Urlaubsplanung: „Es gibt dieses Jahr kein Lastminute“
Nach monatelangen Einschränkungen für Urlauber aufgrund der Pandemie boomt die Reisebranche enorm. Die Reisebüros in Backnang und Murrhardt freuen sich über zahlreiche Aufträge und warnen zugleich: Wer zu spät bucht riskiert, ohne Flugticket dazustehen.

© Alexander Becher
Karin Klenhart vom Reisecenter Backnang war vergangene Woche selbst auf einer Kreuzfahrt in Spanien und Portugal. Foto: Alexander Becher
Von Anja La Roche
Backnang/Murrhardt. Die Urlaubsgebiete sind voll. Populäre Ziele in Südeuropa berichten, dass die Buchungen schon jetzt fast an das Rekordjahr 2019 heranreichen. Und das trotz gestiegener Preise und Personalmangels in der Tourismusbranche.
Auch die Backnanger und Murrhardter hat die Reiselust gepackt. Nach über zwei Jahren Pandemie freuen sich viele über ihre zurückgewonnene Freiheit. Endlich wieder an den Strand, endlich wieder ohne Sorgen – und ohne Maske – cocktailschlürfend am Pool liegen. Mitarbeiter von Reisebüros in der Umgebung erzählen, was die aktuellen Trends sind und worauf man dieses Jahr achten sollte.
Was sind beliebte Destinationen?
Fernreisen sind derzeit noch nicht so im Trend, berichtet Karin Klenhart, Büroleiterin im Reisecenter Backnang. Besonders Strände in Südeuropa seien beliebte Ziele, vor allem in Griechenland, in der Türkei und in Spanien. Ganz vorne dabei ist Mallorca, das derzeit „aus allen Nähten platzt“, so Klenhart. Dieser Klassiker unter den deutschen Urlaubszielen lockt mit billigen und kurzen Flügen. Wer überlaufene Orte vermeiden möchte sollte allerdings derzeit lieber ein anderes Ziel aussuchen.
Auch bei Klara Noller sind Fernreisen derzeit nicht so beliebt wie vor Beginn der Pandemie. Sie betreibt nebenberuflich das Reisebüro „Klaras Reisen“ in Murrhardt. Die Preise seien zu hoch und die große Entfernung ist vielen zu unsicher in Zeiten von Krieg und Pandemie. Das Credo, so Noller, lautet: lieber näher dran, als weiter weg. Beliebt seien Italien, Spanien, die Türkei und die Dominikanische Republik, zählt Noller auf. Am beliebtesten sei allerdings Ägypten. „Vielleicht auch, weil ich selbst dort war“, vermutet Klara Noller.
Aaron Ulitzka, Assistent der Geschäftsführung vom Reisebüro Sommertours, bestätigt die gesunkene Nachfrage bei Fernreisen. Er geht allerdings davon aus, dass diese im Herbst wieder beliebter werden. Gerade wenn es in Europa kalt wird, möchten viele Menschen in wärmeren Breitengraden ihre freie Zeit genießen, zum Beispiel in Amerika oder auf den Kanarischen Inseln. Die jüngere Kundschaft würde sich oft für Social-Media-Trends entscheiden, so Aaron Ulitzka. Viele Influencer würden dort schon seit Jahren besonders Mexiko, die indonesische Insel Bali und die Stadt Dubai in den Arabischen Emiraten bewerben.
„Letztendlich wollen die Leute einfach nur weg“, sagt Klara Noller. Wohin genau, sei dabei eher zweitrangig. Aaron Ulitzka bestätigt: „Die meisten wollen einfach nur an den Strand und in die Sonne.“ Und das selbstverständlich „am liebsten kostenfrei“, das hänge nicht mit den derzeitigen Teuerungen zusammen, sondern sei eben schon immer so gewesen. Auch Kreuzfahrten würden wieder stärker nachgefragt.
Was ist den Reisenden wichtig?
Den meisten Menschen ist es seit dem Coronaausbruch wichtiger geworden, auch kurzfristig stornieren zu können. Die Sorge, den Urlaub aufgrund einer Coronainfektion nicht antreten zu können, sei groß, das berichten alle drei befragten Reiseexperten. Hinzu komme, dass noch niemand weiß, welche Reisebedingungen im Herbst bestehen. Fast alle Kunden würden daher sogenannte Flex-Pakete, eine Rücktrittsversicherung oder einen Coronaschutz dazubuchen, erklärt Karin Klenhart. Klara Noller aus Murrhardt findet das nur richtig. Sie habe schon vor Corona allen Kunden empfohlen, eine solche Versicherung abzuschließen. „Man spart ja etwas für die Reise“, sagt sie. „Dann will man ja nicht, dass das Geld einfach so verpufft, wenn man doch mal krank wird.“
Worauf die Urlauber hingegen weniger achten würden seit der Pandemie ist der Umweltschutz. Dieser Aspekt würde bei so gut wie keinem Kunden ein Rolle spielen, berichtet der Reiseberater Aaron Ulitzka.

Ein Pool mit Meerblick auf der thailändischen Insel Phuket: Aaron Ulitzka vom Reisebüro Sommertours bereist selbst gerne die Welt. Foto: privat
Worauf sollten Reiselustige achten?
Man solle so früh wie möglich buchen, so lautet die Empfehlung aller drei Reiseprofis. „Es gibt dieses Jahr kein Lastminute“, sagt Karin Klenhart. Sie vermutet, dass alle Flüge im Herbst ausgebucht sein werden. Sparangebote gebe es dabei vor allem bei Pauschalreisen. Klara Noller kann das bestätigen Für sie sei es derzeit schwierig, ein geeignetes Angebot für kurzentschlossene Kunden zu finden.
Aaron Ulitzka von Sommertours betont einen weiteren Aspekt, den man als Urlaubsbucher beachten sollte: Wenn man ein Mietauto wünscht, sollte man es so früh wie möglich reservieren. Denn die Verleihfirmen haben zurzeit große Schwierigkeiten, die hohe Nachfrage zu stillen. „In der Pandemie haben die Unternehmen ihre Flotten verkleinert“, erklärt Ulitzka. Diese wieder aufzustocken, funktioniere allerdings nicht schnell genug. Das liege an den globalen Lieferschwierigkeiten und Materialengpässen. Mit sehr teuren Preisen müsse man bei einem Mietauto allerdings auch bei rechtzeitigem Vertragsabschluss rechnen.
Wie geht es den Reisebüros?
„Gerade ist ein absoluter Reiseboom“, so Karin Klenhart. Die meisten Kunden waren seit Corona nicht mehr weg und wollen es jetzt umso mehr. Für die Reisebüros ist der Boom ein ersehnter Regen nach langer Dürrezeit. Auch Klara Noller hat derzeit so viele Aufträge wie noch nie.
Bei der Filiale des Büros Sommertours ist die Nachfrage zwar unmittelbar nach Ausbruch des Ukrainekrieges eingebrochen. Das habe sich allerdings nach etwa drei Wochen wieder gelegt, so Aaron Ulitzka. Einen Großteil mache dabei die Stammkundschaft aus, berichtet er. Zu den Stammkunden würden entgegen der Klischees auch viele junge Leute gehören, die mit Onlinebuchungen schlechte Erfahrungen gemacht haben und nun die Beratung vor Ort schätzen. Ganz auf dem Umsatzniveau von 2019 ist das Reisebüro allerdings noch nicht, sondern nur bei etwa 65 Prozent. In der Pandemie waren es zeitweise nur etwa 20 Prozent, berichtet Aaron Ulitzka.