Wurst und Käse, aufgebaut. Auf seinem Metalltisch steht ein Thermosbecher mit schwarzem Kaffee, daneben lehnt ein Wahlplakat, auf dem er zu sehen ist. Ein paar Meter entfernt unterhält sich Konkurrentin Lena Weller mit Passanten. Daniel Gutmann, der dritte Kandidat, hat seinen Stand schon wieder abgebaut.

Lange ist Bogner nicht für sich. Immer wieder fangen Einkäufer ein Gespräch an, lassen sich einen Flyer mitgeben. Manche haben schon einen von Weller im Einkaufskorb. Das nimmt Bogner aber niemandem krumm. Als Sportler durch und durch – seit der Jugend spielt er Fußball – habe für ihn ein fairer Wettbewerb oberste Priorität, sagt er. Im Alltag schaut er, dass er jeden Tag wenigstens ein bisschen Sport macht. Sei es Fußballtraining, Joggen oder Fitnessstudio. Doch jetzt, im Wahlkampf, klappt das nicht immer. Seine Tage sind eng getaktet, denn seinen Vollzeitjob als Kämmerer übt Bogner weiter aus. „Ich versuche gerade, die Arbeit von fünf Tagen an vier zu erledigen“, sagt er. „Es ist eine sehr, sehr intensive Zeit.“

Häufig fängt sein Arbeitstag schon um 6.30 Uhr an, damit er sich nach 17 Uhr noch bei Vereinen und Gewerbevertretern vorstellen oder eigene Veranstaltungen anbieten kann. In der ersten Wahlkampfwoche sei das am anstrengendsten gewesen, berichtet Bogner, mittlerweile habe er sich ein Stück weit daran gewöhnt, nach Feierabend unterwegs zu sein. Oder E-Mails zu beantworten, sich auf Gespräche vorzubereiten, seine Social-Media-Accounts zu pflegen.

Ein Ehepaar bleibt neben Bogner stehen. Er ergreift die Initiative, stellt sich vor, gibt seinen Lebenslauf und Karrierestationen wieder – erzählt, dass er in Sulzbach an der Murr aufgewachsen ist, an der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen in Ludwigsburg studiert hat, vier Jahre lang die Kämmerei der Gemeinde Simmersfeld im Landkreis Calw geleitet hat und jetzt der Stadtkämmerer von Lorch im Ostalbkreis ist. „Das heißt, ich bin dort für die Finanzen zuständig“, fügt er erklärend hinzu. Und die haben in der 11000-Einwohner-Stadt Lorch keinen ganz kleinen Umfang, 40 Millionen Euro umfasst der Haushaltsplan. Ein Masterstudium (Business Development mit Schwerpunkt Public Management) hat er zudem berufsbegleitend absolviert.

Zusammen mit seiner Partnerin habe er entschieden, dass sie gerne in seine Heimat, in den Rems-Murr-Kreis, ziehen würden. Larissa Schacherl arbeitet als Hauptamtsleiterin im Landkreis Ludwigsburg. Für beide wäre es „die faire Mitte“, sagt Bogner. „Jeder müsste nur eine halbe Stunde zur Arbeit fahren.“ Langfristig könnte er es sich aber auch gut vorstellen, nach Weissach im Tal zu ziehen, antwortet er auf die Frage eines 84-jährigen Mannes aus Oberweissach, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. „Derzeit wohnen wir in einer Mietwohnung in Sulzbach. Wir würden gerne ein Häusle bauen, das ist für ein Pärchen Ende 20 ja nichts Ungewöhnliches.“

Warum er sich gerade in Weissach im Tal bewerbe, lautet die nächste Frage. „Warum nicht in Sulzbach, wo in zwei Jahren vermutlich auch gewählt wird?“, stellt Bogner eine zweite Frage gleich selbst mit. Er wolle nicht zurück in seine Heimatgemeinde, wo ihn viele kennen, sondern lieber neutral, von außen, in eine neue Gemeinde gehen. Weissach im Tal habe er als sehr attraktiven Ort wahrgenommen.

Dann geht es ans Eingemachte. „Was würden Sie denn anders machen als Herr Schölzel? Wir sind mit unserem jetzigen Bürgermeister eigentlich sehr zufrieden“, möchte ein Wochenmarktbesucher wissen. Bogner muss nicht lang überlegen. Schölzel habe eine „sehr, sehr gute Leistungsbilanz“ – aber nach 14, 15 Jahren sei es „vielleicht gar nicht schlecht, wenn wieder jemand von außen kommt“. Er selbst würde gerne ein großes, städteplanerisches Gesamtkonzept für Weissach im Tal erarbeiten, in dem neue Bauvorhaben berücksichtigt werden, aber auch der Verkehr, „damit am Ende alles schlüssig zusammenpasst“, führt der Wahlkämpfer aus. Die Bürgerinnen und Bürger sollen daran natürlich beteiligt werden.

Auch eine Innerortsförderung könnte Bogner sich sehr gut für die Ortskerne der Tälesgemeinde vorstellen. „Es ist landauf, landab ein Problem, dass die Innenstädte ausbluten“, sagt er. Helfen könne man den Händlern, indem man sie zum Beispiel dabei unterstütze, EC-Karten-Zahlung anzubieten, online sichtbarer zu werden oder mehr Flanierplätze innerorts zu schaffen, sodass sich dort mehr Leute aufhalten. „Ich bin ja auch Wirtschaftsförderer der Stadt Lorch“, sagt Bogner. „Das würde ich mitnehmen – das wäre dann Chefsache.“

Er trete für keine Partei an, „im Prinzip geht’s um reine kommunale Sachthemen“, sagt er zu einem weiteren Fragesteller. Die Frage ist berechtigt: Seit 2020 ist Bogner Basismitglied in der FDP, ohne Funktion und Amt. Den Wahlkampf – von Flyern über Getränke bei Eigenveranstaltungen bis hin zum neuen Anzug, wie er lachend hinzufügt – finanziere er aus eigener Tasche. „Das läppert sich. Mit ein bis zwei Euro pro Einwohner muss man rechnen. Man muss sich überlegen: Welche Aktien verkaufe ich, damit ich mir das leisten kann?“, sagt er und zwinkert. „Aber ich sehe das als eine Investition in mich selbst – auch wenn es nicht klappen sollte.“

Ein paar Minuten später kommt die Frau seines Vaters vorbei, überreicht ihm eine Tüte Brezeln – eine kleine Stärkung, bevor es um 11 Uhr weitergeht zu Terminen mit der Energiegenossenschaft und mit Gewerbetreibenden. „Ich habe schon so viel Hilfe von Freunden und der Familie bekommen“, sagt Bogner. „Am Ende muss ich mich mit einem großen Abendessen revanchieren – egal, wie’s ausgeht.“ Seine Chefin, Lorchs Bürgermeisterin Marita Funk, halte ihm ebenfalls den Rücken frei. In der Kämmerei müsse es natürlich trotzdem funktionieren, räumt er ein. Auch seine Partnerin habe ihn zu der Bewerbung ermutigt. „Sie kennt die fachliche und zeitliche Belastung, sie weiß, auf was sie sich einlässt“, sagt Bogner.

Bürgermeister sei sein Traumberuf, sagt der 28-Jährige. „Das ist genau das, was ich machen möchte.“ Was seine Chancen auf einen Wahlerfolg angeht, so möchte er sich nicht festlegen. „Aber als passionierter Sportler möchte ich auf jeden Fall Vollgas geben. Ich werde alles in die Waagschale werfen, damit ich, wenn ich mit 80 Jahren im Schaukelstuhl sitze, weiß, dass ich alles gegeben habe.“ Als sein „großes Plus“ sieht Bogner seinen Beruf. „Ich bin vom Fach“, betont er. „Ich bin schon Amtsleiter. Ich kenne die Prozesse und die Möglichkeiten einer Gemeinde und bin im Moment federführend für die Zuschüsse und Förderungen – von denen ja auch in Weissach so gut wie alle großen Projekte abhängen.“ Nachhaltig wirtschaften, das lasse einen nie mehr los, wenn man einmal Kämmerer gewesen sei.

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Erstellt:
5. März 2022, 10:30 Uhr

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