Erste Jugendkonferenz in Backnang

Schülerinnen und Schüler der Helmut-Rau-Realschule in Mainhardt diskutieren gemeinsam mit ihren Backnangern Mitschülern der Max-Eyth-Realschule ihre Anliegen an die Politik. Die Jugendlichen wünschen sich vor allem, mehr Alltagskompetenzen vermittelt zu bekommen.

Der Musiksaal der Backnanger Max-Eyth-Realschule verwandelt sich bei der Konferenz am Dienstag in ein „World Café“. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Der Musiksaal der Backnanger Max-Eyth-Realschule verwandelt sich bei der Konferenz am Dienstag in ein „World Café“. Foto: Alexander Becher

Von Christoph Zender

Backnang. „Das wird bestimmt cool. So können wir mal erleben, wie Demokratie funktioniert.“ Mit diesen Worten umschreibt Noah Lüngen von der Max-Eyth-Realschule seine Erwartungen an die erste Jugendkonferenz in Backnang, die unter dem Titel „Was dich bewegt“ steht. Dieses recht neue Format – 2023 fand die erste Veranstaltungsreihe im Land statt – wird von der Jugendstiftung Baden-Württemberg im Auftrag des Kultusministeriums durchgeführt. Dafür können sich die Schülermitverantwortungen (SMV) der verschiedenen Schularten bewerben. „In den Jugendkonferenzen möchten wir erfahren, wie sich Schülerinnen und Schüler Teilhabe an der Schule vorstellen. Zugleich möchten wir ihren Themen, Ideen und Sorgen Gehör verschaffen“, beschreibt Wolfgang Antes, Geschäftsführer der Jugendstiftung, die Ziele der Initiative.

Am Dienstag ist es in Backnang so weit: Schulleiter Timm Ruckaberle kann nicht nur 40 Schüler an der Max-Eyth-Realschule begrüßen, sondern auch 20 Gäste von der Helmut-Rau-Realschule in Mainhardt. Beide SMVs hatten von ihren Verbindungslehrern den Impuls aufgenommen und sich darum beworben, die erste Jugendkonferenz im Raum Backnang auszurichten. Für gut zwei Stunden verwandelt sich der Musiksaal in ein „World Café“ (siehe Infotext).

Die Schüler formulieren konkrete Ideen

Dafür haben die Moderatorinnen der Veranstaltung, Stella Loock und Lisa Stricker von der Jugendstiftung, eine Liste mit Themen aus dem Lebensumfeld Jugendlicher mitgebracht. Die Bandbreite reicht von eher abstrakten Aspekten wie „Wohlbefinden“, „Meine größten Sorgen“ oder „Meine Zukunft“ bis hin zu greifbareren Themen wie „Jugendbeteiligung“, „Berufliche Orientierung“ oder „Künstliche Intelligenz“. Anhand von Leitfragen sollen die 14- bis 16-jährigen Schülerinnen und Schüler die Themen diskutieren und konkrete Ideen und Vorschläge formulieren.

Wo sonst Musik erklingt oder Theateraufführungen geprobt werden, herrscht an diesem Vormittag eine höchst konzentrierte Arbeitsatmosphäre. „Das kennen wir so nicht von den Gruppenarbeiten in unseren Klassen. Da geht’s oft deutlich lauter und chaotischer zu“, konstatieren übereinstimmend die anwesenden SMV-Verbindungslehrerinnen und -lehrer Morgan Rommerú und Jan Wawrzynek aus Mainhardt sowie Sabrina Stiller und Annkathrin Walser aus Backnang. Zu dem Grund hat Jan Wawrzynek eine Vermutung: „Ich spüre bei meinen Schülern durchaus eine starke Skepsis, ob sie mit ihren Themen und Angelegenheiten Gehör finden. Die Jugendkonferenz, an der sie freiwillig teilnehmen können, bietet eine tolle Gelegenheit dafür.“

Weitere Themen

Dass es sich lohnt, den Jugendlichen zuzuhören, zeigen die von den jungen Leuten präsentierten Ergebnisse aus dem „World Café“: So wünschen sie sich mit Blick auf „Meine Zukunft“ etwa, dass im Biologieunterricht mentale Gesundheit behandelt wird und Erste-Hilfe-Kurse angeboten werden.

Informationen zur Berufswahl stehen ganz oben

Überhaupt drehen sich viele der Vorschläge um Alltagskompetenzen, die in der Schule stärker vermittelt werden sollten. Ganz oben stehen auch Informationen zur Berufswahl, weshalb die Realschüler für einen berufsorientierten Unterricht von der fünften bis zur zehnten Klasse plädieren. Mit mehr Fachwissen über Versicherungen, Finanzen und Steuern möchten sich die jungen Leute besser auf ihr Leben nach der Schule vorbereiten können. Weder Rassismus noch Mobbing sollen das Miteinander an der Schule beeinträchtigen, weshalb sie mehr Aufklärung über Religionen und Rechtsradikalismus einfordern.

Wolfgang Antes von der Jugendstiftung überraschen die Ergebnisse nicht: „In vielen Jugendkonferenzen nehmen wir durchaus Zukunftssorgen bei den jungen Menschen wahr. Diese drehen sich natürlich auch um die großen Themen unserer Zeit wie den Klimawandel.“ Erfreulich ist für Antes aber insbesondere, dass die Jugendlichen ihre Alltagskompetenzen verbessern möchten.

Was mit den Vorschlägen der Backnanger und Mainhardter Schülerinnen und Schüler geschieht, wird sich im November zeigen. Dann wird eine kleine Delegation von ihnen zur Landesjugendkonferenz nach Stuttgart aufbrechen. Dort bekommen sie Gelegenheit, ihre Anliegen der Kultusministerin Theresa Schopper und ihrem Kollegen, Sozialminister Manfred Lucha, persönlich vorzutragen. So engagiert, wie die jungen Backnanger und Mainhardter ans Werk gehen, werden sie sich in der Landeshauptstadt bestimmt Gehör verschaffen.

Workshop-Format „World Café“

„World Café“ Ein spezielles Workshop-Format für Gruppen, um verschiedene Sichtweisen auf ein Thema zusammenzutragen, ist das „World Café“. Dafür wechseln die Teilnehmer in einem festgelegten Rhythmus von einem Thementisch zum anderen.

Jugendkonferenzen Mehr Informationen sind erhältlich unter www.jugendstiftung.de und www.wasunsbewegt-bw.de.

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Erstellt:
25. April 2024, 06:00 Uhr

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