Erstversorgungseinheit leistet in Winnenden Soforthilfe für Babys
Wenn sich eine Risikogeburt ankündigt, macht das Perinatalzentrum im Rems-Murr-Klinikum binnen fünf Minuten die Concord startklar

© Michael Fuchs Fotografie
Janaina Rauch demonstriert die Erstversorgungseinheit „Concord neonatal“ vor Chefarzt Ralf Rauch, Stiftungsvorstand Robert Mayr, Landrat Richard Sigel, Chefarzt Hans-Joachim Strittmatter und Geschäftsführer André Mertel. Bild: RMK, Fuchs
Winnenden. „Concord Neonatal“ ist der Name der innovativen Erstversorgungseinheit für Früh- und Neugeborene, welche das Winnender Rems-Murr-Klinikum nun präsentiert hat. Er erinnert an Überschallflugzeuge, doch dahinter steckt eine Erfindung für die Kindergesundheit. Es ist ein Wortspiel mit dem englischen Begriff „cord“ (Nabelschnur) und genutzt wird dabei eine alte Erkenntnis: „Bereits 1801 wusste der Arzt und Naturforscher Erasmus Darwin, dass es aus vielerlei Gründen schädlich für Babys ist, wenn sie zu früh abgenabelt werden“, sagt Klinik-Oberärztin Janaina Rauch. Sie dankt bei der Einweihung der Concord im Namen ihrer neugeborenen Schützlinge den Menschen, die diese Investition unterstützen: Landrat Richard Sigel, Aufsichtsratsvorsitzender der Rems-Murr-Kliniken, Klinik-Geschäftsführer André Mertel sowie Robert Mayr und Michael von Winning, den Vorständen der Waiblinger Eva Mayr-Stihl Stiftung und Förderern der Erstversorgungseinheit.
„Als eine von nur zwei Kliniken in der Region können wir Neugeborene jetzt bereits an der Nabelschnur medizinisch versorgen“, sagt Rauch und nennt die wichtigsten Vorteile dieser Methode: „Atmung, Blutdruck, Sauerstoffsättigung im Blut und Herzfrequenz verbessern sich, das Baby bekommt einen optimalen Eisenspeicher für die ersten Lebensmonate. Sogar mittel- und langfristig entwickeln sich Gesundheit und Gehirnleistung positiv. So konnte man bei Vierjährigen noch nachweisen, dass sie neurologisch gesünder sind, wenn sie nach der Geburt später abgenabelt wurden.“ Später heißt: Die Nabelschnur wird im Zeitraum von mindestens drei Minuten bis bestenfalls sechs bis acht Minuten nach der Geburt durchtrennt. „So lange dauert es, bis die volle Blutmenge inklusive Inhaltsstoffen von der Mutter auf das Baby übergegangen ist. In dieser Zeit bleibt das Kind nah bei der Mutter, was psychologisch wichtig ist und die Beziehung stärkt. “
Ein Meilenstein in der Versorgung der Kleinsten
Für Landrat Sigel ist diese Methode ein weiterer Meilenstein in der Versorgung der Kleinsten, für die er sich im Rems-Murr-Kreis persönlich stark macht – zuletzt mit einem Appell der baden-württembergischen Landräte, die sich für den Erhalt der Perinatalzentren im Land einsetzen. „Unser Winnender Perinatalzentrum Level 1, in dem die Geburtshilfe und die Kinderklinik wirklich Tür an Tür auf höchstem Niveau zusammenarbeiten, ist seit 2014 eine unverzichtbare Einrichtung für die Familien im Kreis. Umso wichtiger ist es, dass wir zusätzlich zum hohen Aufwand, den Ärztinnen, Ärzte, Hebammen und Pflegekräfte hier im Klinikum tagtäglich und individuell für jedes Kind leisten, auch immer wieder neue Zeichen setzen. Denn mit solchen sinnvollen und zukunftsweisenden Methoden unterstreichen wir die regionale Bedeutung unseres Perinatalzentrums ganz klar.“
Auch André Mertel ist stolz auf das motivierte Team im Perinatalzentrum, das Projekte wie die Erstversorgungseinheit mit Engagement angeht. „Mit Auswahl, Anschaffung und Installation eines Gerätes ist es ja noch lange nicht getan. Es geht vor allem auch darum, die entsprechenden Abläufe zu etablieren und das Team fachlich zu schulen.“
Bei Früh- und Kaiserschnittgeburten können die Vorteile der Erstversorgungseinheit sogar überlebenswichtig sein. Sobald sich ein solches Risikobaby ankündigt, macht das Team im Perinatalzentrum deshalb binnen fünf Minuten die Concord startklar. Sie sieht aus wie ein großer, technisch ausgefeilter mobiler Wickeltisch, beinhaltet unter anderem ein Beatmungsgerät, eine Absauganlage, einen Wärmestrahler gegen Unterkühlung sowie Überwachungsmonitore.
Die Erstversorgungseinheit wurde mit 48000 Euro aus Mitteln der Eva Mayr-Stihl Stiftung angeschafft, die regelmäßig Projekte in der Kindermedizin des Rems-Murr-Klinikums fördert.“pm